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27.02.2013
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn: Pläne des Bundes zur Fracking-Erleichterung stoppen

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Schutz unseres Trinkwassers vor Verunreinigung mit Chemikalien sollte für uns alle Vorrang vor wirtschaftlichen Profitinteressen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit gestern ist aber klar, dass die schwarz-gelbe Koalition unter Frau Merkel dies anders sieht. Sie gaukeln den Menschen vor, sie würden die Bedingungen für das Fracking so verschärfen, dass Mensch und Umwelt geschützt seien.

In Wahrheit hat die Bundesregierung aber ein Frackingförderungsgesetz auf den Weg gebracht. Sie wollen damit Fracking bundesweit und damit auch hier in Hessen Tür und Tor öffnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Rösler und Herr Altmaier haben gestern komplett Unterschiedliches erklärt. Der eine sagt: Damit wird Fracking verhindert. – Der andere sagt: Jetzt kann es endlich losgehen. – Damit zeigt sich einmal wieder die „beste Seite“ unserer schwarz-gelben Schizo-Koalition.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Um was geht es? – Wir haben einige Gäste, die vielleicht nicht wissen, um was es geht. Es geht um die Suche nach Erdgas im tiefen Gestein. Die Methode heißt Fracking.

Dafür muss in die Tiefe gebohrt werden. Das Gestein in der Tiefe muss gewaltsam aufgebrochen werden. Dafür braucht es Millionen Liter Wasser, Sand und Chemikalien. Dabei geht es um Chemikalien, die ein mittleres bis hohes Wassergefährdungspotenzial haben.

Wir kennen die Probleme aus den USA, in denen Fracking im großen Stil angewandt wird. Dort wurde das Trinkwasser durch Methan und Chemikalien verunreinigt, weil es den Weg durch das Gestein gefunden hat oder weil die Bohrlöcher nicht dicht waren.

Dazu kommt eine Reihe ganz anderer Umweltprobleme. Wir haben in Deutschland bessere Umweltauflagen. Gott sei Dank haben wir die. Dafür haben wir GRÜNE lange gekämpft. Undichtes Gestein oder Lecks können wir aber auch nicht mit höheren Umweltauflagen ausschließen. Deswegen sage ich für meine Fraktion ganz klar: Wir lehnen den Einsatz umwelttoxischer Substanzen generell ab.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Fracking ist eine Hochrisikotechnologie. Wir sollten alle ganz genau wissen, welches Risiko wir damit eingehen, bevor wir es zulassen.

Das gilt übrigens auch für die Entwicklung der Frackingmethoden, die möglicherweise irgendwann einmal ohne den Einsatz der Chemikalien auskommen könnten. Völlig ungelöst ist nämlich die Frage, wie man das giftige Abwasser entsorgen will. Als Abwasser kommt nämlich Wasser aus dem tiefen Gestein nach oben. Dieses Wasser ist kein normales Wasser wie jedes andere. Es kann radioaktiv belastet sein. Es kann Schwermetalle wie Quecksilber enthalten.

Für dieses Abwasser gibt es noch keinerlei umweltverträgliche Entsorgung. Es gibt keinerlei Aufbereitung. Warum soll man denn eine Technologie zulassen, wenn man noch nicht einmal weiß, wohin man die gigantischen Mengen giftigen Mülls tun soll?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wir GRÜNE fordern deswegen seit Monaten bundesweit und hier in Hessen ein Moratorium, damit wir nicht in dieses Unglück rennen. Das liegt doch auf der Hand: Wenn noch nicht alle Risiken bekannt sind, dann können auch keine Auflagen gemacht werden, wie Fracking gefahrlos eingesetzt werden könnte.

Wir haben doch in den letzten Jahrzehnten in Deutschland genügend Erfahrungen in der Umweltpolitik gesammelt. Auch Sie müssten doch aufgrund der Themen Atomkraft sowie Kali und Salz verstehen, dass es nicht sinnvoll ist, Risiken einzugehen, wenn man noch nicht alles weiß.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Timon Gremmels und Petra Fuhrmann (SPD))

Ich sage es ganz deutlich: Wenn Schwarz-Gelb bei so viel Unbekanntem Fracking unter Auflagen erlauben will, dann spielen sie russisches Roulette.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Timon Gremmels, Petra Fuhrmann (SPD) und Janine Wissler (DIE LINKE) – Zuruf von der CDU)

Es besteht keinerlei Not, dieses Erdgas zu fördern. Liebe Kollegen der FDP, wir werden in den kommenden Jahren mehr als genug davon haben. Es ist deswegen nicht glaubwürdig, dass Sie jetzt Druck machen und sagen, wir bräuchten das Erdgas für die Energiewende. Das sagen gerade Sie. Wer hat denn gestern als Erstes Beifall geklatscht, nachdem Ihr Gesetzentwurf veröffentlicht wurde? Wer war es denn? Es war der Verband der Öl- und Gasindustrie. Sie vertreten hier Lobbyinteressen zulasten der Umwelt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die schwarz-gelbe Koalition auf Bundesebene will Gas geben. Nach außen verkauft sie, man könnte mit diesen Auflagen Fracking verhindern.

