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29.01.2013
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir: Regierungserklärung „Hessische Wachstumspolitik: Zukunft erfolgreich gestalten“

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Arnold, wer die nächste Wahl gewinnt, entscheiden nicht Sie, sondern die Wählerinnen und Wähler. Das ist auch gut so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Sie haben gesagt: Das geht nur mit Schwarz-Gelb und nicht mit Rot-Grün. – Da haben Sie recht: Die letzten fünf Landtagswahlen in Folge zu verlieren, das ging nur mit Schwarz-Gelb und nicht mit Rot-Grün.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Da Volker Bouffier die Sehnsucht hat, sich bei Jürgen Rüttgers, Dieter Althaus, Peter Harry Carstensen und David McAllister einzureihen, wünsche ich gute Verrichtung.

(Zuruf)

Sie, die Mitglieder der Union, müssen sich einfach entscheiden, ob Sie sich an diese untergehende FDP klammern wollen oder nicht. Aber das ist Ihr Problem, nicht unseres.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Unser Problem ist, dass wir hier eine saft- und kraftlose sowie blutleere Regierungserklärung des Wirtschaftsministers erlebt haben, wie sie der Hessische Landtag selten erlebt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Zurufe des Abg. Peter Beuth (CDU) sowie weitere Zurufe)

– Warum sind Sie denn so aufgeregt? Ich habe der Regierungserklärung des Wirtschaftsministers 31 Minuten lang ohne einen Zwischenruf zugehört.

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Er hat nur leider nichts gesagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heinz Lotz (SPD) und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Angeblich soll es zu Holger Börners Zeiten Legislaturperioden gegeben haben, in denen es während der vier Jahre genau eine Regierungserklärung gab, nämlich am Anfang der Wahlperiode, wenn die Regierung ihr Arbeitsprogramm vorgestellt hat.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Dann haben sie vier Jahre lang daran gearbeitet, das, was sie am Anfang der Wahlperiode angekündigt haben, in die Realität und in praktische Politik umzusetzen.

(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))

Das ist lange her. Seit Roland Koch und Dirk Metz gilt: Jeden Monat und jede Landtagssitzungsrunde gibt es eine Regierungserklärung. – Leider verhält es sich allerdings umgekehrt proportional zu Holger Börners Zeiten. Sie geben jetzt ganz viele Regierungserklärungen ab. Aber Sie setzen überhaupt nichts mehr in praktische Politik um. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das ist aber Ihr Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle schlicht fest: Selten hat der Hessische Landtag eine solche Ansammlung und Aneinanderreihung von Sprechblasen erlebt, wie es heute während der Regierungserklärung des Wirtschaftsministers der Fall war.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wir haben eine Regierungserklärung erlebt, bei der von der Regierung keine einzige neue Maßnahme angekündigt wurde. Wir haben eine Regierungserklärung erlebt, bei der von der Regierung kein einziges wirkliches Problem der hessischen Wirtschaftspolitik angesprochen wurde. Wir haben eine Regierungserklärung erlebt, in der der Wirtschafts- und Verkehrsminister kein einziges Verkehrsproblem des Ballungsraums Rhein-Main angesprochen hat. Er hat erst recht keine Lösungsvorschläge präsentiert.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben eine Regierungserklärung erlebt, die trotzdem tief blicken ließ. Sie haben gezeigt, dass Sie von der Realität im Niedriglohnbereich dieser Gesellschaft keine Ahnung haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich komme jetzt zu der Frage: Was geht mit Schwarz-Gelb und nicht mit Rot-Grün? – Wir hatten vorletzten Sonntag die Landtagswahl in Niedersachsen. Die FDP hat dort den Wirtschaftsminister gestellt. Es war also dort genauso, wie es hier ist. Sie hat laut einer Umfrage von Infratest dimap bei gerade einmal 3 Prozent der Niedersachsen so etwas wie eine Kompetenzzuschreibung in der Wirtschaftspolitik gehabt.

