Inhalt

09.03.2013
Landesarbeitsgemeinschaften, Parteirat

Zwei Jahre nach Fukushima – Die Historische Chance für die Energierevolution endlich ergreifen

Wir gedenken heute der Katastrophe von Fukushima. Am 11. März 2011 führte eine Reihe von katastrophalen Unfällen – ausgelöst durch ein Erdbeben und einen darauffolgender Tsunami – zu einem Super-GAU durch drei Kernschmelzen im Atomkraftwerk Fukushima in Japan. Vier von sechs Reaktorblöcken wurden dabei zerstört, große Mengen an radioaktivem Material wurden freigesetzt und kontaminierten Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmittel in der großräumigen Umgebung von Fukushima. Bis zu 150.000 Menschen mussten evakuiert werden, viele davon dauerhaft. Die Entsorgungsarbeiten der zerstörten Blöcke werden voraussichtlich bis zu 40 Jahre dauern.

Die Katastrophe von Fukushima ist heute längst noch nicht beendet. Die Landstriche in der Umgebung sind radioaktiv verseucht, die Folgen für Mensch und Umwelt noch nicht bekannt. Die Frage nach der Entsorgung der täglich zunehmenden gigantischen Mengen an verseuchtem Wasser, das immer noch zur Kühlung benötigt wird, ist nicht geklärt. Rund 20.000 Menschen arbeiten Tag für Tag daran, den Schutt beiseite zu räumen, die Reaktoren stabil zu halten und weitere Unglücke zu vermeiden. Doch ein weiteres großes Beben, ein weiterer Tsunami würden ausreichen, um die Katastrophe auf eine neue Stufe zu heben. Der Ausnahmezustand ist dort inzwischen zum Normalzustand geworden.

Es ist noch offen, ob Historiker einst sagen werden: Fukushima war der Auslöser für die Energierevolution in Deutschland und weltweit. Die letzten 2 Jahre zeigen aber deutlich, dass Schwarz-Gelb weder im Bund noch in Hessen diesen historischen Wandel  einleiten wird, im Gegenteil: Schwarz-Gelb versagt beim Aufbau einer regenerativen Energiewirtschaft. Hessen ist beim Ausbau der Erneuerbaren Energien immer noch auf dem letzten Platz aller Flächenländer. Schwarz-gelb kann und will die Energiewende nicht. Wir GRÜNE wollen und können die Energiewende. Mit uns sind spätestens 2022 die Atomkraftwerke in ganz Deutschland abgeschaltet.

Eine Energiepreisbremse gibt es nur mit der Energiewende

Die Angriffe von Schwarz-Gelb auf die Erneuerbaren Energien werden mit der Strompreislüge getarnt. Dabei kennen die Akteure in ihrer Kampagne gegen den Ausbau der Erneuerbaren Energien keine Scham und keine Moral. Die FDP entdeckt angeblich ihr Herz für Hartz-IV Empfänger, denen sie noch vor wenigen Jahren spätrömische Dekadenz vorwarf. Bundesumweltminister Altmaier malt das Schreckensszenario, die Energiewende habe langfristige Folgekosten von 1 Billion Euro. Fakt ist jedoch, dass die Energiewende wegen immer weiter steigender fossiler Energiekosten langfristig 10 Billionen Euro einsparen wird. Die Energiewende im Strombereich, gerade aber im Wärme- und Verkehrsbereich ist der einzige Weg ist, die Energiepreise mittel- und langfristig stabil zu halten.

Wir lassen es nicht zu, dass die Energiewende und soziale Gerechtigkeit gegeneinander ausgespielt werden – noch dazu von Schwarz-Gelb, die mit ihrer Politik die soziale Spaltung der Gesellschaft verschärfen. Denn global wie lokal würden die Ärmsten bei einer misslungenen Energiewende am stärksten leiden. Die Energiewende sorgt kurzfristig für steigende Preise, ist aber mittelfristig der einzige Weg, die Preise im Griff zu halten. Wir wollen die Kosten der Energiewende fair auf allen tragenden Schultern verteilen und gerade die schwachen Schultern mit speziellen Förderprogrammen, Anpassung der Regelsätze und kostenloser Energieberatung entlasten.

Die von Schwarz-Gelb vorgeschlagenen Veränderungen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG), die den Strompreisanstieg angeblich bremsen sollen, würden in Wahrheit den Ausbau der Erneuerbaren Energien ausbremsen und weiterhin die von Schwarz-Gelb massenhaft befreiten Großverbraucher begünstigen. Sie würden zu einer erheblichen Verunsicherung in Investitionen in Erneuerbare Energien beitragen, da auch bei bereits bestehenden Anlagen die Vergütungssätze rückwirkend gekürzt werden sollen. Die bisherige Verlässlichkeit des EEG und damit eine der Grundlagen für den Erfolg der Erneuerbaren Energien wäre damit nicht mehr gegeben. Auch die vorgeschlagenen pauschalen Kürzungen der Vergütung für neue Anlagen, insbesondere bei Windkraftanlagen auf dem Land, würden den Ausbau der Erneuerbaren Energien stark drosseln. Der Süden und damit Hessen wäre besonders betroffen.

