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07.10.2006
Landesarbeitsgemeinschaften, Landesmitgliederversammlung

Zukunft Europas – nah bei den Menschen, nah bei den Kommunen

Die Zustimmung der Menschen zur Europäischen Integration schwindet zunehmend. Dabei ist die Europäische Union das historische Projekt für Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand. Zum 1. Januar 2007 übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Diese Rolle ist eine große Chance, Europa aus seiner latenten Krise zu führen und auf neue, stabile Beine zu stellen. Deutschland muss Europa einen neuen Demokratie-Impuls geben.
Dies funktioniert jedoch nur, wenn die Menschen den Sinn und die Vorteile einer weiteren europäischen Integration erkennen. Dafür ist eine Stärkung der Kommunen in der EU von zentraler Bedeutung. Die Bundesregierung kann eine Reihe von Initiativen anstoßen, die für eine erfolgreiche deutsche EU-Ratspräsidentschaft unerlässlich sind. Wir fordern von der Landesregierung, sich im Bundesrat für diese Initiativen stark zu machen.

1. Verfassung
Der im Verfassungskonvent erarbeitete Entwurf ist für uns – auch nach den Referenden in Frankreich und den Niederlanden – weiterhin ein gutes Fundament für ein demokratisches und handlungsfähiges Europa. Gerade die Kommunen würden durch das Inkrafttreten der Verfassung an Entscheidungs- und Einflussmöglichkeiten gewinnen. Die Bundesregierung hat angekündigt, Vorschläge für ein neues verfassunggebendes Verfahren machen zu wollen. Wir fordern die Bundesregierung auf, bei ihren Aktivitäten die Interessen der Kommunen nicht zu vernachlässigen.

2. Subsidiarität
Im Verfassungsentwurf ist eine regelmäßige Überprüfung der Subsidiarität festgeschrieben. So soll verhindert werden, dass die EU sich in Bereiche einmischt, die gerade lokal sehr gut geregelt werden können. Wir fordern die Bundesregierung auf, dem Grundsatz zu folgen: „So viel Europa wie nötig, so starke Kommunen wie möglich.“

3. Daseinsvorsorge
Die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung muss aufgrund der nationalen Erfahrungen in den Vordergrund gestellt werden. Dies bedeutet für uns eine praktischere, aber auch qualitätssicherndere Handhabung des Vergaberechts als in der bisherigen Empfehlung der EU, für alle Menschen frei verfügbare Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sowie ein Verbot der Privatisierung von Wasser in der EU.

4. Energie
Die Welt erlebt derzeit den Beginn einer machtpolitisch aufgeladenen Energiekrise. Die Förderung erneuerbarer Energien und die Strategie „Weg vom Öl“ sind ökologisch, ökonomisch und sicherheitspolitisch unverzichtbar. Deshalb muss die Bundesregierung die Vorreiterrolle, die sich Deutschland unter Rot-GRÜN im Bereich regenerativer Energien erarbeitet hat, ausbauen. Gerade die Unterstützung dezentraler, sparsamer, effizienter und erneuerbarer Energieträger ist EU-weit machbar und wünschenswert. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für ein europaweites 1.000.000-Dächer-Programm einzusetzen. Zur Förderung erneuerbarer, dezentraler Energieversorgung gehört aber auch die Einberufung einer Vertragsstaatenkonferenz mit dem Ziel der Beendigung von EURATOM.

5. Klimaschutz
Deutschland muss im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft neue Anstrengungen für ambitionierte langfristige europaweite CO2-Reduktionsziele unternehmen. Auch die lückenlose Umsetzung des Schutzes der Menschen vor Feinstaub muss Ziel der deutschen Ratspräsidentschaft sein.

6. Soziales
Das europäische Sozialmodell hat den Anspruch, Beschäftigungs-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in einen sinnvollen Zusammenhang zu stellen. Ziel dieser Politik „aus einer Hand“ muss es sein, Wirtschaftsdynamik und soziale Sicherheit in Einklang zu bringen. Nachdem die Bundesregierung bei der Lissabon-Strategie keinen besonderen Ehrgeiz an den Tag gelegt hat, muss sie nun das europäische Sozialmodell voranbringen.

7. Integration
Die Ausschreitungen in den Vorstädten von Bradford und Paris haben in den jeweiligen Ländern zur Entwicklung neuer, effizienterer Integrationsmaßnahmen geführt. Darüber hinaus gibt es EUStaaten, denen die Integration von MigrantInnen in den Arbeitsmarkt deutlich besser gelingt als anderen. Kernbereich jeglicher Integrationsmaßnahmen ist und bleibt die Kommune. Deshalb muss die Bundesregierung für die Schaffung von EU-Strukturen eintreten, die einen systematischen Austausch von „Best Practices“ zwischen Kommunen ermöglicht. Beispielsweise kann die Schaffung einer EU-weiten Datenbank evaluierter, konkreter Integrationsinstrumente den Austausch von guten und die Vermeidung von schlechten Projekten befördern.