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16.06.2009
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich zur Regelung des Zugangs zu Informationen (Informationsfreiheitsgesetz)

Vielen Dank, Herr Präsident! Da, wo wir einsparen können, sparen wir auch ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute schon über das Thema Datenschutz geredet. Jetzt kommt die andere Seite der Medaille, die Informationsfreiheit.

Informationsfreiheit ist ein Lebenselement der freiheitlichen Demokratie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP)

Je besser der Informationsstand der Bürgerinnen und Bürger ist, desto höher ist die Legitimation der von ihnen gewählten Repräsentanten.

Das sagte der Hessische Datenschutzbeauftragte Michael Ronellenfitsch in einem Brief an unsere Fraktion zur Vorlage unseres Gesetzentwurfs für ein Informationsfreiheitsgesetz in der 16. Wahlperiode. Diese Aussage ist aktueller denn je.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind für Mitwirkungsrechte. Wir sind für Partizipation und dafür, dass Informationen, die bei öffentlichen Stellen und bei Behörden vorliegen, den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden. Deswegen legen wir Ihnen heute diesen Gesetzentwurf vor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Hessen wurde leider viel zu viel Zeit vertan, ein eigenes Informationsfreiheitsgesetz vorzulegen. In der 15. und 16. Wahlperiode hat meine Fraktion bereits Gesetzentwürfe eingebracht. Leider haben Sie die Möglichkeit nicht genutzt, diese modernen Gesetzentwürfe in die Tat umzusetzen.

Hessen ist das Stammland des modernen Datenschutzes. Leider hinken wir beim freien Zugang zu Informationen anderen Bundesländern hinterher. Neben dem Bund haben mittlerweile elf andere Bundesländer den Zugang zu Informationen gesetzlich geregelt. Unser Gesetzentwurf will dieses Defizit beseitigen und auch in Hessen ein modernes Gesetz schaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bürgerinnen und Bürger sollen die Möglichkeit bekommen, Informationen von Verwaltungen und von öffentlichen Stellen abzufragen. Schon im Jahre 2002 veröffentlichte der Europarat eine Empfehlung, Informationsfreiheitsgesetze in allen Mitgliedsstaaten zu verabschieden. Inzwischen gibt es fast in allen europäischen Ländern Informationsfreiheitsgesetze. Das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes ist am 1. Januar 2006 in Kraft getreten. Damit hat jeder oder jede ein Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen der öffentlichen Stellen des Bundes erhalten.

Unser Gesetzentwurf sieht vor, dass die Bürgerinnen und Bürger in Hessen nicht länger benachteiligt werden und dass die Bürgerinnen und Bürger endlich dieses Recht auch in Hessen bekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen die Rechte der Bürgerinnen und Bürger stärken und staatliches Handeln transparenter machen. Wir wollen dem Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger Rechnung tragen, die mehr Mitsprache, mehr Transparenz und mehr bürgerschaftliche Kontrolle des Verwaltungshandelns wollen. Mitwirkung ist Mittel zur Beseitigung von Politikverdrossenheit und Wahlmüdigkeit. Deswegen ist auch ein Informationsfreiheitsgesetz dringend notwendig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf trägt auch einem neuen Staats- und Verwaltungsverständnis Rechnung. Wir sehen nicht mehr den Obrigkeitsstaat der Vergangenheit, sondern unsere Leitlinie ist der Staat als Dienstleistungsverwaltung. In vielen Debatten auch in diesem Hause reden wir immer über moderne Verwaltung und vom Staat als Dienstleister. Wenn wir diese Aussage ernst meinen, wenn doch der Bürger Kunde ist, dann sollten wir dem Wunsch des Kunden folgen und ihm die Informationen zur Verfügung stellen, die er wünscht, und zwar ohne Gründe zu nennen und ohne Beteiligte in einem Verfahren zu sein.