Jetzt muss man sagen: In Hessen ist sie ein bisschen besser. Immerhin 4 Prozent der Hessen sagen, die FDP habe Wirtschaftskompetenz. – Herr Rentsch, die sollten sich alle einmal Ihre Regierungserklärung anschauen, dann würde sich diese Zahl halbieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Deutlicher als heute kann man es nicht zeigen. Das hat sogar Volker Bouffier gemerkt. Während der Rede von Florian Rentsch ist er aufgestanden und hat in den Reihen der CDU-Fraktion Anweisungen gegeben, was jetzt gesagt werden soll. Deutlicher als heute kann man nicht zeigen, dass wir eine erschöpfte und verbrauchte Landesregierung in Hessen haben, die für die Zukunft keinerlei Vorstellungen mehr hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Arnold, wissen Sie, es ist wunderbar, dass Sie Geschichten aus der Zeit erzählt haben, als noch Mark und Pfennig galten. Es ist auch toll, dass Sie hier immer wieder Geschichten aus dem letzten Jahrhundert vortragen. Wissen Sie, wer sich nur noch darin gefällt, die eigene Asche zu bewahren, aber nicht mehr in der Lage ist, irgendein neues Feuer anzuzünden, wird abgewählt, und zwar unabhängig davon, welcher Wahltag es ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Arnold, ich fand es spannend, dass Sie ganz wenig über das geredet haben, was die CDU eigentlich will. Sie haben ganz viel über das geredet, was die GRÜNEN angeblich wollen.

(Zuruf von der CDU)

Wenn Sie selbst so wenig zu bieten haben, dass Ihr letzter Strohhalm nach etwa 15 Jahren Regierung der ist, Angst vor den anderen zu machen, dann kann ich Ihnen sagen: Das wird am Ende nicht funktionieren. Das merken die Leute.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU – Weiterer Zuruf von der CDU)

Deswegen möchte ich Ihnen ein paar Fakten präsentieren, die manche von Ihnen vielleicht verwundern werden, die aus meiner Sicht aber klarmachen, warum wir in Hessen dringend einen Neuanfang brauchen.

Fangen wir einmal mit der Beschäftigung an. Es gibt in Hessen so viele Arbeitsplätze wie noch nie. Das stimmt.

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

– Herr Beuth, freuen Sie sich nicht zu früh. Das ist auch kein Kunststück. Denn es gibt in der Bundesrepublik Deutschland so viele Arbeitsplätze wie noch nie.

(Zurufe von der CDU)

Es wäre schlimm, wenn sich Hessen in der Situation, in der in Deutschland Beschäftigungsrekorde erzielt werden, von diesem Trend auch noch abgekoppelt hätte.

(Weitere Zurufe von der CDU)

Die Frage, ob wir in Hessen gut oder schlecht dastehen, hat also etwas mit der Frage zu tun, ob wir uns über- oder unterdurchschnittlich entwickelt haben. Genau das ist die spannende Frage.

Schauen wir doch einmal nach 14 Jahren Schwarz-Gelb, wo wir stehen. Roland Koch hat 1999 den Satz geprägt:

Hessen soll ein Land des Südens werden.

Er meinte damit, dass wir uns in Zukunft an Bayern und Baden-Württemberg messen sollen. Machen wir das einmal.

Im Ergebnis stellen wir fest, dass es in Bayern seit Januar 2000 einen Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in Höhe von 11,9 Prozent gegeben hat. Herr Beuth, Achtung: In Rheinland-Pfalz hat es einen Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in Höhe von 7,9 Prozent gegeben.

(Zurufe von der CDU)

In Baden-Württemberg hat es einen Zuwachs von 7,2 Prozent gegeben. Der westdeutsche Durchschnitt beträgt 7,1 Prozent. Hessen hat seit dem Jahr 2000 einen Zuwachs von sage und schreibe 4,6 Prozent in zwölf Jahren erzielt.

(Der Redner hält eine Statistik hoch.)

Ich kann Ihnen das einmal zeigen. Im Jahr 2000 waren alle gleich. Das ist 100. Da ist Bayern. Da ist Rheinland-Pfalz. Das ist Baden-Württemberg. Hier ist Hessen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dafür wollen Sie sich ernsthaft feiern lassen? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben uns schlichtweg abgehängt. Früher galt einmal: „Hessen vorn“. – Unter Schwarz-Gelb gilt leider: Hessen hinten.

