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12.05.2012
Landesarbeitsgemeinschaften, Parteirat

Kein Fracking in Hessen – Moratorium für Probebohrungen jetzt

Die deutsche Tochter des international tätigen Energiekonzerns BNK Petroleum Inc. – die BNK Deutschland GmbH – möchte in Hessen mit der so genannten Fracking – Methode nach Erdgas suchen. Deshalb wurde beim zuständigen Bergamt beim Regierungspräsidium in Darmstadt ein Antrag auf Erlaubnis zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen nach §7 Bundesberggesetz gestellt.

Das betroffene Gebiet, das unter dem Namen Adler South firmiert, umfasst neben dem Landkreis Waldeck-Frankenberg auch Teile der Kreise Marburg-Biedenkopf, Schwalm-Eder, Kassel-Land, Werra-Meißner und Hersfeld-Rotenburg sowie die Stadt Kassel.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Hessen wollen, das eine unkonventionelle Erdgasförderung, die wassergefährdend, umweltschädlich und gesundheitsgefährdend ist, unterbunden wird. Stattdessen ist konsequent auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu setzen.

(1) Der Parteirat stellt fest: Fracking, auch Hydraulic Fracturing genannt, ist eine Technologie, die bei der Förderung von sogenannten unkonventionellen Erdgasvorkommen eingesetzt wird. Diese Förderung ist deutlich aufwendiger und riskanter als die Förderung von konventionellem Erdgas. Konventionelles Erdgas, das sich zum Beispiel in Porenräumen von Sandstein befindet, entweicht unter Druck, sobald dort eine Bohrung angebracht wird. Unkonventionelles Erdgas ist dahingegen im Gestein eingeschlossen oder an Kohleflöze gebunden. Um die gashaltigen Gesteinsschichten aufzusprengen und das Erdgas zu fördern, wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien wie etwa Benzol unter hohem Druck in den Untergrund gepresst. Somit werden vorsätzlich Schadstoffe in den Untergrund verbracht, mit weit reichenden negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gewässer sowie Gefahren für die menschliche Gesundheit.

(2) Bündnis 90/ Die Grünen Hessen fordern deshalb, diese Art der Erdgasförderung und seine Erprobung in Hessen nicht zu genehmigen bis Methoden eingeführt sind, bei denen unkonventionelles Erdgas nachweislich ohne Einsatz von Chemikalien und die Gefährdung der Wasserressourcen geborgen werden kann. Ein unkontrollierter Austritt der geförderten Kohlenwasserstoffe im Untergrund oder in die Atmosphäre muss nachweislich ausgeschlossen werden.

(3) Generell muss über Vorhaben dieser Art eine umfassende, frühzeitige Information unter Beteiligung sowohl der Öffentlichkeit als auch von betroffenen Kommunen, zuständigen Wasserbehörden, AnwohnerInnen und Trägern öffentlicher Belange erfolgen.

(4) Bündnis 90/Die Grünen Hessen fordern die beteiligten Industrien (Öl-, Gas-, Kohleförderung, Energieversorger) auf, ihre Investitionsplanungen konsequent auf den Ausbau erneuerbarer Energien auszurichten, anstatt Milliardenbeträge in risikobehaftete Projekte wie Fracking zu stecken.

(5) Wir unterstreichen unsere Forderungen nach
1. vollständiger Umsetzung der europäischen Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie im Bergrecht,
2. umgehender Information der Öffentlichkeit über Förderpraktiken und angewandte Stoffe schon bei der Antragstellung, sowie
3. umfassender und transparenter Bürgerbeteiligung im Genehmigungsverfahren.

(6) Wir fordern die Erarbeitung eines einheitlichen technischen Regelwerkes für die Aufsuchung und Förderung von Bodenschätzen unter Berücksichtigung aller toxikologischen und seismologischen Bedenken, das den Ausschluss von wassergefährdender oder anderweitig toxischer Stoffe bei der Aufsuchung und Förderung von Rohstoffen sicherstellt.

(7) Das Bundesberggesetz muss dringend novelliert werden. Dabei müssen mindestens
1. die überkommene Trennung von Grund- und Bergeigentum abgeschafft,
2. die generelle Beweislastumkehr im Falle von Bergschäden eingeführt,
3. eine ergebnisoffene Abwägung zwischen privaten Bergbauinteressen und entgegenstehenden gesellschaftlichen Zielen unter Berücksichtigung aller möglichen Folgeschäden geschaffen und
4. Klagemöglichkeiten verbessert werden.

(8) Auch das hessische Landesplanungsgesetz ist zu novellieren im Sinne einer dreidimensionalen Raumordnung zur Regelung von Ansprüchen an die Nutzung des Untergrundes (z.B. Trinkwassergewinnung, Gasförderung, Pipelines, Erdkabel, Abbau von Sand, Kies und Gesteinen etc.). Alle erheblichen Eingriffe in den Untergrund müssen planungsrechtlich transparenten Verfahren unterzogen werden, bei denen die Öffentlichkeit zu beteiligen und eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(9) Wir halten es für dringend geboten, die konsequente Anwendung des Wasserrechts und Umsetzung der Wasserrahmenrichtline auch bei Bergbauvorhaben vorzuschreiben. Dem Schutz der Trinkwassergewinnung und den Belangen des vorsorgenden Gewässerschutzes ist daher Vorrang vor der Erschließung unkonventioneller Erdgaslagerstätten einzuräumen.

(10) Schließlich ist die Bildung von sicheren Rücklagen für später eintretende Schäden und Ewigkeitslasten durch das Gewinnungsunternehmen vorzuschreiben.