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22.06.2020
Parteirat

Institutionellen Rassismus bekämpfen

Die gewaltsame Ermordung George Floyds durch einen Polizeibeamten in den USA hateine weltweite Protestwelle ausgelöst, die sich gegen alltäglichen und institutionellen Rassismus richtet, den BIPoCs (Black, Indigenous and People of Color) tagtäglich erfahren müssen.

Rechtsextreme Anschläge wie der rassistische Terroranschlag in Hanau, die Gewalttaten in Wächters-bach und die Mordserie des NSU sind dabei nur die Spitze des Eisberges von rassistischen und menschen-verachtenden Strukturen in der gesamten Gesellschaft. Auch Walter Lübcke, der sich für eine bunte und vielfältige Gesellschaft einsetzte, wurde mutmaßlich durch einen Rassisten umgebracht.

Alltäglicher Rassismus spiegelt sich in vorurteilhaften, oft unbewussten Verhalten bis hin zu aktiven verbalen und physischen Angriffen auf Mitmenschen wider, die jahrzehntelang als „Fremde“ oder bestenfalls „Gäste“ bezeichnet und vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt oder gar ausgeschlossen wurden. Viele Menschen unserer Gesellschaft fühlen sich unsicher, weil sie aufgrund ihres Aussehens, ihrer Hautfarbe, ihres Glaubens, ihrer Herkunft oder ihrer sexuellen Identität zur Zielscheibe von Diskrimini-erung werden.

Rassismus ist aber nicht nur individuell, sondern findet sich auch in unseren Institutionen wieder. Institutioneller Rassismus zieht sich durch alle gesellschaftlichen Strukturen, wie z.B. durch das Bildungssystem, den Arbeits- und Wohnungsmarkt, durch alle öffentlichen Behörden und Ämter, durch Polizei und Bundeswehr aber auch durch Parteistrukturen. Sowohl eine UN-Expertengruppe, die Rassismus in Deutschland untersuchte, als auch zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen, wie Amnesty International, die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) oder das Deutsche Institut für Menschenrechte, betonen: In Deutschland existiere ein „institutioneller Rassismus“, es sei falsch, hier nur von „Einzelfällen“ zu sprechen. Institutioneller Rassismus zieht sich durch alle gesellschaftlichen Ebenen und existiert nicht nur an den rechtsextremistischen Rändern.

Um institutionellen Rassismus entgegenzutreten, setzen wir uns dafür ein:

1. Das Wort „Rasse“ aus der hessischen Verfassung und in der Folge dessen aus allen anderen Gesetzen, durch Worte wie „rassistische Diskriminierung“, perspektivisch zu ersetzen.

2. Präventive antirassistische Maßnahmen im Bildungskontext, wie z.B. die Institutionalisierung von Antirassismusarbeit an allen hessischen Schulen zu verstärken und eine antirassistische deutsche Kolonialgeschichte bei der Überarbeitung der hessischen Lehrpläne stärker zu berücksichtigen sowie Antirassismus-Schulungen für bestehendes Lehrpersonal und Schulsozialarbeiter*innen an allen hessischen Schulen auszubauen.

3. Diversity-Basismodule in Lehramts- und Pädagogikstudiengänge zu integrieren und den zusätzlichen Ausbau unabhängiger Antidiskriminierungsstellen an hessischen Hochschulen und Universitäten voranbringen.

4. Diskriminierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt in die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle und des Antidiskriminierungsnetzwerks des Landes integrieren, ausbauen und fördern.

5.Den Ausbau und die Förderung von regionalen Antidiskriminierungsnetzwerken und der Anti-diskriminierungsstelle des Landes Hessen weiter voranzutreiben.

6. Die Repräsentation von BPoCs in öffentlichen Ämtern und Behörden, wie beispielsweise der Polizei aber auch in politischen und gesellschaftlichen Strukturen zu stärken.

7. Die Partizipations- und Selbstrepräsentationsmöglichkeiten von BPoCs in unserer Partei zu stärken.

8. Eine Ombudsstelle zu schaffen, die als beim hessischen Landtag angesiedelte, unabhängige Meldestelle unter anderem für Fälle von rassistische Polizeigewalt oder bei Diskriminierung auf Grund von Racial Profiling, dient. Des Weiteren bedarf es auch in Zukunft der konsequenten Aufarbeitung rassistischer Strukturen in allen staatlichen Institutionen.

9. Ein hessisches Antidiskriminierungsgesetz zu prüfen.

10. Zu prüfen, wie die breite Bevölkerung über niedrigschwellige Seminare, z.B. im Rahmen von Bildungsurlauben in Kooperation mit einem geeigneten Träger, erreicht, gegenüber (Alltags-)rassismus sensibilisiert und für Antirassismus geschult werden kann.

Um institutionelle rassistische Strukturen aufzubrechen, braucht es einen tiefgehenden Diskurs auf allen gesellschaftlichen und institutionellen Ebenen. Jede*r von uns ist angehalten, die eigene Sozialisierung kritisch zu hinterfragen und sich aktiv für eine antirassistische, vielfältige und solidarische Gesellschaft einzusetzen. Wir als Gesellschaft müssen gemeinsam Verantwortung tragen und täglich aufs Neue zeigen, dass Rassismus, Rechtsextremismus und jegliche Form von Hass und Hetze keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.