Inhalt

02.05.2014

Wirtschaft verlässlich begleiten – Zukunft sichern (F)

Inhalt

I. Mittelstand und Handwerk fördern
II. Industriepolitik: Tradition und Innovation
III. Wirtschaftsförderung aktiv gestalten
IV. Vergaberecht: Transparent und fair
V. Initiativen zur Sicherung von Fachkräften
VI. Tourismus: Hessens Vielfalt erleben
VII. Kreatives Hessen: Stark und bunt


F. Wirtschaft verlässlich begleiten – Zukunft sichern

Die hessische Wirtschaft zählt zu den stärksten in Deutschland. Wir wollen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhalten, dabei die Balance zwischen Ökonomie und Ökologie wahren, denn Wirtschaft ist kein Selbstzweck. Die soziale und ökologische Marktwirtschaft hat zum Ziel, den Wohlstand für die Menschen zu sichern und auszubauen. Wir werden daher die kreative Vielfalt und die Innovationskraft der hessischen Unternehmen noch gezielter, flexibler und unbürokratischer unterstützen. Zahlreiche nationale und internationale, große und mittelständische Unternehmen beschäftigen erfolgreich viele tausend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Damit dies so bleibt, werden wir auf den Stärken der hessischen Wirtschaft aufbauen und die Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit unterstützen. Wichtig ist den Koalitionspartnern dabei, dass sich die hessische Wirtschaft noch stärker als bisher an den sich ändernden Bedürfnissen der Menschen orientiert. Bei den hierfür notwendigen Anpassungsprozessen werden wir die Wirtschaft unterstützen, denn sichere Arbeitsplätze, wirtschaftliche Dynamik, Nachhaltigkeit und der Schutz von Umwelt und Natur sind für uns gleichermaßen wichtig.


I. Mittelstand und Handwerk fördern

Neben großen internationalen Unternehmen ist ein breiter unternehmerischer Mittelstand eine tragende Säule unserer hessischen Wirtschaft. Rund zwei Drittel aller Beschäftigten arbeiten in Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Insbesondere das Handwerk leistet neben seiner vorbildlichen Ausbildungsleistung einen erheblichen Beitrag zur Wertschöpfung in der Region.

Wir wollen die Kultur der Selbstständigkeit und der Übernahme unternehmerischer Verantwortung weiter beleben und erkennen dabei auch die Bedeutung der Freien Berufe an. Regionale Wirtschaftskreisläufe und Handelsstrukturen werden wir weiter stärken.

Das Handwerk werden wir dabei unterstützen, die sich bietenden Chancen beispielsweise im Bereich der Energiewende noch stärker zu nutzen. Eine weitere Novelle der Handwerksordnung halten wir nicht für erforderlich.


II. Industriepolitik: Tradition und Innovation

Gerade vor dem Hintergrund der Finanzkrise kommen Industrie, Handwerk und produzierendem Gewerbe große Bedeutung zu. Zum Erfolg der hessischen Wirtschaft tragen aber nicht nur die traditionell starken Branchen, sondern auch die sich verstärkt entwickelnden Zukunftsbranchen bei. Wir wollen für die Unternehmen die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen, damit sie sich neue Märkte erschließen können – insbesondere im Bereich der Energie- und Materialeffizienz, bei erneuerbaren Energien sowie in der Umwelttechnik.

Eine hohe Bedeutung haben in Hessen die forschende pharmazeutische Industrie und die chemische Industrie aufgrund ihrer Innovationskraft und dem damit einhergehenden volkswirtschaftlichen und ökologischen Nutzen. Ein wichtiges Anliegen der Koalitionspartner bleibt hierbei ein gutes Risikomanagement insbesondere der produzierenden Unternehmen mit den umliegenden Kommunen und ihren Anliegern.

Wir wollen Hessen als bedeutenden Pharmastandort Deutschlands gemeinsam mit den Beteiligten aus der Wissenschaft und der Gesundheitswirtschaft stärken und weiterentwickeln. Wir streben insbesondere eine stärkere Vernetzung der hessischen Forschungsstandorte an. Einen wesentlichen Beitrag dazu können z.B. die Beteiligten der „Initiative Gesundheitsindustrie Hessen“ und das gemeinsam mit den Universitäten Gießen und Marburg sowie der Technischen Hochschule Mittelhessen bei der Universität Frankfurt gegründete „House of Pharma & Healthcare“ beitragen, da diese Initiativen sich ergänzen und Synergien genutzt werden können.

Mit den Standorten Rüsselsheim und Baunatal sowie einem industriellen Schwerpunkt in Mittelhessen ist Hessen ein auch von der Automobilindustrie geprägtes Land. Um der steigenden Nachfrage nach leichteren und energieeffizienteren Autos nachzukommen, müssen Benzin- und Dieselmotoren genauso weiterentwickelt wie alternative Antriebsmethoden verbessert werden. Dabei kommt den in Hessen vorhandenen Forschungs- und Entwicklungsinstitutionen besondere Bedeutung zu.

