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11.06.2022
Landesarbeitsgemeinschaften, Landesmitgliederversammlung

Turbo für die Erneuerbaren - Ausstieg aus den Fossilen

Wie wir die Energiewende in Hessen massiv beschleunigen

Wenn wir zurzeit etwas brauchen, dann ist es Sicherheit: für unsere Demokratie, die Wirtschaft, die europäische Zusammenarbeit und für die Zukunft unserer Kinder.

Um unsere Sicherheit, Freiheit und Umwelt zu schützen, müssen wir die Transformation zu einer klimaneutralen Gesellschaft deutlich schneller voranbringen. Dies zeigt insbesondere der aktuelle Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC).

Seit dem 24. Februar 2022 bedeutet Sicherheit auch, dass wir schnellstmöglich den Import fossiler Brennstoffe aus Russland beenden, durch die der menschenverachtende Angriffskrieg auf die Ukraine mitfinanziert wird.

Wir wissen, dass die dezentrale Energie- und Wärmewende und der damit verbundene Wandel hin zu einer unabhängigen, CO2-neutralen Strom- und Wärmeversorgung einen großen Teil zu dieser Sicherheit beitragen kann. Für die Umsetzung sind jedoch ein hohes Maß an Veränderungsbereitschaft der Bürger:innen, der Kommunen und der Wirtschaft sowie Höchstgeschwindigkeit des Handelns nötig – und dies gerade in einer krisengetriebenen Zeit, in der nicht die Lust auf Veränderung, sondern die Sehnsucht nach „Normalität“ überwiegt.

Wie kommen wir also effektiver vom Wissen zum Handeln? Ermutigend ist, dass bereits ein Bewusstseinswandel eingesetzt hat. Wir sehen eine deutlich wachsende Bereitschaft der Menschen, die aktuellen Herausforderungen auch als Chance zu begreifen. Hier wollen wir ansetzen.

Unsere dringendsten Aufgaben sind deshalb jetzt: den Mehrwert einer nachhaltigen Energie- und Wärmewende für Bürger:innen, Kommunen und Wirtschaft klar zu vermitteln, die Chancen überzeugend aufzuzeigen und durch effektive Maßnahmen – inklusive einer offensiven Klimakommunikation – das Tempo der Umsetzung deutlich zu steigern.

Die GRÜNE Botschaft in Hessen lautet: Nachhaltigkeit sichert Lebensqualität und Freiheit. Klimaneutralität rechnet sich für Bürger:innen und Wirtschaft. Wir können als Gesellschaft an und mit der Energie- und Wärmewende wachsen. Denn durch Zusammenhandeln entsteht neuer Zusammenhalt.

Sonne und Wind sind die günstigsten und sichersten Energiequellen. Eine Energie- und Wärmeversorgung, die schnellstmöglich vollständig von Erneuerbarer Energie getragen wird, ermöglicht auch Unabhängigkeit von autokratischen Staaten sowie Unrechtsregimen und sorgt zukünftig für relativ niedrige Energiekosten.

Durch Beteiligungsmodelle gelingt es uns, bei den Menschen die nötige Akzeptanz zu schaffen. Mit aktiver Förderung und Unterstützung sorgen wir dafür, dass im Betrieb und im privaten Zuhause jetzt mutige Entscheidungen für eine klimaneutrale Energieversorgung getroffen werden können.

Mit der dezentralen Energiewende stärken wir die lokale Wertschöpfung. Sie füllt im besten Fall die Kassen der Kommunen und verschafft mehr Handlungsspielraum, so dass Zufriedenheit und Vertrauen der Menschen wachsen.

In den letzten acht Jahren wurden mit Grüner Regierungsbeteiligung in Hessen erfolgreich die Weichen für eine Energiewende gestellt. Hessen ist eines von drei Bundesländern, in denen das Flächenziel für die Windkraft bereits nahezu vollständig erreicht wird. Die Rahmenbedingungen für Energieeffizienz und PV-Ausbau wurden verbessert. Für eine forcierte Energie- und Wärmewende in Hessen braucht es in Zukunft noch stärkere Grüne in der Landesregierung. Das Oster- und auch das Sommerpaket des Bundes werden als größte Beschleunigungsoffensive seit Einführung des EEG ihre Wirkung entfalten. Wirtschaft und Gesellschaft erhalten damit nach Jahren des Stillstands auf Bundesebene endlich klare politische Rahmenbedingungen, die zukunftssicheres Planen und Handeln ermöglichen.

