Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg hat vollmundig die Reform der Bundeswehr angekündigt. Anschließend hat sich der CSU-Shootingstar in fast allen Punkten mindestens einmal widersprochen. Damit steht Minister zu Guttenberg in Klarheit und Transparenz noch hinter seinem Amtsvorgänger Franz-Josef Jung. In der Bundeswehr fühlen sich die Soldatinnen und Soldaten durch den Zick-Zack-Kurs der politischen Führung verunsichert. Das Gerangel um die Verkürzung und schließlich Aussetzung der Wehrpflicht steht dabei auch exemplarisch für das Vorgehen des Ministers.
Bislang orientiert sich die schwarz-gelbe Bundesregierung bei der Reform an Parteitags- und Landtagswahlterminen. Es ist nicht akzeptabel, dass Minister zu Guttenberg die Reform entlang von Wahlterminen plant und die demokratischen Gepflogenheiten der parlamentarischen Demokratie ignoriert. Die Reform der Streitkräfte ist dringend notwendig. Im März 2010 beschloss der Verteidigungsminister die Einsetzung einer Kommission zur Reform der Verteidigungsstrukturen. Kopf der Kommission war bezeichnenderweise der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise. Zwischenergebnisse der Weise-Kommission sind immer wieder durch Minister zu Guttenberg durchgestochen worden. Der Minister erschwerte durch sein andauerndes politisches Störfeuer und systematische Indiskretion die Arbeit der unabhängigen Kommission nachhaltig. Jetzt schließlich hat die Weise-Kommission ihre Reformvorschläge präsentiert und dem Verteidigungsministerium ein Armutszeugnis ausgestellt. Minister zu Guttenberg muss jetzt entschieden reagieren und die Streitkräfte-Reform mutig angehen.
In ganz Hessen hat die Bundeswehr Standorte.
Diese sind in der strategischen Wichtigkeit und der Größe verschieden. Klar ist: die Bundeswehr wird sich verkleinern und nicht mehr derart in der Fläche präsent sein, wie es noch heute der Fall ist. Es kann nicht sein, dass Bundeswehrstandorte unabhängig von fachlichen Erwägungen dort erhalten werden, wo Landesregierung oder Kommunalpolitiker am lautesten protestieren. Dort, wo die Bundeswehrstandorte aus fachlichen Gründen nicht sinnvoll sind, müssen diese geschlossen werden. Es ist nicht Aufgabe der Bundeswehr, in wirtschaftlich schwachen Regionen die Kaufkraft zu erhalten. Wir setzen uns allerdings mit Nachdruck dafür ein, dass die betroffenen Städte und Gemeinden nicht im Stich gelassen werden.
Die erste große Schließungswelle fand unter Verteidigungsminister Struck statt. Im Jahre 2004 wurde ein neues Stationierungskonzept verabschiedet, welches die Reduzierung von 497 auf 392 Standorte bis zum Jahr 2010 vorsah. Mit der Konversion der 105 Liegenschaften wurde die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) betraut. Aus der ersten Tranche der Kasernenschließung sind noch immer nicht alle Liegenschaften veräußert, schon sind neue Verkaufsobjekte zu erwarten.
Zu Guttenberg will sich bis Mitte 2011 Zeit lassen, ehe er ein neues Stationierungskonzept präsentiert. Schon wieder scheut sich die Bundesregierung, konkrete Maßnahmen vor anstehenden Wahlen zu benennen. Es kann kein Zufall sein, dass sich die CDU/CSU/FDP-geführte Regierung – wie auch vor der NRW-Wahl – um Entscheidungen drückt. Bündnis 90/Die Grünen in Hessen werden die Kommunen nach den Standortschließungen nicht alleine lassen. Gerade die Konversionsflächen müssen einen Teil der Belastungen für die Kommunen langfristig auffangen. Wir fordern daher ein generelles Mitbestimmungsrecht der Kommunen bei Veräußerungen durch die BImA. Dieser Letter of Intent oder Konversionsvereinbarung zwischen den Kommunen und der BIma muss sich an der „Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt“ orientieren.i 45 Über städtebauliche Verträge soll die BImA verpflichtet werden, grundsätzlich eine Kostenübernahmegarantie bei der Umwandlung der Liegenschaften gegenüber den Kommunen einzugehen. Gerade die Kommunen vor Ort sind es, die den direkten Bezug zur regionalen Wirtschaft haben; darin liegt ihre Stärke. Die BImA muss, anstatt als Zwangsversteigerer für den Bundeshaushalt, als Dienstleister der Städte und Gemeinden ausgerichtet werden. Wir kritisieren das momentan geübte Ausschlachten dieser Liegenschaften durch die BImA ohne Rücksicht auf zukünftige Nutzungen auf das Schärfste. Besonders kleine Kommunen mit relativ großen militärischen Liegenschaften haben ein großes Problem, diese Liegenschaften in eine zukunftsfähige Anschlussnutzung zu überführen. Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, dass die Kommunen angemessen von Städtebauprogrammen des Bundes profitieren, um diese Liegenschaften in sinnvolle Anschlussnutzungen überführen zu können. In diesem Zusammenhang weisen wir auch auf das in § 24 und § 25 BauGB festgehaltene allgemeine sowie besondere Vorkaufsrecht von Kommunen hin.
Konversionsflächen sind häufig von sehr unterschiedlicher Qualität. Die unterschiedlichen Wohnungsmärkte benötigen also für ihre Bevölkerungsstruktur angepasste Strategien. Auf dem Immobilienmarkt sind vor allem die Flächen mit guter Lage, Anbindung und nahe der Ballungszentren begehrt. Die BImA darf nicht mehr nur auf Veräußerungsgewinne achten, sondern muss sich um zukunftsfähige Entwicklungskonzepte für ihre Liegenschaften bemühen. Dies geht einher mit der Kommunalisierung der Flächen. Die Zeiten, in der eine Bundesanstalt die Veräußerungsstrategie über die Köpfe der Kommunen hinweg festgelegt hat, sind endgültig vorbei. Moderne Konversion bezieht die Bedürfnisse und Vorstellungen der lokalen Akteuren mit ein.