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02.09.2011

Schwarzer Filz in der Landesregierung - GRÜNE fordern umgehend vollständige Aufklärung

Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert umgehend vollständige Aufklärung darüber, wie Regierungssprecher Michael Bußer (CDU) und Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) ihren persönlichen Einfluss geltend gemacht haben, um einem Parteifreund aus Seligenstadt steuerfinanzierte Landesaufträge zukommen zu lassen. Den GRÜNEN liegen Unterlagen vor, die diesen Verdacht auf „schwarzen Filz in der Landesregierung“ aufkommen lassen. Darüber berichtet heute die Frankfurter Allgemeine Zeitung („Verdacht der Vetternwirtschaft bei der Auftragsvergabe“).

„Allen bisherigen Nebelkerzen und vermeintlichen Erinnerungslücken zum Trotz haben der damalige Innenminister und heutige Ministerpräsident Bouffier sowie der damalige Sprecher des Innenministeriums und heutige Regierungssprecher Bußer (ebenfalls in der CDU Seligenstadt aktiv) offensichtlich stärkeren Einfluss auf die Auftragsvergaben genommen, als sie bisher eingeräumt haben. Sie müssen jetzt endlich klipp und klar über die damaligen Vorgänge aufklären“, fordert der wirtschaftspolitische Sprecher der GRÜNEN, Kai Klose.

Im Jahr 2008 hat der damalige Bürgermeisterkandidat der Seligenstädter CDU, Dr. Richard Georgi, Aufträge für Digitalfunkprojekte des Landes in Höhe von mehreren hunderttausend Euro erhalten, von denen der Gutachter der Landesregierung selbst bereits im vergangenen Jahr auf Nachfrage der GRÜNEN festgestellt hatte, dass sie vergaberechtswidrig erteilt worden sind. „Bisher hatte es in den Antworten auf verschiedene Anfragen der GRÜNEN geheißen, es habe keine Einflussnahme aus dem Innenministerium auf die Auftragsvergaben der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) gegeben. Regierungssprecher Bußer habe lediglich ‚einen Kontakt hergestellt‘. Die jetzt vorliegenden Unterlagen zeigen den Vorgang in einem ganz anderen Licht. Danach haben sowohl der heutige Regierungssprecher Bußer (CDU) als auch der heutige Ministerpräsident Bouffier (CDU) unmittelbar Einfluss auf den Vergabevorgang genommen“, stellt Klose fest.

So verweisen DIE GRÜNEN darauf, dass sich ein Mitarbeiter des Hessischen Innenministeriums am 14. November 2008 veranlasst sah, in einer E-Mail direkt gegenüber Herrn Bußer zu rechtfertigen, warum die Auftragsvergabe an Herrn Georgi nicht innerhalb weniger Tage abgeschlossen werden konnte. Im gleichen Schreiben wird angeregt, den bereits gefertigten Vergabevermerk „zur Beschleunigung des Prozesses“ dem damaligen Innenminister Bouffier (CDU) vorzulegen. Bereits in einem Schreiben vom 10. November 2008 hatte es geheißen, die Vorlage sei „auf Weisung von Herrn Minister erstellt und besonders eilbedürftig“. Dann sei die HZD als Vergabestelle mit den Worten „m.d.B. um unmittelbare persönliche Förderung zur Realisierung (noch heute)“ und dem Hinweis „die mündliche Billigung von Herrn Minister zum Abschluss des Vertrages ist gegeben“ praktisch nur noch angewiesen worden, den Vorgang umzusetzen.

„Dieser Vorgang widerspricht diametral dem, was uns die Landesregierung bisher mitgeteilt hat. Immer wieder hat Finanzminister Dr. Schäfer bei den ausführlichen Diskussionen im vergangenen Jahr größten Wert darauf gelegt , dass das Innenministerium (als Bedarfsstelle) keinerlei Einfluss auf diese Auftragsvergaben genommen habe, sondern diese allein Sache der HZD (als Vergabestelle) gewesen sei“, so Klose. Im Fall Georgi aber sei sogar der Vergabevermerk im Ministerium gefertigt und der HZD nur noch übersandt worden. Auf dessen Begleitblatt sei zudem vermerkt, dass der Vorgang dem Minister als eilbedürftig zur Entscheidung vorgelegen habe.

Noch in der Antwort auf die konkreten Fragen der GRÜNEN (Kleine Anfrage 18/3977), für die die Landesregierung dreizehn Wochen Zeit gebraucht hat, behauptete sie: „Kenntnisse über unzulässige Einflussnahmen von Seiten des Innenministeriums auf die Auftragsvergaben der HZD liegen nicht vor.“ Und: „Aufgrund der langen Zeitspanne seit der Vergabe des Auftrags an Dr. G. kann heute nicht mehr nachvollzogen werden, ob es damals Nachfragen zum Stand und Verlauf der Vergabe gegeben hat.“

„Der nun vorliegende Schriftverkehr liefert Antworten auf diese Fragen und hilft dem Gedächtnis der Landesregierung hoffentlich auf die Sprünge“, so Klose. „Es muss endlich Schluss sein mit den Ausweichmanövern. Bußer und Bouffier müssen jetzt umgehend vollständige Auskunft über ihre Verstrickungen in diese rechtswidrige Auftragsvergabe an einen Parteifreund geben. Es geht hier schließlich um einen Betrag in sechsstelliger Höhe, der einem mindestens Herrn Bußer persönlich gut bekannten CDU-Mitglied zugeschanzt wurde“, so der GRÜNE Wirtschaftspolitiker.

Kleine Anfrage


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
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