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24.02.2011

Vergaberechtsänderung voreilig - GRÜNE fordern hohe Transparenz

Als „voreilig“ wertet die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ankündigung von Ministerpräsident Bouffier (CDU), den im Zuge der Abwicklung der Konjunkturprogramme drastisch erhöhten Grenzwert von 100 000 Euro beibehalten zu wollen. Im Zuge der Konjunkturprogramme war die Grenze, bis zu der Kommunen Aufträge ohne öffentliche Ausschreibung vergeben dürfen, auf 100 000 Euro erhöht worden. In diesem Zusammenhang fordern DIE GRÜNEN die Landesregierung außerdem auf, einen Runderlass aus dem Oktober 2010 zurückzunehmen, in dem es den Kommunen, aber auch den Landesbehörden freigestellt wird, bestimmte Transparenzvorschriften des Vergaberechts anzuwenden oder nicht.

„Das Vergaberecht muss dem fairen Wettbewerb und dem Korruptionsschutz dienen und darf vom Ministerpräsidenten nicht leichtfertig zur Disposition gestellt werden“, fordert der wirtschaftspolitische Sprecher der GRÜNEN, Kai Klose. DIE GRÜNEN erinnern an die Zusage der Landesregierung vom 3. März 2009, in der der damalige Finanzminister Weimar (CDU) bei der Verabschiedung des Konjunkturprogramms vor dem Landtag von einer zeitlich befristeten Lockerung des Vergaberechts gesprochen hatte. Weimar laut Plenarprotokoll wörtlich: „Sollten wir tatsächlich zu dem Urteil kommen, das habe sich bewährt, dann müssten wir dem Hessischen Landtag darüber einen Bericht geben. Das ist doch völlig klar. Sie haben einen Anspruch darauf, zu wissen, was wir dort zu tun beabsichtigen.“

„Wir fordern die Landesregierung nun förmlich auf, ihre damalige Zusage einzulösen.“ Stattdessen spreche Bouffier davon, man habe mit den gelockerten Vergabegrenzen gute Erfahrungen gesammelt und ihm seien Verdachtsfälle von Korruption „nicht zu Ohren gekommen“. „Dies ersetzt keine gründliche Analyse und keinen Bericht an den Landtag. Weder die Evaluation des Bundeswirtschaftsministeriums noch die der hessischen Landesregierung wurden bisher im Landtag ausgewertet. Der Ministerpräsident will entscheiden, bevor die Berichte angemessen geprüft und ausgewertet  wurden“, kritisiert Klose und verweist darauf, dass Finanzminister Schäfer (CDU) erst vor kurzem habe eingestehen müssen, dass Dienstleistungen zur Einführung des digitalen Polizeifunks und anderer Informationstechnik rechtswidrig vergeben worden seien. Weiterhin habe die Landesregierung selbst darauf hingewiesen, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge eine hohe Fehleranfälligkeit aufweise.

Im Zusammenhang mit dem Runderlass zu den aufgeweichten Transparenzvorschriften üben DIE GRÜNEN scharfe Kritik. „Gerade das gebrannte Kind Hessen prescht hier vor und hebelt  Berichtspflichten im Internet aus. Das steht  in eklatantem Widerspruch zu den jüngsten Ankündigungen von Finanzminister Schäfer. Besonders die Koppelung aus erhöhten Vergabegrenzen und gleichzeitig abgesenkten Transparenzgeboten begünstigt Fehlverhalten. Aus den Erfahrungen um die rechtswidrigen Auftragsvergaben im IT-Bereich wurde offensichtlich nichts gelernt“, so Klose und verweist auf den Antrag der GRÜNEN „Hessisches Vergaberecht transparent und fair gestalten“ (Drucksache 18/3643, s. Anlage). DIE GRÜNEN sehen sich mit ihrer Kritik in guter Gesellschaft. Nicht nur Transparency International, sondern auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks sprechen sich für strikte Vergaberegelungen aus (s. Anlage).

„Neben der Beachtung des Vergaberechts haben Landesbehörden, Städte und Gemeinden auch in anderer Weise eine Vorbildfunktion zu übernehmen. Wir GRÜNE setzen uns seit langem dafür ein, ökologische und soziale Kriterien zu berücksichtigen, wenn öffentliche Aufträge vergeben werden. Wir sind in dieser Hinsicht gespannt auf den Gesetzesentwurf der Landesregierung.“

„Faire Auftragsvergabe ist eine wichtige Grundbedingung, damit die Marktwirtschaft funktionieren kann. Sie sorgt für Wettbewerb, beugt Korruption vor und bietet auch jungen Unternehmen die Chance, in den Markt zu kommen. Gleichzeitig schützt sie Land und Kommunen und damit die Steuerzahler vor mangelhaften Leistungen und überhöhten Preisen. Faire Auftragsvergabe sorgt letztlich auch für eine effiziente Verwendung der knappen öffentlichen Mittel. Das Vergaberecht ist keine vernachlässigenswerte Nebensache, die der Ministerpräsident einfach so nebenbei verändern sollte“, so Klose.

Vergabegrenzen –  Zitate

Antrag


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