Inhalt

17.11.2010

Ursula Hammann: Einzelplan 09 – Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Haushaltsrede vor fast genau einem Jahr hatte ich damit begonnen, dass eine Schwalbe noch keinen Sommer mache und der Austausch eines hessischen Umweltministers – damals war es Herr Dietzel – durch Frau Lautenschläger noch keine neue Umweltpolitik bringe.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das stimmt jetzt wieder!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Situation haben wir erneut. Ich kann ohne Abstriche das, was ich damals gesagt habe, wieder sagen. Wir haben zwar eine neue Umweltministerin, aber noch lange keine neue fortschrittliche Umweltpolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU)

Das findet sich auch im Haushaltsplan 2011 fiskalisch wieder. Wir vermissen eine eindeutige fortschrittliche Handschrift für den Umweltbereich.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Wer über Klimaschutz redet, wer sich als Landesregierung ein Ziel steckt, 20 Prozent erneuerbare Energie bis zum Jahre 2020 zu haben, der muss auch die notwendigen Investitionen im Haushaltsplan 2011 absichern. Wir stellen fest, dass die notwendigen Antworten fiskalisch nicht in diesem Haushaltsplan wiederzufinden sind. Wo sind denn die notwendigen Impulse für eine nachhaltige Klimaschutz- und Energiepolitik? Oder wo sind die finanziellen Mittel für die Biodiversitätsstrategie? Auch das hatten wir in der kursorischen Lesung nachgefragt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist doch Fakt, dass wir bis heute in Hessen weder ein Energiekonzept noch eine Biodiversitätsstrategie haben. Sie sollten sich schämen. Wir haben das Jahr der Biodiversität, und immer noch gibt es von Ihnen kein Konzept, wie diese Strategie in Hessen umgesetzt werden soll.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ländervergleich hinken wir doch weit hinter anderen Bundesländern hinterher. Wir haben das Problem, dass wir die Spitzenposition, die wir einmal hatten, schon längst verloren haben. Es gibt hier keinerlei Initiativen im Bereich der erneuerbaren Energien, um die Windenergie zu unterstützen, um dafür zu werben, weil sie eine gute, umweltfreundliche Energiequelle ist. Diese Unterstützung fehlt in dieser Landesregierung.

Meine Damen und Herren, da, wo die Kommunen eigenständig erneuerbare Energien ausbauen wollen – diese Diskussion hatten wir gestern mit der Streichung des § 81 Abs. 2 der Hessischen Bauordnung –, schieben Sie den Kommunen noch den Riegel vor. Sie wollen nicht zulassen, dass die Kommunen vor Ort in ihrer Verantwortung entscheiden, wo erneuerbare Energien auf den Weg gebracht werden können.

Meine Damen und Herren, das kritisieren wir erneut an dieser Stelle. Das hat auch etwas mit dem Haushalt zu tun, denn Sie können nicht auf der einen Seite sagen, wir wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien, und wir unterstützen eine positive Klimaschutzpolitik. Auf der anderen Seite handeln Sie durch Nichtstun, und – noch viel schlimmer – Sie behindern die Kommunen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Ich möchte noch ein weiteres Beispiel nennen, weil das von Herrn Stephan angesprochen wurde. Es gibt einen Bereich, in dem die Mittel deutlich erhöht wurden. Das ist der Bereich der Biomasse. Biogasanlagen – wohin soll die Wärme, wenn sie in der Hessischen Bauordnung den Kommunen die Satzungsmöglichkeit nehmen, Nachwärmenetze und die Abnahme von Wärme für Neubaugebiete festzuschreiben, wenn es denn kein Passivhausbaugebiet ist?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das verhindern Sie durch Ihre Gesetzesänderung, die wir gestern besprochen haben. Dann nützt Ihnen die Förderungsmaßnahme nichts, wenn am Ende keine Umsetzung erfolgen kann. Offensichtlich wissen Sie in dieser Frage nicht, was Sie wirklich wollen. Wir müssen erkennen, dass diese Landesregierung außer viel Reden und wenig Tun oftmals noch das Falsche tut.

Nehmen wir das Beispiel Umweltallianz. Auch das wurde angesprochen. Es haben sich ganz viele Unternehmen zusammengetan. Die wollen mehr für den Umweltschutz tun. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder gesagt, es muss auch messbar sein. Es kann nicht sein, dass man einfach sagt: „Ja, wir wollen mitmachen“, ohne dass man am Ende ein Resultat feststellen kann.

Ich habe aus diesem Grund eine Anfrage an die Landesregierung gestellt und habe nachgefragt, was es im Hinblick auf Reduktion von Klimaschadgasen heißt. Gibt es eine Evaluation? Gibt es eine Feststellung dessen, was wirklich reduziert wurde? Ich kann Ihnen sagen, in der Antwort der Landesregierung stand ein ganz klares Nein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das Projekt der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes „100 Unternehmen für den Klimaschutz“ erweist sich offensichtlich als Fehlplanung. Schauen Sie einmal, wie viel Unternehmen sich an diesem Projekt beteiligen. Es sind mittlerweile gerade einmal 42 Unternehmen, die sich beteiligen.