Darauf wollen wir uns nicht ausruhen. Die akute Krisen-Situation fordert, dass wir von Landesseite aus jetzt unterstützend den Turbo für Beschleunigungsmaßnahmen einlegen.

 

Energiesparen und Energieeffizienz

Jede eingesparte Kilowattstunde ist ein Beitrag zu Energiesicherheit, Energieunabhängigkeit und Klimaschutz. Wir müssen deshalb Konzepte für Energiesparen und Energieeffizienz verstärkt zum Einsatz bringen.

Erneuerbare Energien allgemein

Der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien, mit Hilfe aller bewährten Technologien, muss konsequent durch Etappenziele gesichert und durch ein jährliches Monitoring kontrolliert werden. Bei Nichteinhaltung der Ziele greifen festgelegte Nachschärfungen. Wir setzen uns für die Einführung eines CO2-Schattenpreises bei Beschaffung und Vergabe der öffentlichen Hand ein, um die beabsichtigte Lenkungswirkung zu verstärken.

Solarenergie

Wir sehen eine Solar-Pflicht in Hessen als wirkungsvolles Instrument, um den Ausbau der Photovoltaik und der Solarthermie massiv voranzubringen. Sie soll für private und gewerbliche Neubauten, Parkplatz-Flächen und ebenso bei umfassender Dachsanierung gelten.

Alle Dächer landeseigener Gebäude sollen gemäß der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand für solare Energieerzeugung (Strom und/oder Wärme) genutzt werden, wenn möglich unter Einsatz von Strombilanzkreisen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit.

Zusätzliche Potenziale heben wir durch die naturverträgliche Nutzung geeigneter Freiflächen für PV-Anlagen (z.B. Randstreifen von Autobahnen). Insbesondere Agri-PV-Anlagen wollen wir für landwirtschaftliche Betriebe aktiver bewerben und über die Vorteile der Doppelnutzung solcher Flächen als Energie- und Nahrungsmittelerzeugung aufklären. Wichtig ist uns dabei, dass die Flächenkulissen bei Ausklammerung geschützter und besonders werthaltiger Flächen dem steigenden Bedarf angepasst werden. Die Freiflächensolaranlagen-Verordnung ist entsprechend weiterzuentwickeln.

Für eine optimale Beschleunigung sollen alle innovativen Anwendungen im Bereich „Besondere PV“ im Ausbauprozess berücksichtigt werden, ergänzt um Sondereinsatzmöglichkeiten wie  Überdachungs- PV für Verkehrswege, PV für Stadtmöblierung etc.

Um die Potenziale von Floating-PV, insbesondere auf künstlich geschaffenen Gewässern (Bsp. ehemalige Kiesseen), zu erschließen, wollen wir uns für die Vereinfachung der Genehmigungen einsetzen und durch Beratung und Information mehr Floating-PV in Hessen erreichen.

Wir stehen für eine sozial-gerechte Energiewende und wollen Mieter:innen entlasten. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass das bestehende Mieterstrom-Modell vereinfacht wird und für Immobilienbesitzende Anreize zum Einsatz geschaffen werden.

Windkraft

Der Ausbau der Windkraft in Deutschland braucht einen Booster. In Hessen wollen wir dafür sorgen, dass Planung und Errichtung von Windkraftanlagen möglichst weniger als zwei Jahre dauern. Gelingen kann dies beispielsweise durch eine weitere deutliche Personalaufstockung der Genehmigungsbehörden und der Gerichte oder durch die Einrichtung einer hochrangig besetzten Task Force.

Die in den jeweiligen Regionalplanungen Energie (Süd-, Mitte und Nord-Hessen) festgelegten Vorrangflächen müssen zeitnah für den Bau neuer Anlagen genutzt werden. Für den Fall, dass die hessischen Ausbauziele nicht erreicht werden, müssen Ersatzflächen ausgewiesen werden.