Wir bekennen uns zum Raumfahrtstandort Hessen und seinem enormen Potenzial. Das Europäische Satellitenkontrollzentrum ESOC und der europäische Wettersatellitenbetreiber EUMETSAT in Darmstadt sowie die in ihrem Umfeld entstandenen Gründungen, insbesondere im Bereich der Satellitennavigation, sind in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung. Die Weiterentwicklung dieses Standortes werden wir aktiv begleiten und auf eine bestmögliche Vernetzung der verschiedenen Akteure hinwirken.


III. Wirtschaftsförderung aktiv gestalten

Die unternehmerische Umsetzung neuer Ideen ist ein wichtiges Anliegen der Landesregierung. Junge, kreative Existenzgründerinnen und Existenzgründer sollen noch stärker gefördert werden, beispielsweise durch die Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit der „Business Angels“ und gezielte Förderangebote der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WI-Bank). Zur verstärkten Akquise von Risikokapital insbesondere für Existenzgründerinnen und Existenzgründer streben wir die Schaffung eines privat finanzierten „Mittelstandsfonds“ gemeinsam mit der Deutsche Börse AG an. Die bestehenden Gründerzentren werden wir weiter unterstützen und die Gründung neuer universitätsnaher Zentren fördern. Erschwinglicher Büroraum mit guter Infrastruktur ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg junger Unternehmen. Wir werden die Beratung von Existenzgründern in der Vorgründungsphase sowie die Beratung für kleine und mittlere Unternehmen zu Finanzierung, Nachfolge, Fachkräftesicherung, Energieeffizienz, Prozessoptimierung und Innovation weiterhin in allen Wirtschaftszweigen mittels regionaler und unternehmensnaher Strukturen in Hessen fördern.

Zur Erleichterung bei der Suche nach Unternehmensnachfolgen wollen wir eine gemeinsame
Vermittlungsbörse mit der hessischen Wirtschaft etablieren.

HessenAgentur

Die HessenAgentur ist der nicht-monetäre Wirtschaftsentwickler des Landes. Wir wollen die Leistungsfähigkeit der Hessen Agentur als Dienstleister des Landes und anderer öffentlicher Institutionen bei der Wirtschaftsförderung weiter optimieren. Die engere Kooperation der HessenAgentur als Dienstleister mit Inhouse-Privileg mit allen Ressorts ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Die Konsolidierung des hessischen Standortmarketings in Zusammenarbeit mit den regionalen Wirtschaftsförderern gehört ebenso zu den Aufgaben der HessenAgentur wie die Festigung der außenwirtschaftlichen Aktivitäten des Landes in der „Hessen Trade & Invest“. Die HessenAgentur nimmt überdies eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von Clustern und Transferzentren in Kooperation mit Unternehmen und Hochschulen bei der Technologie- und Innovationsförderung ein.
Die vorgenommene strukturelle Änderung wird ab dem Jahr 2015 evaluiert. Bei der HessenAgentur wird unter Einbeziehung von Mitgliedern des Landtages ein Beirat berufen, dem regelmäßig über die Tätigkeit der HessenAgentur berichtet wird.

Wirtschafts- und Investitionsbank Hessen (WI-Bank)

Wir wollen die WI-Bank als das zentrale Förderinstitut des Landes Hessen in ihren wesentlichen Tätigkeitsfeldern stärken und ihre Effektivität erhöhen. Zuschuss-Programme sollen, soweit möglich, sukzessive auf Förderkredite umgestellt werden. Unternehmensgründungen werden weiter erleichtert, das Mikrokreditprogramm fortgeführt und der Zugang zu Förderkrediten vereinfacht. Durch Förderprogramme soll der Generationen-Übergang insbesondere in mittelständischen Familienbetrieben erleichtert werden.

Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit

Die Aktivitäten der Außenwirtschaft des Landes und der jeweiligen kommunalen Akteure werden künftig besser koordiniert und auf die wichtigsten Wachstums- und Wirtschaftsregionen konzentriert. Hierzu soll ein Außenwirtschaftskonzept mit den betroffenen Akteuren (Kommunen, Kammern und Verbände) erarbeitet werden.

Als Sitzland der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wollen wir in der Entwicklungszusammenarbeit neue Schwerpunkte setzen. Dabei prüfen wir auch die Möglichkeit einer gezielten bilateralen Entwicklungszusammenarbeit. Darüber hinaus wollen wir die Kooperation mit dem entwicklungspolitischen Netzwerk (EPN Hessen) stärken.


