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20.03.2013
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn: Landesentwicklungsplan Hessen 2000 – Vorgaben zur Nutzung der Windenergie

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Landesentwicklungsplan haben Sie den Konsens des Energiegipfels verlassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Der Landesentwicklungsplan ist ein Beweis dafür, dass auf Ihr Wort kein Verlass ist. Sie nennen sich vielleicht bürgerlich, aber bürgerliche Tugenden sind für Sie ein Fremdwort.

(Zurufe von der CDU)

Ministerpräsident Bouffier hat ja die Politik des großen Konsenses ausgerufen. Übrig geblieben ist eine leere Worthülse. Dieser Landesentwicklungsplan beweist: Sie wollen die Windkraft weiterhin verhindern. Sie wollen und Sie können die Energiewende nicht umsetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Der Landesentwicklungsplan sollte das Herzstück der Energiewende in Hessen werden. Herzstück deshalb, weil wir hier wirklich eine echte landespolitische Kompetenz besitzen. Wir könnten beim Ausbau der erneuerbaren Energien schnell vorankommen, effizient und wirkungsvoll. Wir brauchten nicht mehr das traurige Schlusslicht bei dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu sein. Aber Sie torpedieren die Energiewende, wo es nur geht.

Vor eineinhalb Jahren haben wir beim Energiegipfel gemeinsam beschlossen, dass wir ein kraftvolles Herz wollen – ein kraftvolles Herz für diese Energiewende. Wir haben gesagt: Wir wollen 2 Prozent der Landesfläche für Windenergie reservieren.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

– Nein, eben nicht. Da steht irgendwo die Zahl 2, und bei all den Vorgaben steht, dass wir diese 2 Prozent nicht erreichen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Mit einem kraftvollen Herzen, Herr Kollege Arnold, hätten wir Hessen mit sauberer Energie versorgen können. Wir hätten klamme Kommunen gesund machen können. Wir hätten die Wirtschaft ankurbeln können. Wir hätten die Energiewende in die Hände der Bürgerinnen und Bürger geben können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe bei der CDU)

Wir haben Ihnen dieses schlagende, dieses kräftige Herz hingelegt. Wir haben Ihnen gezeigt, wie es geht. Was hat Wirtschaftsminister Rentsch gemacht? Er hat es achtlos weggeworfen und eine lahme Pumpe eingesetzt, die von Beginn an verbraucht und erschöpft war.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Sie wollen Hessen weiterhin mit dreckiger Kohleenergie versorgen. Sie wollen, dass die Energiekonzerne gewinnen, obwohl gerade diese Energiekonzerne einen Rachefeldzug gegen uns wegen des Ausstiegs aus der Atomenergie führen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie wollen einen Landesentwicklungsplan mit Hürden und Fallstricken vorlegen. Herr Kollege Gremmels hat Herrn Dr. Arnold ja schon zitiert; das wollte ich ebenfalls tun. Noch einmal bestärkend: Wenn es Ihnen darum ginge, den Bürgerinnen und Bürgern wirklich Gehör zu verleihen und etwas zu prüfen, dann können Sie das gerne prüfen. Aber Sie haben wortwörtlich gesagt – ich zitiere –: „Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, diese Pläne zu verhindern.“ Hier geht es nicht um Prüfung. Es geht darum, von vornherein zu verhindern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Lieber Timon, du hast gerade gesagt: Irgendwann kommt es noch so weit, dass wieder Windkraftmonster plakatiert werden. Leider ist es schon so weit.

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Kollegin Dorn, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Wiegel zu?

Angela Dorn:

Gerne, im Anschluss.

(Zuruf des Ministers Stefan Grüttner)

Sie wissen ja: In der FDP Wiesbaden ist unser Wirtschaftsminister Rentsch Vorsitzender. In Wiesbaden wird gerade diese Kampagne aufgelegt:

(Die Rednerin hält ein Plakat in die Höhe.)

Damit soll Angst geschürt werden: Ein Windrad, das Feuer fängt.

(Zuruf des Ministers Florian Rentsch)

– Das ist von Ihrer FDP in Wiesbaden.

(Zuruf des Ministers Florian Rentsch)

– „FDP Wiesbaden“. Da sind Sie verantwortlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Herr Minister, bitte nicht von der Regierungsbank dazwischenfragen.

Angela Dorn:

Das ist der Vorsitzende der Wiesbadener FDP. Unter diesem Namen – –

(Anhaltende Unruhe)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Bitte ein wenig mehr Ruhe. Frau Dorn, das geht jetzt nicht von Ihrer Redezeit ab. Sie haben das Mikrofon und können jetzt sprechen. Bitte schön.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Sie hätten trotzdem nicht dazwischenreden dürfen. – Bitte schön, Frau Dorn.

Angela Dorn:

Herr Rentsch, natürlich können Sie nachher sehr gerne noch einmal sprechen.

(Zuruf von der SPD)

Sie verhindern Windkraft nicht nur vor Ort, Herr Rentsch, Sie verhindern Windkraft mit dem Landesentwicklungsplan. So werden wir die 2 Prozent nicht erreichen. Es gibt verschiedene Gründe, warum wir das nicht tun werden.