Das Verrückte daran ist, dass die Regierung und ihr Wirtschaftsminister so wenig Ahnung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt haben, dass sie das noch nicht einmal merken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das korrespondiert natürlich mit den Arbeitslosenzahlen. Ja, wir freuen uns darüber, dass die Arbeitslosenzahlen sinken. Darüber freuen wir uns.

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU) – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten – Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Wir freuen uns darüber, dass sie auch in Hessen sinken. Ob wir allerdings gut oder schlecht dastehen, wird erst klar, wenn man uns vergleicht, und zwar mit den uns umgebenden Ländern. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da stellen wir fest: Die hessische Arbeitslosenquote beträgt 5,7 Prozent, Bayern hat 3,7 Prozent, Baden-Württemberg hat 3,9 Prozent, und – gut für Rheinland-Pfalz, ziemlich peinlich für Hessen –: seitdem CDU und FDP in Hessen regieren, hat uns Rheinland-Pfalz auch hier überholt. Dort beträgt die Arbeitslosenquote nur 5,3 Prozent.

Früher galt: Hessen vorn. Seitdem Schwarz-Gelb regiert, hat uns das früher hochnäsig belächelte Rheinland-Pfalz überholt. Die Bilanz nach 14 Jahren Schwarz-Gelb ist: Hessen hinten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu rot-grünen Zeiten hätten wir uns für solche Zahlen geschämt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Lachen und lebhafte Zurufe bei der CDU)

Die spannende Frage ist aber doch – Stichwort: Zuwachs an Arbeitsplätzen –:

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Was ist denn da auf dem Arbeitsmarkt los? Herr Rentsch, in diesem Zusammenhang will ich Ihnen noch einmal sagen: Sie haben keine Ahnung davon, was im Niedriglohnbereich dieser Gesellschaft los ist. In Hessen haben wir 290.000 erwerbsfähige Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Das sind zwar die Zahlen von 2011, denn die aus dem Jahr 2012 liegen noch nicht vor, aber da müsste Ihnen schon auffallen: Wenn man 290.000 Erwerbsfähige im ALG-II hat, die offizielle Arbeitslosenquote aber nur 170.000 Erwerbslose beträgt, dass da irgendetwas nicht stimmt.

Die Antwort ist relativ einfach. Von diesen 290.000 haben wir alleine 80.000, die zwar erwerbstätig sind – davon sind sogar 20.000 in Vollzeit sozialversicherungspflichtig tätig, 16.000 in Teilzeit, 43.000 in Minijobs; das sind die Zahlen von 2011, die Tendenz ist eher steigend; das bedeutet: fast 40.000 ALG-II-Empfänger in Hessen sind sozialversicherungspflichtig tätig –, die aber trotzdem nicht genug Geld haben, um von ihrer eigenen Hände Arbeit leben zu können, und am Ende des Monats müssen sie zum Jobcenter gehen, um Stütze zu beantragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für solche Zahlen kann sich ein verantwortlicher Wirtschaftsminister nicht feiern lassen, sondern er müsste eine Antwort darauf haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Deswegen sage ich Ihnen: Aus meiner Sicht sind diese Zahlen ein wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Skandal. Sie bedeuten: Wir brauchen in diesem Land endlich einen Mindestlohn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was aber ist die Antwort von Florian Rentsch darauf? Am letzten Wochenende sagte er wörtlich: Die Union muss wissen, dass sie einen Mindestlohn in der Koalition mit der FDP nicht umsetzen kann.

(Zuruf des Ministers Florian Rentsch)

Dann setzt er noch einen drauf: Man merkt bei der Union, dass die Wirtschaftskompetenz, gerade nach dem Weggang von Roland Koch und Friedrich Merz, nicht mehr vorhanden ist.

Deswegen frage ich einmal die Union, die Partei Ludwig Ehrhards.