IV. Vergaberecht: Transparent und fair

Öffentliche Aufträge stellen einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Ein modernes Tariftreue- und Vergabegesetz gewährleistet den wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln und einen fairen Wettbewerb der Auftragnehmer.

Wir werden das Hessische Mittelstands- und Vergabegesetz novellieren und der Tariftreue der Auftrag nehmenden Unternehmen einen neuen Schwerpunkt widmen. Hier werden wir auch die Regelung zum Mindestentgelt des Bundes übernehmen. Hessen wird höchste Standards an die Transparenzregelungen in diesem Bereich anlegen. Den Auftrag vergebenden Stellen ist es freigestellt, zusätzlich soziale und ökologische Kriterien bei der Vergabeentscheidung zu berücksichtigen, soweit sie im Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen. Die bestehenden Vergabefreigrenzen werden beibehalten. Der Schwellenwert bei Interessenbekundungsverfahren wird von 80.000 auf 50.000 Euro abgesenkt. Die Erfahrungen mit den seit dem Konjunkturprogramm erhöhten Vergabegrenzen werden kontinuierlich überwacht. Zur Verbesserung des Wettbewerbs müssen künftig mindestens fünf statt drei mögliche Anbieter angefragt werden.


V. Initiativen zur Sicherung von Fachkräften

Hessen kann langfristig nur global wettbewerbsfähig bleiben, wenn es seinen Qualitätsvorsprung hält und ausbaut. Bereits jetzt haben viele Unternehmen Schwierigkeiten, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Die demografische Entwicklung wird den Fachkräftemangel weiter verschärfen. Grundlage unserer weiteren Überlegungen ist der Bericht der Hessischen Fachkräftekommission sowie der daraus entwickelte Maßnahmenkatalog.

Wesentliche Zielgruppen aus Sicht der Koalitionspartner sind junge Menschen, ältere Menschen, auch über das Renteneintrittsalter hinaus, sowie Menschen mit Behinderungen. Unser besonderes Augenmerk richten wir außerdem auf die Steigerung der Frauenerwerbsquote, die Rekrutierung von Fachkräften insbesondere im europäischen Ausland und die Bereiche Qualifizierung und Weiterbildung.

Eines der wichtigsten Ziele ist eine deutliche Reduzierung der Zahl junger Menschen in sogenannten Übergangssystemen. Hierzu müssen gemeinsam mit der Wirtschaft, der Bundesagentur für Arbeit, den Schulen und Verbänden erhebliche Anstrengungen unternommen werden, junge Menschen ohne Schul- bzw. Berufsabschluss zu qualifizieren.


VI. Tourismus: Hessens Vielfalt erleben

Hessen ist Tourismusland: Rund 13 Millionen Gäste haben im Jahr 2012 in Hessen ihren Urlaub verbracht. Seine vielfältige Landschaft und die bedeutsamen kulturellen Angebote in Stadt und Land machen Hessen zum Anziehungspunkt für Tagesausflüge, Kurzurlaube sowie längere Kur- und Urlaubsaufenthalte. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sichern die damit verbundene touristische Infrastruktur; gerade in ländlichen Gebieten hat der Tourismus daher eine bedeutende Wirtschafts- und Beschäftigungsfunktion. Gleichwohl sehen wir hier weiteres Entwicklungspotenzial insbesondere für den nachhaltigen Tourismus, beispielsweise dem Rad- und Wandertourismus und dem Urlaub auf dem Bauernhof. In den Ballungsgebieten liegen die Potenziale im Ausbau der touristischen Angebote für Geschäftsreisende. Die bereits begonnene Ausgliederung der Tourismusförderung aus der HessenAgentur zugunsten enger Kooperationen mit den Destinationen und regionalen Tourismusorganisationen werden wir positiv begleiten.


VII. Kreatives Hessen: Stark und bunt

Hessen hat sich zu einem wichtigen Standort der Kultur- und Kreativwirtschaft entwickelt, in der bereits heute rund 110.000 Menschen beschäftigt sind. Unser Land hat mit seinem Mix aus bedeutenden Einrichtungen aus Kultur und Wissenschaft, seiner wirtschaftlichen Stärke und seiner gelebten Internationalität weiteres Standortpotenzial in diesem Bereich. Wir wollen Hessens Bedeutung z.B. für die Computerspiele-Industrie, den Design-Bereich, die Filmwirtschaft, die Architektur und die Medienbranche stärken, werden dazu die Anstrengungen des Landes ausweiten und insbesondere den Dialog mit der Kultur- und der Kreativwirtschaft fortsetzen. Außerdem wollen wir den Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht fortschreiben und die Aktivitäten der Landesregierung in Zusammenarbeit mit weiteren Institutionen bündeln.


Dies ist ein Auszug aus dem schwarz-grünen Koalitionsvertrag. Den kompletten Vertrag gibt es hier: Koalitionsvertrag(pdf ca. 2MB)