Wir GRÜNE wollen hingegen die Strompreise senken und den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter voranbringen. Wir wollen das EEG von unnötigen Kosten befreien und die Lasten fair zwischen allen Stromverbrauchern aufteilen. Gerade die Industrie muss sich wieder stärker beteiligen, indem die schwarz-gelben Privilegien auf den Stand von 2008 zurückgeführt werden. Die Industrie profitiert immerhin am meisten von den niedrigen Kosten der konventionell erzeugten elektrischen Energie, verursacht durch den Erfolg des EEG. Durch die Maßnahmenvorschläge von uns GRÜNEN würden jährlich insgesamt rund 4 Milliarden Euro eingespart werden können, der Strompreis damit um 1 Cent je Kilowattstunde vergünstigt werden und die Energiewende erfolgreich weitergeführt werden. Die schwarz-gelbe Bundesregierung würde hingegen mit ihren Vorschlägen die Kosten nur um rund 1,9 Milliarden Euro senken, der Strompreis nur um 0,5 Cent je Kilowattstunde vergünstigen und die Energiewende torpedieren. Auch die SPD will einen großen Teil der Industrieprivilegien erhalten. Auch hat die SPD noch nicht erklärt wie sie Förderprogramme für Energetische Sanierungen und Entlastungen für einkommensschwache Haushalte finanzieren möchte, wenn sie die Mehrwertsteuer auf den Strompreis reduzieren wollen.

In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass die Kosten der Energiewende über die EEG-Umlage direkt auf den Strompreis wirken und damit verursachergerecht finanziert werden. Die deutlich umfangreicheren Fördermittel für Atomkraft und Strom aus fossilen Energieträgern werden dagegen allgemein finanziert und nicht in der Stromrechnung ausgewiesen. Eine konsequente Berücksichtigung dieser Fördermittel für die letzten Jahrzehnte würde zu einer deutlich über den EEG-Umlage liegenden zusätzlichen Steigerung des Strompreises führen und bestätigt die Wirtschaftlichkeit der Energiewende.

Noch deutlicher wird die zwingende Notwendigkeit der Energiewende, wenn man darüber hinaus auch die durch das Risiko der Atomkraft sowie die durch fossile Energieträger verursachten Umweltauswirkungen monetär berücksichtigen würde.

Energiewende in Bürgerhände

Schwarz und Gelb bleiben das, was sie schon immer waren, die treuen Vasallen der Politik der großen vier Energiekonzerne. Sie setzen auf klimaschädliche Kohlekraftwerke statt auf Erneuerbare Energien und Gaskraftwerke. Sie bevorzugen die großen Windparks auf dem Meer und behindern die Windkraft vor Ort. Kommunen werden in ihrer Gestaltungskraft für die Energiewende behindert. Damit profitieren finanziell die großen Unternehmen und nicht die Bürgerinnen und Bürger. Der Klimaschutz wird mit Füßen getreten.

Wir Grüne setzen auf die Energiewende in Bürgerhände. Wir wollen neue Beteiligungsmodelle  wie Genossenschaften und neue Anlagemöglichkeiten fördern, um aus Betroffenen Beteiligte der Energiewende zu machen. Bürgerinitiativen, Umwelt- und Naturschutzverbände und andere Interessensgruppen sollen frühzeitig in einen Dialog mit den Projektentwicklern von Energie- und Infrastrukturvorhaben vor Ort eingebunden werden. Die Kommunen sollen endlich volle Freiheit bei ihren Satzungsrechten und der wirtschaftlichen Betätigung erhalten. So wird regionale Wertschöpfung gesteigert und die Energiewende wirklich vorangebracht. Eine Verbraucheroffensive in der Energieberatung soll dafür sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger bei ihrer Energiewende zu Hause nicht abgezockt werden, sondern gut beraten und finanziell unterstützt werden.

Wir können Energiewende – Ein Plan, wie es in Hessen funktioniert

Schwarz-gelb setzt sich bewusst keinen konkreten Plan, wie sie die Energiewende voranbringen möchte. Es gibt lediglich das weit entfernte Ziel 2050, aber keine konkreten Etappenziele und konkrete Umsetzungsschritte. Das ist aus Sicht von Schwarz-Gelb praktisch, um heute nicht konsequent handeln zu müssen. Wir wollen 100% Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030 und ein Klimaschutzgesetz mit klaren Zwischenschritten.