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Das Aufstiegsversprechen der alten Bundesrepublik war: Aufstieg durch Leistung ist möglich. Aber für fast 80.000 Menschen in diesem Land gilt: Sie leisten etwas, sie arbeiten, aber der Aufstieg ist für sie nicht möglich, sondern sie müssen wegen der Hungerlöhne am Ende des Monats zum Sozialamt gehen – das jetzt „Jobcenter“ heißt. Deswegen die Frage an die Union: Sind Sie nicht auch der Meinung, dass das unsere Gesellschaft in ihren Grundfesten erschüttert? Sind Sie eigentlich nicht auch der Meinung, dass das auf die Dauer für den Zusammenhalt dieser Gesellschaft und als Antwort auf die Frage, ob sich Leistung lohnt, eine Katastrophe ist?

Deswegen frage ich Sie: Wie lange wollen Sie eigentlich an dem falschen Weg festhalten und sich noch von dieser FDP am Nasenring durch die politische Arena ziehen lassen? Diese Frage müssen Sie beantworten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen stellen wir fest: Schwarz-Gelb setzt keinen Rahmen für den Arbeitsmarkt. Deshalb sind Sie maßgeblich für die inakzeptablen Zustände im Niedriglohnbereich verantwortlich. Die Arbeitsmarktsituation in Hessen ist im Vergleich mit unseren Nachbarbundesländern nicht gut, sondern ziemlich schlecht. Herr Arnold, in Ihrer Wirtschaftspolitik haben Sie immer nur auf Beton gesetzt, fast nie auf Kreativität. Wenn man sich diese Sprechblasen einmal anschaut, die in dieser Regierungserklärung aneinandergereiht wurden, dann steht da drin: Die Wirtschaftspolitik von Schwarz-Gelb besteht eigentlich nur aus Autobahnen und Flughäfen.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Also: A 44, A 49, Kassel-Calden, Nordwestbahn am Frankfurter Flughafen – und dann kommt noch so ein bisschen Finanzplatz dahinter.

Sie schüren ja so eine Angst vor Rot-Grün. Deswegen sage ich Ihnen einmal etwas zur Realität. Ich stelle fest: In 14 Jahren wurde von der A 49 kein weiterer Meter fertigebaut, und zwar seit dem 7. April 1999.

(Zuruf des Ministers Florian Rentsch)

– Das ist kein Schwachsinn. Gehen Sie doch einmal zu dem von Ihnen selbst genannten qualifizierten Abschluss nach Bischhausen, das liegt in der Gemeinde Neuental im Schwalm-Eder-Kreis, und schauen Sie sich das einmal an.

(Weitere Zurufe des Ministers Florian Rentsch)

Von der A 44 sind seit dem 7. April 1999, nämlich seit dem Regierungswechsel, exakt 4,3 km gebaut worden.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Herr Arnold, wissen Sie, besser hätten wir den Autobahnbau auch nicht blockieren können, als Sie ihn nicht hinbekommen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das stimmt! – Zuruf des Ministers Florian Rentsch)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Ich darf darum bitten, dass von der Regierungsbank keine Bemerkungen getätigt werden.

Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Das bekommen vielleicht die Leute, die Gäste auf der Zuschauertribüne nicht mit: Offensichtlich steckt in dem, was ich hier sage, so viel Wahrheit, dass Florian Rentsch seit zehn Minuten ständig dazwischen brabbelt.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Herr Wirtschaftsminister, ich kann nichts dafür, dass Sie vorher in Ihren 31 Minuten Redezeit nichts gesagt haben und Ihnen das erst jetzt auffällt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Der Flughafen Kassel-Calden hat seine Kosten „nur“ fast verdoppelt: Es war einmal von 150 Millionen Euro die Rede, jetzt sind wir bei 270 Millionen Euro. Schauen wir einmal, was in der Endabrechnung steht.