Wenn der Kollege Beuth dieses Ansinnen in einer Pressemitteilung als Bürokratiemonster abqualifiziert, kann ich nur sagen,

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

dass ich selten so viel – Entschuldigung – Unsinn gelesen habe wie von Herrn Kollegen Beuth zu diesem Themenkomplex.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Beuth, Sie kommen mir vor wie der Geisterfahrer auf der Autobahn, der sich darüber beschwert, dass alle anderen in die verkehrte Richtung fahren. Elf andere Bundesländer und der Bund haben ein Informationsfreiheitsgesetz. Dort wurde nicht der öffentliche Notstand ausgerufen. Dort wurde die Verwaltung eben nicht lahmgelegt. Im Gegenteil, die Erfahrungen in diesen Ländern zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger von ihrem Recht sehr verantwortungsvoll Gebrauch machen und dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Recht eben auch nutzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist auch gut so. Das ist Intention dieses Gesetzes. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger Informationen abfragen und dass öffentliche Stellen diese Informationen zur Verfügung stellen müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie sagte Prof. Ronellenfitsch in der Anhörung 2007?

Ein mündiger Bürger, ein informierter Bürger ist allemal das, was wir uns in unserer Demokratie vorstellen.

Der ehemalige Datenschutzbeauftragte Prof. Spiros Simitis sagte in derselben Anhörung:

Datenschutz und Informationsfreiheit hängen untrennbar miteinander zusammen. Der Datenschutz garantiert die Integrität des Einzelnen und des Bürgers. Die Informationsfreiheit garantiert seine Partizipationsmöglichkeiten. Beides zusammen sind Voraussetzungen einer demokratischen Gesellschaft, beides muss zusammen gesehen werden, und beides muss auch zusammen geregelt werden.

Richtig, wir stimmen ausdrücklich dem zu, was Prof. Simitis gesagt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Beuth, Sie hatten alle Möglichkeiten, sich vor Herausgabe Ihrer Pressemitteilung zu informieren, auch ohne Informationsfreiheitsgesetz. Sie haben leider von der Möglichkeit, die Sie auch ohne Gesetz haben, keinen Gebrauch gemacht, schade eigentlich. Herr Simitis hat es gesagt, und wir stimmen dem ausdrücklich zu: Informationsfreiheit bedeutet auch, die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.

Nur wer gut informiert ist, kann sich auch aktiv an öffentlichen Debatten beteiligen und in öffentliche Diskussionsprozesse einschalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das beste Beispiel dafür, dass das so ist, ist der Kollege Beuth. Hätte er sich die Informationen beschafft, die öffentlich zugänglich sind, dann hätte er auch einen qualifizierten Kommentar zum Thema Informationsfreiheitsgesetz abgeben können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die FDP hat angekündigt, den Gesetzentwurf vorurteilsfrei zu prüfen. Ich bin gespannt, wie diese Prüfung ausgehen wird und ob Sie die Kraft und den Willen haben, sich in dieser Frage gegen die CDU durchzusetzen. Aber ich habe gerade in der Datenschutzdebatte erlebt, in welcher Form Sie sich mit Gesetzentwürfen der anderen Fraktionen beschäftigen. Herr Kollege Greilich, ich würde Ihnen raten, wenn ich das darf, sich nicht so von oben herab, nicht mit dieser Arroganz, wie Sie das heute hier getan haben, sondern vielleicht in einem kollegialen Diskurs über Gesetzentwürfe anderer Fraktionen auszutauschen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Leif Blum und Wolfgang Greilich (FDP))

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Frömmrich, Sie müssen zum Schluss kommen.

Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir mit diesem Gesetzentwurf eine gute Balance zwischen Informationsfreiheit und dem Schutz personenbezogener Daten gefunden haben. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Hessische Datenschutzbeauftragte zukünftig auch Landesbeauftragter für die Informationsfreiheit wird. Damit wird umgesetzt, was Prof. Ronellenfitsch in vielen Datenschutzberichten angesprochen hat, nämlich dass Datenschutz und Informationsfreiheit zwei Seiten der gleichen Medaille sind.

In der Anhörung können wir noch die Details des Gesetzentwurfs – ich hoffe, sehr kollegial – diskutieren. Deswegen beantrage ich die Überweisung an den Innenausschuss zur Vorbereitung der zweiten Lesung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Herr Frömmrich.

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