Leider ist das nicht der Fall. Die Regelungen, die Sie hier treffen, sind Selbstverständlichkeiten.

Zum einen geht es um das Verbot von Fracking in Wasserschutzgebieten. Meine Damen und Herren, das ist Konkretisierung geltenden Rechts.

Dann fordern Sie eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist selbstverständlich. Das zeigt doch nur, wie menschenfeindlich, wie umweltfeindlich unser Bergrecht im Moment ist. Jedes Windrad braucht eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Für das Fracking können Sie jetzt Auflagen machen – die Leute hätten mehr recht auf Transparenz. Dann geht es aber doch nur noch darum, wie Fracking gemacht werden soll, aber sie können nicht mehr bestimmen, ob Fracking überhaupt gemacht werden soll.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vom Bundesumweltamt gibt es ein sehr fundiertes Gutachten. Das sagt – ich zitiere –,

dass zu einer fundierten Beurteilung dieser Risiken und deren technischer Beherrschbarkeit bislang viele und grundlegende Informationen fehlen.

Warum hören Sie auf Bundesebene nicht auf diese wichtige Behörde?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Entwurf des Bundesgesetzes liegt jetzt vor. Er betrifft Hessen und ganz direkt Nordhessen. Die Frage ist: Wie entscheidet heute der Hessische Landtag? Wie stellen Sie sich zu diesem Bundesgesetz?

Frau Ministerin, Ihre Bemühungen und die des Staatssekretärs Weinmeister erkenne ich durchaus ganz ehrlich an. Sie versuchen, die einhellige Ablehnung der Kommunen in Nordhessen zu nutzen. Sie wollen sogar das Abstecken der Claims untersagen, obwohl das Bundesbergrecht dazu wenige Möglichkeiten gibt. Das erkenne ich an.

Ich erkenne auch an, dass Sie die rot-grünen Bundesländer im Bundesrat unterstützt und gesagt haben, es solle ein bundesweites Frackingmoratorium geben, und dass Sie den Einsatz umwelttoxikologischer Substanzen ablehnen. Ich bin mir sicher, bei einem solchen Koalitionspartner ist das nicht leicht.

Aber jetzt stehen wir am Scheideweg. Frau Puttrich, jetzt reicht es nicht mehr, dass Sie nur kritisch sind, aber eher passiv abwarten. Heute reicht das nicht mehr. Als Land Hessen müssen wir jetzt gemeinsam kämpfen, denn Ihre schwarz-gelben Bundeskollegen wollen Gas geben. Heute stellt sich ganz konkret die Frage: Auf welcher Seite stehen Sie jetzt, als schwarz-gelbe Koalition? Und nicht nur: Wo steht denn die Umweltministerin Puttrich?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sagen Sie im Bundesrat zu diesem Frackingfördergesetz ja oder nein? Stehen Sie auf der Seite derjenigen, die den Einsatz von umwelttoxischen Substanzen ablehnen und ein Frackingmoratorium fordern, oder wollen Sie Frackinggenehmigungen beschleunigen? Stehen Sie auf der Seite des bayerischen Umweltministers Huber von der CSU, der ein Frackingmoratorium fordert und dieses Gesetz ablehnt. Er sagt – ich zitiere –: „Dieser chemische Giftcocktail bedroht das Grundwasser. Diese Technik darf nicht zur tickenden Zeitbombe werden.“

Wie recht hat er.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Oder stehen Sie doch auf der Seite von Manfred Todtenhausen, Bundestagsabgeordneter der FDP, Sprecher für Bergrecht? Ich zitiere aus seiner letzten Pressemitteilung:

Stattdessen sollte möglichst schnell Rechts- und Planungssicherheit geschaffen werden, damit die Erkundung und die Bewertung der bisher nur prognostizierten Vorkommen zügig vorankommt.

Auf wessen Seite stehen Sie hier in Hessen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Gemeinsam mit der SPD haben wir Ihnen einen Antrag vorgelegt. Im Grunde wiederholt er alle Punkte des Bundesratsantrags. Wir möchten aber, dass Sie jetzt auch den folgerichtigen nächsten Schritt tun: Sprechen Sie sich bei der Bundesregierung ganz klar dafür aus, dass keine Auflagen gemacht werden, ohne dass man alle wissenschaftlichen Erkenntnisse hat. Verhindern Sie, dass Fracking hier in Hessen erlaubt werden muss.

Heute haben Sie die Gelegenheit, hier zu zeigen, auf wessen Seite Sie stehen. Wir werden kämpfen, damit dieser Gesetzentwurf nicht in Kraft tritt. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn.

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