Das Problem ist: Das Ding wird zwar fertig, zu doppelten Kosten, aber bis heute ist keinerlei vernünftiger Flugplan erkennbar. Man lässt sich feiern, wenn einzelne Flugbewegungen nach Nordzypern unterwegs sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist nicht die Rettung für Nordhessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Ich weiß nicht, ob Sie in der vergangenen Woche in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gelesen haben, was Herr Ries, der langjährige Geschäftsführer dieses Flughafens, gesagt hat. Jetzt auf einmal sagt er: Es sei doch völlig klar, dass sich ein solcher Flughafen niemals rechnen werde. – Sie haben also 270 Millionen Euro Steuergelder ausgegeben, um ein Ding in die Landschaft zu setzen, über das der Geschäftsführer sagt: Das wird niemals Geld verdienen, sondern immer weitere Subventionen benötigen. Wenn das Ihre erfolgreiche Wirtschaftspolitik ist, dann ist das ein weiterer Grund dafür, dass wir das beenden müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Die Nordwestbahn am Frankfurter Flughafen ist gebaut. Das stimmt. Sie haben mehr als 100.000 Menschen zusätzlich verlärmt. 2012 war das erste Jahr, in dem die Nordwestbahn komplett in Betrieb war, vom 1. Januar bis zum 31. Dezember. In der letzten Woche wurden die Zahlen veröffentlicht: Im Ergebnis musste Fraport Zahlen bekannt geben, die sagen: minus 1 Prozent bei den Flugbewegungen.

Jetzt können Sie sagen, das sei Ihr Arbeitsplatzmotor. Das müssen Sie mir nochmals erklären: wie die Flugbewegungen zurückgehen und gleichzeitig die Arbeitsplätze mehr werden können. Vielleicht wissen Sie auch, dass die Lufthansa jetzt angekündigt hat, 2.500 Stellen zu streichen. Air-Berlin hat angekündigt, 900 Stellen zu streichen. Ich bin einmal gespannt darauf, wann das auch bei der Fraport Auswirkungen hat.

(Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Wenn Sie sich diese Katastrophe anschauen, die Sie da angerichtet haben: die Verlärmung weiter Teile des Rhein-Main-Gebiets – wir uns aber am Ende noch Verkehrszahlen anschauen müssen, bei denen die Zahl der Flugbewegung zurückgeht, dann müssen Sie sich die Frage stellen, ob Sie wirklich irgendetwas von der Luftverkehrswirtschaft verstehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die einzig konkrete Sache, die Florian Rentsch angesprochen hat, war seine Aufforderung an die Stadt Frankfurt, sich an den Kosten zu beteiligen.

