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03.02.2016
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen in Hessen

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu allererst will ich noch einmal ausdrücklich hervorheben: Die Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal wurde im Jahr 2002 in die Liste der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen. Dafür haben viele lange gekämpft. Eine haben Sie nicht erwähnt – ich will es tun –, nämlich Ruth Wagner. Diese war damals die zuständige Ministerin. Ich weiß, dass dafür auch noch viele andere gekämpft haben; auch die damals zuständige Abgeordnete der GRÜNEN, Sarah Sorge, hatte mich einmal vor das Hilchenhaus in Lorch geführt, das damals noch eine Ruine war. Damals ging es um genau diese Frage: Wie schaffen wir es, dass diese großartige Kulturlandschaft von der UNESCO anerkannt und als Weltkulturerbe gesichert wird?

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Es ist gut, und wir sind froh, dass dies im Jahr 2002 geklappt hat. Wir sind, obwohl das natürlich eine grenzüberschreitende Welterbestätte ist, wenn ich das einmal so sagen darf, stolz auf unsere beiden Gemeinden, Rüdesheim und Lorch, den hessischen Teil dieses Weltkulturerbes.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Beide Kommunen – das ist schon gesagt worden – sind Schutzschirmkommunen, und beide leben zu einem wesentlichen Teil vom Tourismus. Natürlich hat die Landesregierung viel dafür getan, und sie tut auch weiterhin viel dafür, genau die Chancen zu nutzen, die für diese beiden Kommunen im Welterbe liegen. Es sind also viele Projekte gefördert worden, die zur Erhaltung, Stärkung und Weiterentwicklung des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal beitragen. Damit entsprechen wir der Welterbekonvention, die 1976 von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert wurde und in Art. 4 von den Vertragsstaaten die Erhaltung und den Schutz der Welterbestätten fordert.

Ein prominentes Beispiel ist übrigens das Hilchenhaus, weil mit Landesmitteln in Höhe von 430.000 Euro ein wesentlicher Beitrag dazu geleistet wurde, dass es wieder aufgebaut worden ist. Wer einmal dort war – ich war z. B. dort, als der Beirat „Leiseres Mittelrheintal“ getagt hat; Stichwort: Bahnlärm –, sieht, dass das gut gelungen ist. Wer beispielsweise einmal betrachtet, was dort inzwischen entstanden ist – Stichwort: Rheinsteig –, sieht, dieses Welterbe, dieses Mittelrheintal, ist auf einem guten Weg. Dazu haben die ca. 80 Projekte, die in den vergangenen Jahren gefördert wurden, sicherlich beigetragen. Sie sehen also, das Land Hessen kommt seinen Verpflichtungen zum Schutz dieses Welterbes nach.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Energiewende. Auch daran muss man manchmal noch erinnern:

Erstens. Ich wiederhole: Die Risiken der Atomkraft sind nicht akzeptabel.

Zweitens. Wir müssen den CO2-Ausstoß begrenzen. Ich bin davon überzeugt, dass gerade die Industrieländer hierbei vorneweg gehen müssen.

Drittens. Die Rohstoffe für die Gewinnung konventioneller fossiler Energien sind endlich.

Es kann also kein einfaches „Weiter so“ geben. Genau deswegen haben wir uns, alle Parteien, im Jahre 2011 auf den Weg gemacht, um die Energiewende voranzubringen. Ein wesentlicher Teil war der Landesentwicklungsplan, Stichwort: 2-Prozent-Ziel.

In diesem Landesentwicklungsplan für Hessen, Herr Kollege Rentsch, ist erstens festgelegt, dass Windenergieanlagen in der Kernzone des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal ausgeschlossen sind.

Zweitens ist festgelegt, dass in der Pufferzone Windenergienutzung nicht pauschal ausgeschlossen wird, sondern dass in diesem Bereich jede einzelne Windenergieanlage auf ihre Vereinbarung mit dem Welterbestatus geprüft werden muss. Ich finde, dass diese Festlegung richtig und vernünftig ist. Auch die FDP hat das in der Vergangenheit so bewertet, weil dieser Landesentwicklungsplan die Unterschrift meines Vorgängers, Florian Rentsch, trägt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist übrigens auch der Unterschied zur Rechtslage in Rheinland-Pfalz. Herr Kollege Rentsch, das müssten Sie wissen; Sie haben es ja unterschrieben. Der Teilplan Erneuerbare Energien Südhessen wird derzeit erarbeitet. Er folgt den Vorgaben des Landesentwicklungsplans. Er schließt in der Kernzone des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal die Ausweisung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung aus.

Jetzt zu den Anlagen in Lorch. Worum geht es da? Es geht um drei Windkraftanlagen, die EnBW auf einer Fläche nordwestlich von Lorch zu errichten beabsichtigt. Frau Kollegin Wissler, ein kleiner Hinweis: EnBW ist zum Leidwesen der baden-württembergischen Landesregierung, so wie Sie es gefordert haben, von Herrn Mappus demokratisiert worden. Er hat es nämlich zu 100 Prozent in Staatseigentum überführt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich habe gesagt: „Damit es in der Region bleibt“!)

Darauf will ich nur einmal hinweisen. Diese Fläche liegt nicht in der Kernzone der Welterbestätte, sondern in der Pufferzone. Es ist auch eine Fläche, die tatsächlich im Rahmen der von der Firma Grontmij erstellten Sichtachsenstudie betrachtet und als konfliktträchtig bewertet wurde, allerdings unter Annahme eines fiktiven Vorhabens und nicht anhand eines konkreten Vorhabens, bei dem Anzahl, genaue Lage und Höhe der Windkraftanlagen feststehen.

Wir haben deshalb zusammen mit Kollegen des gemeinsamen Welterbesekretariats für das UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal, mit dem Vorhabenträger und dem Bürgermeister der Stadt Lorch gesprochen. Es wurde vereinbart, dass bei der Beurteilung einer auf das konkret geplante Vorhaben ausgerichteten Sichtachsenanalyse die Methodik der Grontmij-Studie angewendet wird. Warum machen wir das? Weil das UNESCO-Welterbekomitee diese Studie im vergangenen Sommer als „hervorragend“ und als „handlungsleitend“ bewertet hat und wir diese Einschätzung der UNESCO beachten wollen und weil es erforderlich ist, dass das UNESCO-Welterbekomitee das geplante Vorhaben anhand einer konkreten Analyse bewerten kann. So möchten und werden wir sicherstellen, dass der Welterbestatus nicht gefährdet wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Sichtachsenanalyse ist Teil der Antragsunterlagen, die im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesemissionsschutzgesetz vom Vorhabenträger einzureichen sind. Von wem denn sonst? – Insofern ist klar, dass der Vorhabenträger das beauftragt und nicht etwa irgendjemand anderes.

Wir werden diese Sichtachsenanalyse mit unserer Stellungnahme dem UNESCO-Welterbekomitee zur Bewertung übermitteln. Wir kommen unserer Verpflichtung, das Tal zu schützen, damit nach. Wir bewerten den Einzelfall, so, wie es der Landesentwicklungsplan vorsieht.

Insofern bin ich überzeugt davon, dass einerseits die Energiewende in Hessen natürlich weitergeht und zweitens auf keinen Fall der Welterbestatus gefährdet wird. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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