Im Mittelpunkt grüner Politik steht der Mensch mit seinen eigenen Rechten, dazu gehört auch ein individueller Anspruch auf Teilhabe in der Gesellschaft. Dies gilt für alle Menschen, selbstverständlich auch für Menschen mit Behinderung.
Der Landeswohlfahrtsverband (LWV) ist in Hessen der überörtlicher Träger der Eingliederungshilfe. Über viele Jahre konnten wir Grüne die Politik des LWV konstruktiv mitgestalten und für Menschen mit Behinderung individuelle Hilfen und Unterstützung umsetzen.
Mit großer Sorge müssen wir aktuell feststellen, dass sich unter der neuen Mehrheit im LWV eine Politik zu Lasten der Menschen mit Behinderung anbahnt, indem nicht mehr von den Bedürfnissen der individuellen Person, sondern zuallererst von der Finanzlage der Kommunen ausgegangen wird.
Gegen eine rationale Verwendung stets knapper Finanzmittel spricht nichts – etwa durch Reduzierung von Bürokratie – aber für uns Grüne ist keine Politik akzeptabel, die den Menschen mit Behinderung aus dem Zentrum der Aufgaben entfernt, die personenzentrierten und individuellen Assistenzen, die Teilhabe ermöglichen, aufgibt und Standards absenkt.
Deshalb fordern wir die neue Mehrheit im LWV auf, die über Jahre entwickelte und erfolgreiche, auf die Bedürfnisse der einzelnen Person bezogene Politik weiterzuverfolgen – eine individuelle Assistenz
muss nachhaltig sichergestellt bleiben. Dieser bislang erfolgreiche Weg des LWV ist unter anderem daran erkennbar, dass rund 2/3 der Menschen mit Behinderung im ambulanten Wohnen leben können.
Die Landes- sowie die Bundesregierung werden deshalb aufgefordert, die notwendigen finanziellen Mittel für eine personenzentrierte Eingliederungshilfe bereitzustellen.
Auch die kommunale Ebene ist aufgefordert, mehr Unterstützung für den Aufbau und die Gestaltung des inklusiven Sozialraums in ihren Regionen zu leisten und Barrieren in öffentlichen Räumen zu beseitigen.
Die Belange von Menschen mit Behinderung gilt es in allen Bereichen der Daseinsvorsorge zu berücksichtigen.
Auf Betreiben der SPD und Duldung durch FDP und FW wurden die Grünen aus der Koalition im LWV gedrängt, statt dessen die CDU ins Boot geholt. Hauptargument der SPD war, dass mit den Grünen nicht genügend gespart werden kann.
Auch der neue Koalitionsvertrag von CDU/SPD/FDP/FW spiegelt diesen Wechsel der Sichtweise wieder – weg von dem Blick auf den Menschen, der Unterstützung braucht – hin zu den leeren Kassen der Kommunen.
So wurden in Hessen z.B. Leistungserbringer durch den LWV zur Quadratur des Kreises aufgefordert: sie sollen pauschal bis zu 10% ihrer Kosten einsparen, ohne die Leistungen zu reduzieren. Dass diese Rechnung nicht funktioniert, haben Betroffene längst erkannt und demonstrieren unter anderem in Kassel gegen drohende Leistungskürzungen.
Gleichzeitig sieht die Landesregierung keinerlei Handlungsbedarf, um die Finanzierung des LWV zu verbessern und antwortet auf unsere Anfrage im Landtag, es lägen keine Anhaltspunkte vor, die eine Änderung der Finanzstruktur notwendig erscheinen ließen.
Die in der Debatte stehenden Kostensteigerungen sind verursacht durch den Anstieg der zu betreuenden Personen, die erheblichen Personal- und Tarifsteigerungen der vergangenen Jahre sowie den vermehrten Bedarf der Klienten. Wenn jetzt wie vorgesehen im Zukunftssicherungskonzept die Entgelte zugunsten des LWV gekürzt werden, führt dies zu einer Kürzung der Leistungen gegenüber den Betroffenen. Die nunmehr von der Landesdirektorin vorgeschlagenen Sparmaßnahmen werden am Ende zu einer Reduzierung der Assistenzstandards und einer Absenkung der Qualität führen. Der Rechtsanspruch des Individuums als ein gesetzlicher Anspruch auf leistungsgerechte Unterstützung bleibt hierbei auf der Strecke.