Dazu will ich Ihnen sagen: Ich bin sehr dafür, dass sich die Stadt Frankfurt an den Kosten beteiligt – aber indirekt. Denn für uns GRÜNE gilt das Verursacherprinzip. Wenn die Fraport davon profitiert, dass Flugzeuge starten und landen und dort Gebühren zahlen und Passagiere einkaufen oder was auch immer, dann bin ich dafür, dass der Verursacher des Lärms auch für die Kosten des Lärms aufkommt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das bedeutet, dass ich sehr dafür bin, dass die Fraport für das, was sie an Verlärmung anrichtet, am Ende auch zahlt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was aber nicht geht, ist, dass in dem Punkt Gewinne privatisiert werden und für Verluste, in dem Fall für die Lärmschutzmaßnahmen, der Steuerzahler aufkommt. Das funktioniert nicht,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern ich möchte, dass auch die Deutsche Lufthansa AG, die 10 % an der Fraport besitzt, dafür bezahlt, und zwar indirekt, in dem die Fraport beispielsweise keine Dividende mehr ausschüttet. Ich bin dafür, dass auch die Bundesrepublik Deutschland, die ebenfalls öffentlicher Anteilseigner ist, indirekt zahlt, nämlich durch Verlust an Dividende. Und ich bin dafür, dass auch die Privataktionäre, übrigens auch die kritischen Aktionäre Kaufmann und Al-Wazir, keine Dividende mehr bekommen, sondern dass alle, die Anteile an der Fraport AG haben, für die Kosten aufkommen, die die Verlärmung der Region verursacht, und nicht nur das Land Hessen und die Stadt Frankfurt. Das ist Verursacherprinzip.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Dann kommt der Finanzplatz. Wenn ein Wirtschaftsminister eine Regierungserklärung über Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik hält und überhaupt nicht vorkommt, dass die Commerzbank letzte Woche angekündigt hat, 6.000 Arbeitsplätze zu streichen, frage ich mich: Merken Sie eigentlich noch, was in diesem Land los ist?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Dann sagt Florian Rentsch hier den schönen Satz: „Strukturwandel gibt es bei uns nicht“. Sagt Ihnen der Name Neckermann noch irgendetwas oder manroland, oder sagt Ihnen der Name Opel vielleicht noch irgendetwas, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP? Da kann die Landesregierung nichts dafür. Aber die Frage ist doch: Was für Antworten haben Sie denn? – Die Antworten können aus unserer Sicht nicht Autobahnen, Flughäfen und Finanzplatz sein, weil diese Antworten schlicht nicht funktionieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Stichwort: Zukunft. Woher kommt der Aufschwung in Nordhessen? Von den 4,3 km A 44 kann er nicht kommen. Von den nicht gebauten Kilometern der A 49 kann er auch nicht kommen. Von Kassel-Calden kann er nicht kommen, weil Kassel-Calden noch gar nicht eröffnet ist. Insofern stellen wir fest: Er kommt daher, dass vor über 40 Jahren kluge Menschen beispielsweise auf die Idee gekommen sind, dass in Kassel eine Universität hilfreich sei. Diese Universität in Kassel ist einer der Gründe dafür, warum es Ausgründungen gab, die heute Weltmarktführer sind. SMA ist ein Beispiel. Oder schauen Sie sich an, wie viele Leute inzwischen bei VW in Baunatal arbeiten, die da die berühmten DSG-Getriebe herstellen. Warum sind die so ein Renner? – Weil das Energiespartechnologien und Effizienztechnologien sind, also alles Sachen, von denen Sie relativ wenig verstehen, weil Sie immer nur über Autobahnen und Flughäfen nachdenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen Sie sich einmal die Arbeitsplatzentwicklung bei den Heizungsherstellern an, Stichwort: Effizienztechnologien. Schauen Sie sich Viessmann als Beispiel an. Dann haben Sie eine Antwort darauf, warum Nordhessen in der Arbeitslosenquote inzwischen besser dasteht als das Rhein-Main-Gebiet. Das hat mit vielem etwas zu tun. Das hat mit inzwischen 20.000 Arbeitsplätzen bei den erneuerbaren Energien in Hessen zu tun, aber nichts, aber auch gar nichts mit schwarz-gelber Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Al-Wazir, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Arnold?

Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein, Herr Dr. Arnold hat noch Redezeit übrig, da kann er sich noch einmal melden.

Die Energiewende kommt in der Rede des Wirtschaftsministers mit keinem Wort vor. Dabei ist da ein zusätzliches Arbeitsplatzpotenzial von 20.000 Arbeitsplätzen allein in den nächsten zehn Jahren in Hessen drin, wenn Schwarz-Gelb die Energiewende nicht kaputt macht, was wir nicht hoffen wollen.

Die Kreativwirtschaft kommt bei Florian Rentsch überhaupt nicht vor. Ich empfehle Ihnen einmal den Kulturwirtschaftsbericht Ihres eigenen Hauses, Herr Rentsch. In der Kreativwirtschaft in Hessen arbeiten inzwischen mehr Menschen als am Frankfurter Flughafen, und es kommt bei Ihnen mit keinem Wort vor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Aber was diese Menschen brauchen, ist beispielsweise schnelles Internet. Da finde ich es angesichts Ihrer Bilanz geradezu abenteuerlich, dass Sie morgen sogar einen Setzpunkt hier im Plenum daraus machen wollen. Denn ich kann mich noch ziemlich genau daran erinnern, dass wir als GRÜNE schon im Jahr 2003 in diesem Parlament darüber geredet haben und gesagt haben: Liebe Leute, die Infrastruktur der Zukunft sind nicht irgendwelche Neubauten von Landstraßen, sondern schnelle Internetanschlüsse. – Ich weiß ziemlich genau, dass Alois Rhiel im Jahr 2003, als wir das zum ersten Mal hier diskutiert haben, überhaupt nicht verstanden hat, wovon wir eigentlich reden,

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

und dass die FDP – die ist auch Teil des Problems – noch am Anfang dieser Legislaturperiode gesagt hat: Da machen wir nichts, das regelt der Markt. – Der Markt regelt in dieser Situation aber nichts. Der Markt regelt nur die Anbindung in Frankfurt und Offenbach, aber eben nicht im ländlichen Raum.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da muss man einmal sagen, wir danken dem Landrat Schnur. Er war nämlich der Erste, der so lange auf der Matte stand, bis Sie gar nicht mehr anders konnten, als zu merken, dass der Markt es nicht regelt.