Die Bemühungen der Landesregierung laufen ins Leere, wenn eine unzureichende Unterstützung und Werbung für dieses Produkt erfolgt. Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie Projekte auf den Weg bringen, aber die Projekte nicht so unterstützen, dass die Unternehmen auch bereit sind, daran teilzunehmen. Es fehlt offensichtlich der notwendige Wille.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ganz klar: Wer eine Politik betreibt, die auf den Weiterbetrieb alter risikoreicher Atomkraftwerke aufbaut, der eine Politik betreibt, die den Neubau eines klimaschädlichen Kohlekraftwerks von E.ON in Großkrotzenburg unterstützt, der hat immer noch nicht kapiert, was eine nachhaltige Umweltpolitik bedeutet.

Im Gegensatz zu Ihnen haben wir unsere Vorstellungen mit entsprechenden Konzepten untermauert und haben dazu Anträge in den Haushalt eingebracht. Wir haben zwei wichtige Ziele im Klimaschutz und im Energiebereich. Das heißt, wir wollen 40 Prozent der Klimaschadgase einsparen – sprich: Kohlendioxid –, und wir wollen eine Energieversorgung im Strombereich durch erneuerbare Energien zu 100 Prozent bis zum Jahre 2030.

Für den gesamten Umweltbereich inklusive Verkehr und nachhaltige Entwicklung wollen wir daher die Ansätze um insgesamt rund 75 Millionen Euro erhöhen. Wir haben ein Konzept der Schuldenbremse. Uns ist aber auch klar, es gibt drei Bereiche, in denen weiter investiert werden muss. Das ist einmal der Umweltbereich, das ist der Sozialbereich, und das ist der Bildungsbereich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir nehmen die Schuldenbremse sehr ernst. Aber wir wissen auch, dass es Bereiche gibt, die nicht unter dem Dekret der Einsparung stehen dürfen, da in die Zukunft hinein investiert werden muss.

Deswegen wollen wir mit unseren Haushaltsanträgen darstellen, wie das geschehen soll.

Wir wollen, dass endlich eine Zukunfts-, Energie- und Klimaschutzagentur im Lande Hessen eingerichtet wird, die sich dieses Problems annimmt, konkrete Umsetzungsschritte vorschlägt und versucht, das Ganze mitzubegleiten und am Ende auch umzusetzen.

Wir wollen einen Energieeffizienzfonds. Es gibt zahlreiche Untersuchungen darüber, welche positiven Wirkungen ein solcher Energieeffizienzfonds hat. Auch hier im Lande Hessen brauchen wir ein solches Instrument, und wir sind bereit, dafür Mittel einzustellen.

Meine Damen und Herren, weiterhin brauchen wir eine Positivkampagne für die Windenergie. Wer viele Jahre lang feststellen muss, dass gerade diese Erzeugungsart im Lande Hessen verteufelt wird, der muss wissen, hier besteht Nachholbedarf. Dann muss man auch Mittel in die Hand nehmen und sagen, wir machen eine Positivkampagne, gerade für die Windenergie.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Meine Damen und Herren, aber auch für die Solarenergie muss die Unterstützung des Landes weitergehen. Ich sage ganz deutlich: Gerade hier ist das Land als Vorbild gefordert. In den landeseigenen Liegenschaften muss Solarenergie eingesetzt werden. Und nochmals der Hinweis zur Marburger Solarsatzung: Auch dort dürfen Sie keinen Riegel vorschieben.

Meine Damen und Herren, die Verantwortung für den Natur- und den Verbraucherschutz nehmen wir ebenso ernst wie die Stärkung einer gentechnikfreien und klimafreundlichen Landwirtschaft. Deshalb wollen wir auch die Mittel für die Entwicklung und die Umsetzung von Strategien zur Erhaltung der Artenvielfalt erhöhen, ebenso die Mittel für die NATURA 2000. Aufgrund des neuesten Waldzustandsberichts sind wir in unserer Auffassung bestärkt, dass gerade im Rhein-Main-Gebiet mehr Mittel zur Sanierung der Wälder zur Verfügung gestellt werden müssen.

Es soll eine Landesstiftung hessischer Tierschutz geben. Wir wollen die Tierheime unterstützen, die sich in schwierigen finanziellen Situationen befinden. Wir wollen die steigenden Anforderungen an die Verbraucherberatung sowie an die Ämter für Verbraucherschutz kompensieren und dort eine Verbesserung der Finanzausstattung herbeiführen. Auch hier wollen wir die Ansätze deutlich erhöhen, gerade weil die Mittel auch in unser Smiley-Projekt fließen sollen. Denn mit dieser Smiley-Plakette sollen Betriebe in der Lebensmittelbranche ausgezeichnet werden, die sich mit besonderer Hygiene und korrekter Kennzeichnung hervortun wollen.

Im Gegensatz zu Ihnen setzen wir auf eine gentechnikfreie und klimafreundliche Landwirtschaft. Daher wollen wir eine Informationskampagne für das Ohne-Gentechnik-Siegel auf den Weg bringen und zum anderen den ökologischen Landbau als die klimaschonendste Anbauweise unterstützen. Schulen und Kitas sollen mit regional-ökologisch und gentechnikfrei erzeugten Lebensmitteln sowie mit frischem Schulobst versorgt werden.

Meine Damen und Herren, unsere Änderungsanträge zeigen nicht nur wichtige Handlungsfelder auf, sondern sind auch ordnungsgemäß gegenfinanziert. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Schönen Dank, Frau Kollegin Hammann.