Zum einen geht es um die Windgeschwindigkeit, die Sie unnötig hoch angesetzt haben. Dabei hat der Wirtschaftsminister doch extra ein Gutachten in Auftrag gegeben, in dem steht: Auch mit 5,5 m/s kann Windkraft wirtschaftlich betrieben werden.

Dass die FDP nun diejenige ist, die plötzliche keine wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit mehr haben möchte, wenn Investitionen getätigt werden sollen, ist schon ein starkes Stück.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Sie sagen, dass 2-Prozent-Ziel stehe doch überall drin. Sie haben ein 2-Prozent-Ziel hineingeschrieben, das Sie hundertprozentig rechtsunsicher machen wollten.

Sie haben den Naturschutz missbraucht. Ich fand es gerade göttlich, dass Sie, Herr Rentsch, sich plötzlich hier hinstellen und über Naturschutz sprechen – derjenige, der Naturschutz dauernd verhindert. Sie missbrauchen den Naturschutz gerade dazu, die Energiewende zu torpedieren. Alle hier im Saal wissen es: Klimaschutz und Energiewende sind die einzigen Möglichkeiten, echten Naturschutz voranzubringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Unruhe bei der CDU – Zuruf des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Wissen Sie, es gibt für den Naturschutz so viele Konfliktlösungen vor Ort, die Sie alle nicht sehen wollen. Sie sagen von vornherein: Wir schließen das aus. Das geschieht aus dem einzigen Grund, dass Sie die Energiewende torpedieren wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dann setzen Sie einen rigorosen Abstand von 1.000 m fest. Ein Regelabstand von 1.000 m ist sehr richtig, aber wir hatten beim Energiegipfel etwas anderes vereinbart. Wir haben gesagt, dass Ausnahmen möglich sein sollen. Ich kann das gerne zitieren; auch das habe ich mitgebracht – falls Sie schon wieder sagen, Herr Rock, Sie hätten das nicht gesagt. In der Veröffentlichung zum Energiegipfel steht auf Seite 19: Der Abstand zu Siedlungsgebieten soll gemäß der Handlungsempfehlungen des Hessischen Ministeriums festgesetzt werden.

In den Handlungsempfehlungen steht dann auf Seite 2 – –

(Unruhe bei der CDU)

– Wenn Sie mir einmal zuhören würden, dann könnte ich Ihnen auch sagen, was wir eigentlich einmal vereinbart hatten und wovon Sie sich gerade klammheimlich davonstehlen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir haben vereinbart: Es wird empfohlen, generell von einem Abstand von 1.000 m zu vorhandenen oder geplanten der Baunutzungsverordnung bzw. dem Wohnen dienenden Gebiete auszugehen. Aber:

Die Abstände können je nach Lage des Einzelfalls verringert oder vergrößert werden.

Darauf haben wir uns geeinigt – und Sie machen einen Bruch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Herr Rentsch, Sie sagten gerade, es gebe so viele positive Stellungnahmen und kaum negative. Haben Sie eigentlich eine einzige Stellungnahme gelesen? Wer hat sich nicht alles kritisch geäußert – das ist doch nicht nur unsere Kritik!

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Abg. Janine Wissler hält einen Stapel Unterlagen hoch.)

Die Regionalversammlung in Mittel- und Südhessen – in Mittelhessen übrigens fraktionsübergreifend, darunter sind auch CDU- und FDP-Kommunalpolitiker –, der Regionalverband Frankfurt/Rhein-Main, das Regierungspräsidium Gießen – ich glaube, CDU-geführt –, die IHK und mindestens 50 Gemeinden sowie private Projektentwickler: Sie alle haben Ihre rigorosen Kriterien kritisiert. Und was machen Sie, Herr Rentsch? Sie werfen all diese Einwände einfach in den Papierkorb und tun so, als würden sie nicht existieren. Wie ignorant kann man eigentlich sein?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD – Widerspruch bei der CDU)

Jetzt findet die Offenlegung der Teilregionalpläne in Mittel- und Nordhessen statt. Dort sind gerade einmal 2 Prozent geschafft worden. Wir alle wissen: Nach der Offenlegung werden noch ganz viele Flächen dahinschmelzen. Bestes Beispiel sind Sie, Herr Dr. Arnold.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende Ihrer Rede kommen.

Angela Dorn:

Unser größtes Sorgenkind ist das dicht besiedelte Südhessen. Dort wird es richtig schwierig. Wenn Sie bei dieser Vorgabe bleiben, werden Sie die Energiewende dort in die Knie zwingen. Wir haben Sie gewarnt. Wenn Sie die Vorrangflächen mit Ausschlusswirkung durchsetzen, dann werden wir im Nachhinein Probleme haben.

Wir haben einen Vorschlag vorgelegt. Machen Sie eine Prüfkategorie Eignungsgebiete. Dann könnte man danach noch flexibel reagieren. Aber Sie wollen die Energiewende nicht und können Sie auch gar nicht umsetzen. Wir können das. Deswegen brauchen wir den Wechsel. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn.

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