I .Ehrenamt und Bürgerengagement im Mittelpunkt
II. Sport: Gemeinsam, fit und gesund
III. Feuerwehren, Hilfsorganisationen und Katastrophenschutz unterstützen
IV. Heimatvertriebene und Spätaussiedler: Arbeit anerkennen
Das bürgerschaftliche Engagement und die Stärkung der Zivilgesellschaft sind eine gesellschaftliche Notwendigkeit zum Erhalt und zur Weiterentwicklung unseres demokratischen Gemeinwesens sowie zur Stärkung des Verantwortungsgefühls, das jeder Einzelne für seine Mitmenschen und die Zukunft unserer Gesellschaft hat.
Das „klassische“ Ehrenamt hat sich in den vergangenen Jahren zu einem umfassenden bürgerschaftlichen Engagement weiterentwickelt: Menschen bringen sich nicht mehr nur in einem Verein unentgeltlich und uneigennützig ein, sondern entwickeln zunehmend auch Initiativen zur Gestaltung ihres unmittelbaren Lebensumfeldes. Neben der Vielzahl von Vereinen in Hessen sind es beispielsweise Bürgerstiftungen, Genossenschaften oder private Initiativen, in denen sich Menschen für einen kurzen oder auch längeren Zeitraum einbringen. Dabei fällt der Trend auf, dass Menschen immer stärker auch dort anpacken, wo es um die Zukunftsfähigkeit ihres Stadtteils, ihrer Ortschaft oder ihres Dorfes geht. Dies ist wichtig, weil aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen wie der demografische Wandel und die Integration von Migranten nur und vor allem mit Hilfe des Engagements der Menschen in Hessen bewältigt werden können.
Dieses bürgerschaftliche Engagement in all seinen Facetten braucht und verdient unsere Unterstützung und Anerkennung. Deshalb wollen wir durch eine Anerkennungskultur das Engagement in der gesellschaftlichen Bedeutung unterstreichen und mehr Menschen, insbesondere auch Jugendliche, für das Ehrenamt begeistern.
Im Zuge der geplanten Verfassungsänderung werden wir die Aufnahme des Staatsziels „Förderung des Ehrenamtes“ der Bevölkerung zur Abstimmung vorlegen.
Wir werden die Landeskampagne „Gemeinsam Aktiv“ zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements fortsetzen, und als zentrales Instrument der Anerkennungskultur in Hessen fortführen. Dazu gehören Qualifizierung und Weiterbildung, professionelle Begleitung und unterstützende Strukturen, wie die Freiwilligenagenturen, oder die Landesehrenamtsagentur.
In der Weiterentwicklung dieser Qualifizierungsmaßnahmen wollen wir ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit auf die sich ständig verändernden Anforderungen und Entwicklungen hin schulen. Das gilt beispielsweise für den Umgang mit Gewalt, neuen sozialen Medien (Cyber-Mobbing) oder kulturelle Konflikte.
Erfolgreiche Instrumente zur Förderung der Anerkennungskultur wie Landesehrenbrief, die zahlreichen „Auszeichnungen des Monats“, den Versicherungsschutz für Ehrenamtliche, die Ehrenamts-Suchmaschine, das Zeugnisbeiblatt oder die Ehrenamtscard werden wir weiterentwickeln. Darüber hinaus wollen wir die Anerkennungskultur durch neue Ansätze weiter stärken; deshalb werden wir z.B. prüfen, ob ehrenamtliches Engagement ein Einstellungsbonus im öffentlichen Dienst sein kann, um Vorbild zu sein.
Wir wollen prüfen, wo bürokratische Hürden, die die Arbeit von ehrenamtlich arbeitenden Vereinen und Bürgerinnen und Bürger erschweren, weiter abgebaut werden können.
Wir unterstützen weiterhin die Landesstiftung „Miteinander in Hessen“, um die Anzahl von Bürgerstiftungen zu erhöhen, das Genossenschaftswesen zu fördern und privaten Initiativen Hilfe zukommen zu lassen.
Wir streben die Entwicklung einer Ehrenamts-Börse an, bei der sich ehrenamtlich Engagierte generationenübergreifend registrieren können, um für ihre Arbeit im Sinne der Gemeinschaft
„Guthaben“ zu erwerben, die später eingelöst werden können, um selbst Unterstützung oder Hilfen zu
erhalten.
Da in einigen Stadtteilen, in Ballungsgebieten oder Wohngebieten mit wenig Familien und Kindern ein großer Bedarf an Hilfestellungen für in erster Linie ältere Menschen im Alltag besteht, wollen wir mit Experten, Vereinen und Initiativen neuartige Konzepte zur Förderung der Nachbarschaftshilfe aufbauen.
Mit einer Bürgerkampagne „respekt“ wollen wir das Miteinander der Generationen im Alltag durch freiwillige Übereinkünfte von Bürgern, Vereinen, Institutionen, Verbänden, Stiftungen und der Wirtschaft verbessern.
