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12.03.2016
Landesarbeitsgemeinschaften, Parteirat

Fünfter Jahrestag von Fukushima

  1. Fünf Jahre nach Fukushima gedenken wir der Katastrophe und den Betroffenen. Das Beben und der darauf folgende Tsunami haben 16.000 Menschen ihr Leben gekostet, mehr als 2.500 werden immer noch immer vermisst. Auch der Super-GAU ist noch lange nicht bewältigt. Rund 60.000 Menschen leben auch fünf Jahre danach in Containerwohnungen. Weite Landstriche bleiben radioaktiv kontaminiert, radioaktiver Müll von abgetragener Erde sammelt sich in Bergen von Plastiksäcken. Noch immer tritt kontaminiertes Wasser unkontrolliert aus der Kraftwerksruine. Für die Lösung der Probleme hat die japanische Regierung kein tragfähiges Konzept. Obwohl die Folgen von Fukushima in der Region allgegenwärtig sind, stockt der begonnene Ausstieg aus der Atomenergie in Japan. Starke Lobby-Kräfte in Japan sowie die Regierung treiben den Prozess des Verdrängens und Verharmlosens voran. Der Atomausstieg Japans ist wieder in weite Ferne gerückt.
  2. Die Tragödie von Fukushima hat endlich die Wende in der Energiepolitik in Deutschland eingeleitet, für die wir so lange zusammen mit vielen Initiativen und Akteuren gekämpft haben. CDU und FDP konnten sich nicht länger gegen die Mehrheit der Bevölkerung stellen und mussten ihre Aufkündigung des rot-grünen Atomkonsenses rückgängig machen. Trotz aller berechtigter Diskussionen, die es aufgrund der Klagen der Atomkonzerne über die Umsetzung des dann erfolgten Atomausstiegs in Deutschland gibt, war und bleibt diese Entscheidung richtig. Der Atomausstieg bis 2022 ist beschlossen. Gleichzeitig gilt: Der größte Fehler der damals politisch Verantwortlichen lag in der Aufkündigung des rot-grünen Atomkonsenses. Denn dieser war nicht nur energiepolitisch richtig, sondern auch rechtssicher.
  3. Die Probleme, die die jahrzehntelange Nutzung der Atomenergie in Deutschland nach sich zieht, sind noch lange nicht gelöst. Die Endlagerfrage und die Finanzierung des Kraftwerkrückbaus sind weiterhin offene Fragen. Es droht, dass der Steuerzahler anstelle der Kraftwerksbetreiber in Haftung genommen wird. Es ist die Ironie der Geschichte, dass gerade wir Grüne, die wir von Beginn an gegen die Atomkraft gekämpft haben, uns jetzt am Stärksten bei der Beseitigung ihrer Folgen zum Wohle der nachfolgenden Generationen engagieren. So arbeitet unsere Umweltministerin Priska Hinz in der Kommission der Bundesregierung für die Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe intensiv an der Endlagersuche mit. Wir stellen uns der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung. Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, dass bei der Finanzierung von Rückbau und Endlagerung das Verursacherprinzip gilt und diese Prozesse zügig und mit höchsten Anforderungen an die Sicherheit umgesetzt werden.
  4. Mit dem Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland haben wir unser Ziel noch lange nicht erreicht. Bereits der Blick auf unsere europäischen Nachbarn gibt Anlass zur Besorgnis. In Belgien bröckeln marode Atommeiler wie in Tihange vor sich hin und in Frankreich sorgt ein vertuschter gravierender Störfall im grenznahen Atomkraftwerk Fessenheim für Schlagzeilen. Wir kämpfen weiterhin für den Ausstieg aus der Atomenergie und den Klimaschutz in ganz Europa und weltweit. Wir sind uns unserer Vorbildfunktion bewusst. Andere Länder werden Deutschlands Atomausstieg nur folgen, wenn die Energiewende hier nicht nur gelingt, sondern sie auch ökonomisch ein Erfolg ist. Die Energiewende braucht langen Atem, ein grünes Konzept und unsere Beharrlichkeit. Überall, wo Grüne mitregieren, ist die Energiewende ein Kernthema, sowohl in den Kommunen vor Ort als auch in den grün-mitregierten Bundesländern.
  5. Die Stilllegung der letzten deutschen Atomreaktoren bis 2022 muss einhergehen mit einem konsequenten Ausbau der Erneuerbaren Energien und der deutlichen Steigerung der Energieeffizienz. Hessen kann Erfolge beim Windkraftausbau vorweisen. Im Ländervergleich konnten wir trotz des rückläufigen Bundestrends seit Amtsantritt von Energieminister Tarek Al-Wazir zwei Plätze aufholen. In der Energieagenda hat Hessen wichtige Eckpunkte für die deutliche Steigerung der Energieeffizienz und eine ganzheitliche Energiewende mit Plan markiert. Aktuell wird unter Beteiligung vieler wichtiger gesellschaftlicher Akteure ein Klimaschutzkonzept für das Land Hessen erarbeitet. Unser ambitioniertes Ziel ist es, in dieser Legislaturperiode den Anteil der Erneuerbaren Energien in der Stromversorgung zu verdoppeln und bis 2050 in Hessen komplett auf saubere Energie umzusteigen. Die Richtung stimmt, das Tempo ist erhöht, aber es bleibt viel zu tun.
  6. Alleine, ohne gute Rahmenbedingungen auf Bundesebene, kann Hessen die Energiewende nicht stemmen. Derzeit droht die Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) durch die Bundesregierung Hessen bei der Erreichung unserer Ziele auszubremsen. Unsere regionalen Windkraftstandorte sollen nach aktuellen Plänen deutlich abgewertet werden. Kleine und regionale Akteure werden beim Ausschreibungsmodell benachteiligt. Dabei bringt gerade eine möglichst dezentrale Energiewende regionale Wertschöpfung und mehr Kosteneffizienz, weil sie den Bedarf an Netzausbau verringert und den Wettbewerb auf dem Markt belebt. Wir stehen prinzipiell hinter den Leitgedanken der Reform des EEG, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien kosteneffizient voranzubringen. Der aktuelle Entwurf schießt aber weit über das Ziel hinaus und würde am Ende die dezentrale Energiewende und den Wettbewerb durch eine große Akteursvielfalt behindern. Die Bundesregierung muss hier wie auch bei der Förderung der Kohlekraft dringend umsteuern.