Wir wollen bei Windkraftprojekten deutlich mehr Bürgerbeteiligung umsetzen, um die Akzeptanz vor Ort zu verbessern. Hierfür brauchen wir zeitnah eine bürokratiearme Regelung. Investoren könnten z.B. bei Windkraftprojekten verpflichtet werden, hinsichtlich der Finanzierung eine Bürgerbeteiligung in Höhe von mindestens 20 Prozent der Gesellschaftsanteile anzubieten.

Wärme

Wir wollen kurzfristig eine Quote von 2 Prozent pro Jahr für die energetische Sanierung im Bestandsbau erreichen. Hierbei wollen wir uns auf die Gebäude mit größten Energie-Einsparmöglichkeiten konzentrieren. Wir streben für die Zukunft eine Sanierungsquote von 4 Prozent an, dafür muss eine entsprechende Strategie entwickelt werden.

Wir setzen uns auf Bundesebene für hocheffizientes Bauen ein mit dem Ziel, künftig nur noch Plus-Energie-Gebäude bzw. Gebäude im Passivhaus-Standard zu errichten, ergänzt durch die Regelung, dass ab dem Jahr 2024 jede neu eingebaute Heizung mit 65 Prozent Erneuerbarer Energie betrieben werden soll.

Wir wollen durch intelligente Sanierungsstrategien wie etwa die bewährte Quartierssanierung oder serielle Sanierung die Senkung des CO2-Ausstoßes bei Bestandsgebäuden beschleunigen.

Mit einer verbindlichen Wärmeplanung für alle Kommunen wollen wir mehr Tempo für die klimafreundliche Wärmeversorgung ermöglichen. Mit guten Ergebnissen überzeugen bereits solare Nahwärmekonzepte inklusive der dazugehörigen Wärmenetze oder auch „Energiedörfer“. Diese Konzepte müssen aktiver als Lösung angeboten und eingesetzt werden.

Wasserstoff

Die hessische Wasserstoffstrategie wollen wir konsequent umsetzen und weiterentwickeln. Grüner Wasserstoff bietet uns durch eine rein stoffliche Nutzung im industriellen Bereich viele effektive Möglichkeiten, fossile Rohstoffe zu ersetzen. Wir wollen Grünen Wasserstoff dort einsetzen, wo es sinnvoll ist und wo z.B. eine Elektrifizierung nicht möglich ist. Unser Ziel ist es, konsequent Einsatzgebiete mit hoher Gesamteffizienz zu fördern.

Fachkräfte

Die beschleunigte Energie- und Wärmewende in Hessen muss durch eine massive Ausbildungs- , Umschulungs- und Qualifizierungsoffensive für Fachkräfte gestützt werden, um qualifizierte Energieberatung sowie Einbau und Wartung technischer Anlagen zu gewährleisten. Insbesondere das Handwerk als wichtigster Akteur des konkreten „Machens“ wollen wir hierbei gezielt unterstützen.

Beteiligung

Durch attraktive Beteiligungsmodelle für Bürger:innen und Kommunen erhöhen wir die Akzeptanz sowie die Identifikation mit der Energie- und Wärmewende vor Ort. Deshalb wollen wir bestehende oder geplante Energiegenossenschaften sowie Bürgerbeteiligungsmodelle fördern.

Stromnetze

Für eine sichere und stabile Stromversorgung in ganz Hessen müssen korrespondierend zum massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien die Stromnetze ausgebaut werden. Grundsätzlich gilt: Energie wird am effizientesten dort verbraucht, wo sie produziert wird.

Beratung und Kampagnen

Die Beratungsangebote für Kommunen, Wirtschaft und Bürger:innen der Landesenergieagentur (LEA) Hessen, sowie regionaler Energieagenturen müssen deutlich ausgebaut werden. Getragen werden muss die Beratungsoffensive von einer massiven öffentlichen Informationskampagne, um die Menschen in Hessen für eine klimafreundliche, nicht-fossile Strom- und Wärmeerzeugung sowie Energieeffizienz zu begeistern. Eine umfassende Klimakommunikation ist hierfür entscheidend.