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03.09.2010

CDU und FDP gefährden breite Akzeptanz der Schuldenbremse - Schutzwall für die Kommunen und breite gesellschaftliche Debatte notwendig

Als in der Sache und im Stil stark verbesserungsbedürftig bewertet die GRÜNE Landtagsfraktion den von CDU und FDP eingebrachten Antrag zu Verankerung einer Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung. „Dennoch halten wir eine breite parlamentarische und gesellschaftliche Mehrheit noch für möglich. Wir GRÜNE jedenfalls wollen eine wirksame Schuldenbremse in Hessen. Allerdings bedarf es eines Schutzwalls für die Kommunen, einer Beschreibung des Wegs zu einem ausgeglichen Haushalt und einer breiten gesellschaftlichen Debatte“, betont der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Tarek Al-Wazir.

„Gerade weil wir eine breite Mehrheit für die Schuldenbremse wollen, stößt das bisherige Vorgehen der Mehrheitsfraktionen auf unsere Kritik. Inhaltlich ist der vorgelegte Antrag eine wortgleiche Abschrift von bereits im Grundgesetz verankerten Regelungen. Da das Grundgesetz aber auch in Hessen gilt, wäre eine solche Änderung der hessischen Verfassung ohne nähere Ausgestaltung der Schuldenbremse schlicht überflüssig. Vom Stil haben es die Regierungsfraktion schon jetzt geschafft, dass Konfrontation statt Kooperation entstanden ist, wie beispielsweise die Reaktionen der Gewerkschaften zeigen“. Auch mit den Oppositionsfraktionen im Landtag sei erst geredet worden als der Antrag schon fertig gewesen sei und der Termin für die Volksabstimmung bereits festgestanden habe. „Wer die Schuldenbremse zu einem parteipolitischen Projekt macht, schadet der Sache. Der Weg aus der Schuldenfalle wird nur dauerhaft gelingen, wenn möglichst weite Teile der Gesellschaft diesen Weg akzeptieren und ihm zustimmen.“

GRÜNE hoffen auf neuen Stil mit Bouffier und schlagen konkrete Änderungen vor

Bei den parlamentarischen Beratungen zum Thema Schuldenbremse habe der neue Ministerpräsident Volker Bouffier Gelegenheit zu zeigen, ob es ihm mit dem angekündigten neuen Stil wirklich Ernst sei. An den GRÜNEN werde eine sinnvolle Umsetzung der Schuldenbremse nicht scheitern. Allerdings seien dafür Änderungen an dem bisherigen Vorschlag notwendig.

Schutzwall für die Kommunen

DIE GRÜNEN wollen, dass die Regelungen Aussagen über die angemessene Finanzausstattung der Kommunen enthalten. „Die Schuldenbremse darf sich nicht zur Schuldenfalle für die Kommunen entwickeln, weil finanzielle Lasten einfach vom Land an Kreise, Städte und Gemeinden weitergereicht werden. Auf diese reale Gefahr haben die Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe im Mai hingewiesen. Sie haben angemahnt, dass die Verschuldung nicht auf Kommunen und Sozialversicherungsträger verlagert werden darf. In diesem wichtigen Bereich muss der Gesetzentwurf von CDU und FDP nachgebessert werden“, fordert Tarek Al-Wazir.

Beschreibung des Wegs zu einem ausgeglichen Haushalt

Die wortgleiche Wiederholung der grundgesetzlichen Regelung in einem Volksentscheid zur Abstimmung zu stellen halten DIE GRÜNEN für unzureichend. „Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf, vor einer solchen Abstimmung zu wissen, wie in groben Zügen der Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt aussehen soll. Wir wollen daher, dass der Landtag auch über die Beschreibung dieses Weges abstimmt. So erhalten die Bürgerinnen und Bürger die notwendige Klarheit“. Für die GRÜNEN kann dieser Weg nur aus einer Kombination aus Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Einnahmeerhöhungen bestehen. „Wer die Neuverschuldung nur durch Ausgabenkürzungen senken will, handelt genauso unverantwortlich wie diejenigen, die einfach weiter neue Schulden machen wollen. Wir brauchen auch unter den Bedingungen der Schuldenbremse einen handlungsfähigen Staat. Bereits im Januar haben wir uns hierzu in unserem Konzeptpapier ‚Hessens Weg aus der Schuldenfalle‘ positioniert und die anderen Fraktionen zu einem Dialog eingeladen. Wir würden uns sehr freuen, wenn er jetzt beginnen würde.“

Breite gesellschaftliche Debatte

In ihrem Konzept haben die GRÜNEN auch auf die Notwendigkeit einer breiten gesellschaftlichen Debatte hingewiesen. „Dass diese Debatte dringend nötig ist, zeigen die Vorbehalte, die es teilweise gegen die Schuldenbremse gibt. Die Schuldenbremse ist eben kein Schuldenverbot, wie manche meinen, sondern erlaubt aktives staatliches Handeln in Krisenzeiten. Sie ist keine Erfindung der Neoliberalen, sondern, richtig ausgestaltet, die Umsetzung der Theorien von Keynes. Ein Ausgleich des Haushalts ist ohne zusätzliche Staatseinnahmen allerdings entweder illusorisch oder würde zu unvertretbaren Streichungen führen. Ein Bundesland mit einem Personalkostenanteil von rund 50 Prozent, einem Haushaltsvolumen von etwas über 20 Milliarden und einem Schuldenstand von 40 Milliarden Euro kann ein jährliches Defizit von 3 Milliarden Euro nicht einfach wegsparen. Wenn CDU und FDP eine Verfassungsänderung und damit eine Volksabstimmung herbeiführen wollen, ist eine breite gesellschaftliche Debatte umso nötiger. Es gibt genügend aktuelle Beispiele von mangelnder Kommunikation zwischen politischen Mehrheiten in Parlamenten und der Bevölkerung. Das sollte allen Verantwortlichen eine Lehre sein“, so Al-Wazir. Außerdem müsse die Debatte über den Umgang mit den Altschulden beginnen. „Wir haben bereits im Januar vorgeschlagen, über einen Altschuldenfonds nachzudenken. Länder wie Schleswig-Holstein sind aufgrund ihrer Altschulden strukturell in einer noch schwierigeren Lage als Hessen. Aber auch manche Kommunen in Hessen sind bereits in einer bedrohlichen Spirale aus Altschulden, Zinszahlungen und jährlich neu hinzukommenden Defiziten. Auch dafür braucht es eine Lösung“, so Al-Wazir.

GRÜNE werden Gespräch mit anderen Fraktionen suchen

Über die beschriebenen Änderungsvorschläge werden DIE GRÜNEN das Gespräch mit den anderen Fraktionen suchen. „Unser Ziel ist und bleibt eine möglichst breite parlamentarische Mehrheit und eine möglichst große Zustimmung zu einer sinnvollen Umsetzung der Schuldenbremse in Hessen“.

Konzepte für Hessen: „Hessens Weg aus der Schuldenfalle“


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Elke Cezanne

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