Sport verbindet und ist in Hessen ein elementarer Bestandteil der aktiven Bürgergesellschaft. Rund vier Millionen Menschen – und damit zwei Drittel der Bevölkerung – betreiben Sport in Vereinen, Verbänden und in ihrer Freizeit. Kaum eine andere Form von Begegnung schafft so viel Miteinander wie sportliche Aktivität. Das gilt für den Breitensport und für den Spitzensport gleichermaßen; deshalb richten wir den Blick auch auf beide Teile des Sports. Wir wollen den Spitzensport, der durch seine Vorbildfunktion viele Menschen erst zum Sport ermuntert, fördern, ebenso wie den Breitensport für alle Menschen in Hessen.
Damit wird ein unverzichtbarer Beitrag für die Entwicklung der Gesellschaft, für das Miteinander der Generationen und den Zusammenhalt geleistet. Rücksichtnahme, Teamgeist und Gemeinschaft – gerade auch bei Kindern und Jugendlichen – sind im Sport erlebbar und erfahrbar wie nirgendwo sonst. Auch für die Integration von Migrantinnen und Migranten leistet der Sport einen bedeutsamen Beitrag. Er bietet vielfältige Möglichkeiten, sich in die Gesellschaft einzubringen und im Team partnerschaftlich aufgenommen zu werden. Der Sport kann damit die Rolle einnehmen, Brücken zu bauen, menschliche Verbindungen über Generationen hinweg zu schaffen und Menschen zusammenzuführen, die den Weg zueinander in vielen Fällen sonst niemals finden würden. Das hier geleistete ehrenamtliche Engagement verdient unseren Respekt und unsere Anerkennung.
In Zeiten des demografischen Wandels kommt dem Sport darüber hinaus eine ständig steigende Bedeutung für die Förderung der Gesundheit zu. Die Vielfalt sportlicher Aktivitäten – in welcher Form auch immer – nimmt immer stärker zu und sorgt für ein wachsendes Bewusstsein im Hinblick auf Gesundheit, Vorsorge und Prävention.
Wir werden der Sportförderung deshalb auch in der Zukunft einen hohen Stellenwert beimessen. Die Förderung des Breiten- ebenso wie des Leistungssports wollen wir auf Höhe des bisherigen Niveaus beibehalten und wollen auch in der Zukunft wie bisher umfassend in die Sportinfrastruktur in Hessen investieren.
Wir streben – unter Beachtung der Autonomie der Hochschulen – eine Profilquote an Hochschulen an, um besonders begabten Sportlern den Zugang zur Hochschule zu erleichtern. Wir wollen die „duale Karriere“ für Sportlerinnen und Sportler mit und ohne Behinderung in der Polizei und im Verwaltungsdienst weiterhin ermöglichen, damit ihre Ausbildung bzw. ihr Dienst mit der Ausübung ihres Spitzensports verbunden werden kann.
Wir werden gesellschaftliche Projekte zur Integrität des Sportes, insbesondere beim Kampf gegen Doping, mit Nachdruck unterstützen. In diesem Zusammenhang setzen wir uns auch für eine anteilige Finanzierung der „Nationalen Anti-Dopingagentur“ (NADA) im Verbund von Ländern, Bund, Sportverbänden und der Wirtschaft ein.
Wir werden Fanprojekte im Fußball ausbauen, die Projekte mit dem Hessischen Fußballverband zur Förderung eines gewaltfreien und interkulturellen Fußballs in Hessen fortführen. Außerdem wollen wir die diskriminierungsfreie Fankultur stärken; die sexuelle Orientierung darf genauso wenig wie Hautfarbe oder Religion ein Vorwand für Ausgrenzung und Ablehnung sein
Der Landessportbund als Dachverband der hessischen Sportvereine steht für die Weiterentwicklung und Attraktivität des Sports in allen Regionen unseres Landes. Wir werden ihn deshalb auf dem erreichten Niveau weiter fördern. Gleiches gilt für die Förderung der Sportjugend.
Im Behindertensport sehen wir einen wichtigen Beitrag für die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Wir wollen mit einem eigenen Behindertensportreferat im zuständigen Ministerium dieses wichtige gesellschaftliche Anliegen auch weiter forcieren und ihm ein sichtbares Zeichen geben.
Hessen verfügt über einige herausragende Sportanlagen, die wir in einem stetigen Prozess auf dem Stand der Zeit halten müssen. Deshalb werden wir in Fortsetzung des laufenden Programms die Modernisierung und Sanierung bestehender Großanlagen von Rang weiterführen.