1. Windkraft ausbauen statt torpedieren

Beim hessischen Energiegipfel wurde gemeinsam vereinbart, zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft zu reservieren. Aber durch die nun getroffenen Vorgaben der Landesregierung werden die Standorte für Windenergie künstlich und mutwillig reduziert. Es zeichnet sich anhand der aktuellen Diskussionen über die Teilregionalpläne Energie in unseren drei hessischen Regionen ab, dass dieses Ziel klar verfehlt wird. Sogar in den weniger dicht besiedelten Regionen Nord- und Mittelhessen sind in den Entwürfen nur zwei Prozent (Nordhessen) bzw. drei Prozent (Mittelhessen) erreicht worden und eine deutliche Reduzierung der Flächen durch Einwände in der Offenlegungsphase sind wahrscheinlich. Wir zeigen dagegen auf, wie man geeignete potentielle Flächen nicht im Vorfeld wegen möglicher Konflikte ausschließt. Wir wollen mehr Planungsfreiheit vor Ort, kluge Konfliktlösungen und Investitionssicherheit für Investoren. In kommunaler Verantwortung werden wir dafür kämpfen, dass bei den Teilregionalplänen Energie nicht nur Einwände gegen bestimmte Flächen, sondern auch Vorschläge für die Einbeziehung bisher ausgeschlossener Flächen eingebracht werden.

2. Hessen zum Energieeffizienzland Nummer eins

Das große Potential zu Einsparung und Effizienz, gerade im Wärmebereich wird von Schwarz-Gelb zwar in Sonntagsreden stets betont, doch bei den maßgeblichen Richtungsentscheidungen blockiert. Eine fortschrittliche Energieeffizienzrichtlinie scheiterte in Europa an der schwarz-gelben Merkel-Koalition. Und selbst die aufgeweichte EU-Energieeffizienzrichtlinie wird von Schwarz-Gelb seit einem Jahr nicht umgesetzt. Genauso blockiert Bundeswirtschaftsminister Rösler eine wirksame Verknappung von CO2-Zertifikaten auf EU-Ebene. Ohne funktionierenden CO2-Zertifikatehandel gibt es für Unternehmen kaum Anreize für Fortschritte bei der Energieeffizienz. Nun scheint Röslers Kampf gegen die Energieeffizienz einen weiteren Erfolg zu haben. Da die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel fehlen, droht der Energiewende ein weiterer finanzieller Engpass. Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums werden für das laufende Jahr Mindereinnahmen von mehr als 1,2 Milliarden Euro erwartet. Bis 2017 könnten sich die Ausfälle auf rund acht Milliarden Euro erhöhen. Damit sind Ausgaben für die energetische Gebäudesanierung und die Förderung von Elektroautos akut gefährdet.

Auch auf Landesebene fehlt es Schwarz-Gelb an Engagement, Einsparungsmaßnahmen in Haushalt und Industrie voranzubringen. Die Förderprogrämmchen von Umweltministerin Puttrich für Austauschprogramme von Heizungspumpen sind ein netter Anfang, werden aber sicher keine Energiewende bewirken. Für konsequente Schritte besteht gänzlich kein Mut. Wir setzen auf eine kluge Kombination von finanzieller Förderung zum Klimaschutz und wollen Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern in die Pflicht nehmen.

3. Ohne Verkehrswende keine Energiewende

Völlig ignoriert wird von Schwarz-gelb, aber auch von der SPD, der dritte  elementare Bereich für den Klimaschutz: die  Verkehrswende. Wir wollen Mobilität erhalten, aber mehr Klimaschutz, mehr saubere Luft und weniger Lärm. Eine echte Energiewende bedeutet nicht einfach den Antrieb des PKWS in einen Elektromotor auszutauschen. Wir wollen die Mobilität zu Fuß, mit dem Fahrrad und dem ÖPNV attraktiv machen und Fehlanreize beim Flug-, LKW- und KFZ-Verkehr abschaffen.

4. Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren Energien garantieren

Wenn der Wind nicht weht und sie Sonne nicht scheint, muss schnell reagiert werden. Und zwar mit klimafreundlichen Alternativen. Schwarz-Gelb hat aber kein Interesse daran und will die Netze lieber weiter mit Kohlestrom verstopfen. Deswegen hat sie zum angeblichen Schutz der Versorgungssicherheit einen Zwangsbetrieb für bestimmte alte Kraftwerke vorgeschrieben. Durch die Hintertür werden so unwirtschaftliche Kraftwerke mit hohen Emissionen wieder fit für den Markt gemacht. Wir stellen diesem Klientelgeschenk unseren klimafreundlichen und wettbewerbsorientierten Ansatz, den Kapazitätsmarkt entgegen. Damit gäbe es Anreize für Lastmanagement der Industrie, flexible Erzeugungskapazitäten wie Gaskraftwerke oder Biomasse. Um Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren Energien zu garantieren ist ein zielgerichteter und dezentraler Ausbau der Stromnetze sowie eine schnelle Entwicklung der Speichertechnologien nötig.