(Zuruf des Abg. Judith Lannert (CDU))

– Wieso Quatsch? Sie kommen doch aus dem Odenwald, Sie wissen es doch. Wer macht es denn da? Macht es da der Landkreis, oder machen es da irgendwelche privaten Wohltäter?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Judith Lannert (CDU))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schauen Sie sich einmal an: Wir haben vor eineinhalb Jahren bei der Debatte über die HGO-Änderung zwei Punkte gesagt. Wir haben erstens gesagt, die Kommunen müssen sich auch bei den erneuerbaren Energien betätigen dürfen, und wir haben zweitens gesagt, die Kommunen müssen sich auch beim Breitband betätigen dürfen. Sie haben das verhindert und sind deswegen maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Breitbandanbindung im ländlichen Raum in Hessen so schlecht ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU) – Zurufe der Abg. Judith Lannert und Dr. Walter Arnold (CDU) – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich möchte zu einem Punkt kommen, der für die Zukunftsfähigkeit des Ballungsraums Rhein-Main von entscheidender Bedeutung ist, nämlich die Frage der Mobilität. Sie haben immer nur in den Kategorien des Autobahnausbaus gedacht. Ich sage ausdrücklich, wenn Sie sich heute für die Telematik loben lassen: Ich weiß noch ziemlich genau, dass Lothar Klemm zu rot-grünen Zeiten damit angefangen hat. Es ist auch nicht verkehrt, wenn man Telematikanwendungen macht, um bestehende Infrastruktur bestmöglich auszunutzen. Es ist auch nicht verkehrt, wenn man sich da, wo es die Verkehrssicherheit erlaubt, darauf kapriziert, Standstreifen zu öffnen. Es ist auch nicht verkehrt, wenn man versucht, das alles mit Kameras aus der Verkehrsleitzentrale so zu steuern, dass möglichst viel Verkehr durchfließt. Aber eines ist verkehrt: der Glaube daran, dass man mit immer mehr Straßen die Verkehrsprobleme eines wachsenden Ballungsraums lösen kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist Ihr Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Die Standstreifen auf der A 3 und der A 5 sind inzwischen freigegeben, die A 66 zwischen Wiesbaden und Frankfurt ist dreispurig, das Frankfurter Kreuz wurde umgebaut, die Lücke der A 661 zwischen Bad Homburg und Offenbacher Kreuz wurde geschlossen.

(Zuruf von der CDU – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Ein paar Jahre war die zusätzliche Kapazität da, und dann war der Stau wieder da, weil moderne Verkehrspolitik so nicht funktioniert.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

– Nein, nicht virtuell. Ich sage Ihnen einmal sehr konkret, was alles bei diesem Verkehrsminister nicht vorkam.

Sie haben überhaupt nicht verstanden, dass die Schieneninfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet in den ganzen letzten Jahren überhaupt nicht verbessert wurde: kein Meter Fortschritt bei der nordmainischen S-Bahn, kein Meter Fortschritt bei der Regionaltangente West, kein Meter Fortschritt bei der Beschleunigung der Fernbahn Hanau – Fulda, kein Meter Fortschritt bei der Fernbahn Frankfurt – Mannheim, keine Idee für die S-Bahn Frankfurt – Friedberg.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Wissen Sie, Rot-Grün hat in der ersten Legislaturperiode von 1991 bis 1995 das ÖPNV-Gesetz beschlossen und damit erst die Gründung von RMV und NVV möglich gemacht. Wenn man sich jetzt anschaut, wie sich die Verkehrszahlen im RMV von 1995 bis heute entwickelt haben, muss man sagen: plus 50 Prozent Passagiere, plus 50 Prozent Menschen, die mit dem ÖPNV fahren. Nur, wir müssen schlicht feststellen, die Gründung von RMV und NVV durch Rot-Grün 1995 war der letzte Fortschritt, den es in der hessischen ÖPNV-Politik gegeben hat, und das ist ein Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Peter Stephan (CDU): Was hat der ländliche Raum davon, wenn Frankfurt eine S-Bahn hat?)

