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17.01.2015
Landesarbeitsgemeinschaften, Parteirat

Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) fair und ausgewogen gestalten - GRÜNE Vorschläge für die weitere Diskussion

1. GRÜNE in Land und Kommunen arbeiten gemeinsam an dem Ziel, generationen- und bedarfsgerechte Haushalte zu verabschieden, um künftigen Generationen nicht immer neue Schulden zu hinterlassen. Dieser Kurs erfordert von Land und Kommunen erhebliche Anstrengungen. Obwohl die Steuereinnahmen auf Rekordniveau sind und das Volumen des KFA mit über vier Milliarden Euro im Jahr 2015 so hoch ist wie nie (zum Vergleich: 2009 waren es 3,3 Milliarden Euro), gelingt es bislang weder allen Kommunen noch dem Land, ihre Haushalte auszugleichen. Beide Seiten stehen vor der Notwendigkeit, teilweise harte Sparvorschläge umzusetzen. So haben im Jahr 2013 sowohl das Land als auch die Kommunen (inklusive der kommunalen Gesellschaften) jeweils eine Milliarde Euro neue Schulden aufgenommen (Zahlen für 2014 liegen für die kommunale Ebene noch nicht vor).
2. Land und Kommunen sitzen im selben Boot. Beide sind damit konfrontiert, dass die gesellschaftlichen Erwartungen an die öffentlichen Leistungen sowie Umfang und Qualität der zu erfüllenden Aufgaben in den vergangenen Jahren noch schneller gestiegen sind als die Steuereinnahmen. Beide sind darauf angewiesen, dass der Bund die Einnahmesituation aller öffentlichen Haushalte verbessert. Während dem Bund viele Möglichkeiten zur Einnahmeerhöhung durch Steuergestaltung zur Verfügung stehen hat das Land lediglich die Möglichkeit, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen und davon bereits Gebrauch gemacht. Vor der Bundestagswahl 2013 forderten SPD und GRÜNE gemeinsam Einnahmeverbesserungen im Bund, um die öffentlichen Aufgaben auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene besser erfüllen zu können. Die SPD hat in der großen Koalition in Berlin nichts davon umgesetzt. Die Zeche für die „Keine Steuererhöhungen“-Doktrin der Bundesregierung zahlen das Land und die Kommunen, vor allem aber Bürgerinnen und Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen. Denn Land und Kommunen können gar nicht anders, als zusätzlich zu Sparprogrammen auch Steuern und Abgaben zu erhöhen.
3. Mit den Vorschlägen zur Reform des KFA vollzieht die hessische Landesregierung bei der Finanzierung der hessischen Kommunen den Wechsel vom Verbundsystem zur
Bedarfsorientierung. Diesen Systemwechsel hat der Staatsgerichtshof in seinem so genannten Alsfeld-Urteil vom 21 Mai 2013 vorgegeben. In dem Urteil wurde festgestellt, dass die bisherige, jahrzehntelang geltende, Art der Berechnung des KFA aufgrund mangelnder Transparenz und fehlender sachlich nachvollziehbarer Begründungen gegen die Verfassung verstößt. Zur konkreten Höhe des KFA haben sich die Richterinnen und Richter ausdrücklich nicht geäußert. Sie haben sogar im Gegenteil festgestellt, dass der Systemwechsel auch zu einer geringeren Finanzzuweisung für die Kommunen führen könnte.
4. Die vom Finanzministerium vorgelegte Modellrechnung für das Jahr 2014 stellt den Inhalt und die Wirkung des Vorschlags für die Neuordnung des KFA auf die Finanzzuweisungen für jede der 447 hessischen Kommunen dar. Damit sind die vom Staatsgerichtshof geforderte Bedarfsermittlung und die Transparenz über die Berechnungsgrundlagen gegeben, die eine fachlich fundierte, kritische und konstruktive Auseinandersetzung mit der Finanzierung der hessischen Kommunen erlauben.
5. In dem Vorschlag für das neue Berechnungssystem wird das – ebenfalls vom Staatsgerichtshof betonte – Prinzip der interkommunalen Solidarität in Form der Abundanzumlage umgesetzt. Dieses Umverteilen von Finanzmitteln von Kommunen mit vergleichsweise guten Steuereinnahmen zur Unterstützung einnahmeschwacher Kommunen findet unsere Unterstützung – bei aller Notwendigkeit der Diskussion über die konkrete Ausgestaltung.  Auch ist die Stärkung der Mittelzentren im neuen KFA richtig. Sie entspricht dem Zentrale-OrtePrinzip in der Regionalplanung. Auch Mittelzentren stellen Angebote für das regionale Umfeld zur Verfügung und haben deshalb Anspruch auf eine höhere Finanzausstattung. Die Anhebung der Nivellierungssätze ist vom Grundgedanken ebenfalls ein wichtiger Schritt, um mehr Geld in das Finanzierungssystem der Kommunen zu bringen und Konkurrenz durch SteuerDumpingsätze zu verhindern. Die Nivellierungssätze für Realsteuern sind in Hessen seit zehn Jahren nicht mehr angepasst worden und liegen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.  Das neue KFA-System garantiert den Kommunen eine verlässliche, von Konjunkturschwankungen weitgehend unabhängige Finanzausstattung. Das Risiko schwankender Einnahmen wegen des unsicheren Steueraufkommens wird nahezu ausschließlich auf das Land verlagert.
6. Bei den von der GAK 2014 veranstalteten Regionalversammlungen im Frühsommer und den beiden Diskussionsrunden zum KFA am 13. September und am 15. November, den Runden der Landtagsfraktion mit unseren Kommunalen Hauptamtlichen und den Gesprächen in Grünen Kreisverbänden wurden der vorliegende Entwurf des neuen KFA-Modells ausführlich diskutiert und Vorschläge für die weitere Diskussion erarbeitet.
7. Der Parteirat begrüßt, dass die GRÜNEN Mitglieder der Koalitionsrunde und die GRÜNE Landtagsfraktion die Ergebnisse dieser Gespräche in die Beratungen zur konkreten Ausgestaltung des Gesetzes zur Neuordnung des KFA bereits eingebracht haben und weiter einbringen werden. Insbesondere in folgenden Punkten sieht der Parteirat die Notwendigkeit, gemeinsam mit dem Koalitionspartner CDU zu diskutieren und Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten, die keine neuen Ungleichgewichte erzeugen, sondern zu einem fairen Ausgleich führen, der der gestaffelten Regionalplanung Rechnung trägt:

  • Zeitliche Streckung oder Abfederung der Wirkung des neuen KFA, um den Kommunen mit verringerter Finanzzuweisung die Möglichkeit zu geben, sich auf die veränderten Bedingungen einzustellen.
  • Stärkere Berücksichtigung des Finanzbedarfs von Kommunen mit besonders hohen Lasten im sozialen Bereich oder im Bereich der Kinderbetreuung
  • Sicherung der kommunalen Investitionsfähigkeit: Die Überführung der Mittel aus den bisherigen Sonderzuweisungen für Investitionen in die allgemeinen Finanzzuweisungen darf nicht dazu führen, dass die Kommunen dringend notwendige und bereits geplante Investitionen nicht mehr durchführen können.
  • Die Wirkung der Neugestaltung des KFA für die Stadt Frankfurt soll gemildert werden.
  • Die Gesamtwirkung des neuen Systems auf die Finanzausstattung der Landkreise soll überprüft werden. Wegen des komplexen Zusammenspiels von KFA-Zuweisung, Kreis- und Schulumlage sowie ggf. Sonderstatusstädten im Kreisgebiet muss für alle Landkreise mit und ohne Sonderstatusstädte Klarheit über ihre künftige Finanzausstattung gewährleistet sein. Dabei müssen ungerechtfertigte Verschiebungen aus dem komplexen Zusammenspiel der einzelnen Faktoren vermieden werden.

8. Damit der KFA auch bei veränderten Rahmenbedingungen eine bedarfsgerechte Finanzierung der Kommunen leisten kann, müssen die Datengrundlage und die Verteilungsschlüssel erneut evaluiert und ggf. angepasst werden.
9. Mit der Vorlage eines konkreten Gesetzentwurfs zur Neuordnung des KFA durch die Landesregierung beginnt in den nächsten Wochen die Gesetzesberatung in Kabinett und Parlament, die voraussichtlich bis Mitte des Jahres andauern wird. Auch in diesem Zeitraum haben die Kommunen und ihre Spitzenverbände weiter Gelegenheit, Einfluss auf die Ausgestaltung des neuen KFA zu nehmen.
10. Die GRÜNEN Hessen werden die Entwicklung des neuen KFA weiter in einem intensiven Dialog mit der Landtagsfraktion begleiten. Der Parteirat fordert die Landtagsfraktion auf, die stetige Kommunikation mit den GRÜNEN Kreisverbänden, den Kommunalen Hauptamtlichen und allen interessierten Parteimitgliedern fortzusetzen, über neue Entwicklungen zu informieren und Anregungen aus der Partei in die parlamentarische Arbeit aufzunehmen.