Zehntausende ehrenamtliche und hauptamtliche Kräfte im Brand- und Katastrophenschutz sorgen mit vorbildlichem Einsatz und großem Engagement für die Sicherheit der Menschen in Hessen. Landesweit stehen sie für schnelle und kompetente Hilfe in Notfällen. Feuerwehr und Rettungsdienste leisten einen unverzichtbaren Beitrag für die Sicherheit unseres Landes. Hierzu gehört besonders auch die Anerkennung und Wertschätzung der Frauen, Männer, Jugendlichen und Kinder, die sich in der freiwilligen Feuerwehr und den Hilfsorganisationen und Rettungsdiensten ehrenamtlich engagieren. Daher wird auch in Zukunft die Unterstützung dieses Engagements nicht nur in Worten der Anerkennung, sondern in optimalen Rahmenbedingungen und konkreten Unterstützungsleistungen für die Arbeit von Feuerwehr und Rettungsdiensten zum Ausdruck kommen.
Der Brandschutz, als wesentlicher Baustein der Daseinsvorsorge in allen Teilen Hessens, basiert ganz wesentlich auf der Arbeit von über 80.000 ehrenamtlichen Kräften. Was diese für das Gemeinwohl leisten, wäre durch staatliche Strukturen nicht zu finanzieren. Wir werden deshalb alles daran setzen, den vornehmlich ehrenamtlichen Brandschutz flächendeckend zu erhalten, weiterzuentwickeln und zukunftssicher zu machen.
Um die Feuerwehrangehörigen für ihre wertvolle Arbeit zu würdigen, werden wir die im Jahr 2011 eingeführte Anerkennungsprämie fortführen.
Zur Sicherstellung der Finanzierung von Brand- und Katastrophenschutz halten wir auch zukünftig an der „30-Millionen-Euro-Garantie“ aus der Feuerschutzsteuer fest. Wir werden zudem prüfen, inwieweit die Erhebungsgrundlage verbreitert werden kann.
Wir werden die Investitionen für Feuerwehren, Rettungswesen und Katastrophenschutz fortführen. Dazu zählen vor allem die Weiterführung des Landesbeschaffungsprogramms (z.B. für Feuerwehrfahrzeuge) sowie die Fortsetzung der Ausstattungsoffensive im Katastrophenschutz.
Wie auch in anderen Bereichen des Landes streben wir bei den Feuerwehren eine verstärkte interkulturelle Öffnung an und wollen Migrantinnen und Migranten für die unverzichtbare ehrenamtliche Arbeit gewinnen. Für den zukünftigen Erhalt der ehrenamtlichen Strukturen im Feuerwehrwesen ist die Nachwuchsgewinnung von ganz besonderer Bedeutung. Wir werden daher die Nachwuchswerbung verstärken. Überdies wollen wir die in Hessen beispielhaft aufgebauten Strukturen zur Nachwuchsförderung für Kinder (so genannte „Löschzwerge“) ausbauen und unterstützen. Um außerdem die Qualität der Ausbildung noch weiter zu steigern, werden wir im mittelhessischen Raum ein Jugendfeuerwehrausbildungszentrum neu errichten. Die Finanzierung erfolgt aus dem Aufkommen der Feuerschutzsteuer.
Ähnlich wie bei der Polizei sind auch im Bereich des Brand- oder Katastrophenschutzes sowie des Rettungswesens zunehmend Tendenzen der Gewalt gegenüber den dort tätigen Personen festzustellen. Für uns ist der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie der ehrenamtlich Tätigen selbstverständliche Aufgabe des Staates. Vor diesem Hintergrund werden wir neue Initiativen in diesem Bereich vorschlagen.
Mit der Integration von vertriebenen und spät ausgesiedelten Menschen hat Hessen seit seiner Gründung zahlreiche Erfahrungen gesammelt. Fast ein Drittel aller in Hessen lebenden Menschen hat Flucht oder Vertreibung am eigenen Leib erlebt, ist durch das Schicksal der nächsten Angehörigen betroffen oder lebt als Spätaussiedler hier. Noch heute sind viele Menschen von ihren damaligen Erlebnissen nachhaltig geprägt und verspüren den Wunsch nach Erinnerung, kulturellem Austausch und nach Momenten, die Identität stiften.
Neben der Förderung der Erinnerungskultur in diesem Bereich werden aber auch heute notwendige Integrationsmaßnahmen, insbesondere für junge Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler weiter auf der Tagesordnung stehen.
Wir werden daher die Förderung der Vertriebenen, ihrer Verbände sowie deutscher Minderheiten im
Ausland zur Unterstützung und Pflege ihrer kulturellen Arbeit fortsetzen.
Wir sprechen „der Landesbeauftragten bzw. dem Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler“ sowie dem Landesbeirat für Vertriebene, Flüchtlinge und Spätaussiedler, der die Landesregierung und den Landtagsunterausschuss für Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Wiedergutmachung sachkundig berät, eine Bestandsgarantie aus.
Um literarische und kulturelle Arbeiten im Zusammenhang mit Vertreibung, Aussiedlung und Eingliederung zu honorieren, werden wir den Hessischen Preis „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ fortführen.
Wir wollen die Finanzierung von Integrationsmaßnahmen für spätausgesiedelte Deutsche, insbesondere für Jugendliche fortsetzen und verstärken.