Sie haben es sogar fertiggebracht, die Regionalisierungsmittel des Bundes, die zu rot-grünen Zeiten eins zu eins weitergegeben wurden – und sogenannte „Plus-X-Mittel“ draufgelegt wurden –, im Landeshaushalt teilweise für andere Zwecke einzusetzen und so dem ÖPNV über die Jahre über 120 Millionen Euro zu entziehen.

Wenn man weiß, dass der Frankfurter Hauptbahnhof nach den Bahnhöfen in Hamburg und München der drittgrößte Bahnhof Deutschlands ist, und sich dann anschaut, dass die Mittel der Deutschen Bahn AG für den Ausbau der Schieneninfrastruktur überallhin gehen, aber nicht nach Hessen – weniger als 2 Prozent dieser Mittel gehen nach Hessen –, dann fragt man sich, ob Sie eigentlich verstanden haben, wie eine moderne Verkehrspolitik aussieht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ein verantwortlicher hessischer Verkehrsminister müsste eigentlich der größte Gegner von „Stuttgart 21“ sein, denn Stuttgart liegt im äußersten Südwesten der Republik. Mit Verlaub, da laufen die großen Verkehrsströme nicht durch. Dorthin fließt aber das Geld der DB AG, das uns fehlt, um die Strecken Hanau – Fulda und Frankfurt – Mannheim auszubauen, um die Regionaltangente West zu bauen und die Nordmainische S-Bahn zu bauen. Aber Sie denken immer nur in den Kategorien Kassel-Calden und Nordwestbahn. Deshalb haben Sie das Problem wahrscheinlich nicht einmal verstanden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wenn Sie etwas für Hessen tun wollen, Herr Arnold – das geht wirklich nur mit Schwarz-Gelb, weil Sie in der Bundesregierung noch die Mehrheit haben –, dann stoppen Sie im Aufsichtsrat der Bahn das Milliardengrab „Stuttgart 21“, damit das Geld der DB AG sinnvoll eingesetzt werden kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich stelle fest: Schwarz-Gelb – und besonders Florian Rentsch – hat keine Antwort auf die Frage, wo die Arbeitsplätze der Zukunft herkommen sollen. Florian Rentsch hat keine Antwort auf die dramatische Unterfinanzierung der Schieneninfrastruktur. Er hat noch nicht erkannt: Wir haben jetzt die Doppik, und das führt jedes Jahr zu Abschreibungen auf Landesstraßen in Höhe von 170 Millionen Euro. – Jetzt können Sie vielleicht verstehen, warum wir „Sanierung vor Neubau“ sagen. Wenn Sie sich darüber ein bisschen Gedanken machten, müssten Sie eigentlich sehen, dass das eine kluge verkehrspolitische Maßnahme wäre, dass das ein sehr sinnvoller Weg wäre, um die Infrastruktur zu stärken – die momentan verlottert, weil sich der Verkehrsminister lieber für neugebaute Umgehungsstraßen feiern lassen will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU) – Weitere Zurufe von der CDU)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Kollege Al-Wazir, kommen Sie bitte zum Schluss.

Tarek Al-Wazir:

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Der Minister gibt keine Antwort auf die Unterfinanzierung der Schieneninfrastruktur, keine Antwort auf die Unterfinanzierung des Staates. Deswegen sage ich: Totengräber der deutschen Volkswirtschaft ist nicht Wolfgang Schäuble, wie Florian Rentsch meint, sondern die Totengräber sind die Neoliberalen, die den Staat mutwillig verarmen lassen, bei denen die Infrastruktur verlottert.

(Lachen bei der FDP)

Schwarz-Gelb hat fertig. Schwarz-Gelb ist erschöpft und verbraucht. Deshalb wird Schwarz-Gelb abgewählt.

(Heiterkeit und anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Herr Al-Wazir.

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