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03.02.2016
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn: Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen in Hessen

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrten Damen und Herren! Herr Rentsch, Sie haben den Versuch gemacht, hier mit dem Anspruch aufzutreten, eine rein fachliche und sachliche Debatte führen zu wollen, aber zwischendrin ziehen Sie andeutungsweise ein paar unsachliche Dinge in die Diskussion herein. Dass Sie hier den Vorwurf erheben, es gebe so etwas wie einen schmutzigen Deal mit den Energieversorgern, finde ich alles andere als ein faires miteinander Umgehen im Parlament. Solche Andeutungen sollten Sie in Zukunft unterlassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Der Erhalt der Welterbe-Stätten in Hessen ist uns als Koalition und auch der Regierung ein großes Anliegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das wunderschöne Welterbe Oberes Mittelrheintal wird mit einigen Millionen Euro pro Jahr sehr intensiv gefördert.

Klar ist auch: Es wird keinen Bau von Windkraftanlagen an diesen Standorten geben, wenn dadurch das Welterbe gefährdet, der Welterbe-Status aberkannt würde. Darüber gibt es in diesem Hause überhaupt keinen Dissens. Dass Sie aber den Eindruck vermitteln, dass wir GRÜNEN den Windkraftausbau komme, was wolle, vorantreiben und alles andere ausblenden würden, ist unglaubwürdig und lächerlich, Herr Rentsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

– Herr Kollege Hahn, wenn Sie so schön dazwischenrufen: Ich möchte Sie an die Zeit erinnern – da waren Sie schon im Landtag, ich noch nicht –, als hier das Thema Grube Messel behandelt wurde. Der Erhalt von Welterbe-Stätten ist ein urgrünes Anliegen. Daher waren wir es, die erreicht haben, dass das wunderbare Welterbe Grube Messel nicht zu einer Müllkippe verkommen ist. Wer war denn damals Minister für Wissenschaft und Kunst? Das war Herr Dr. Gerhardt. Der hat sich bei der Frage weggeduckt. Er hat zugelassen, dass die Grube Messel eine Deponie werden sollte.

(Zuruf des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

– Herr Hahn, Sie sollten bei dieser Sache lieber ein bisschen ruhiger sein.

Die Bewahrung der Natur, der Landschaft und der Umwelt in Hessen ist eine der Wurzeln der GRÜNEN. Das ist der Unterschied zu Ihnen, liebe Kollegen von den Freien Demokraten. Daher nehme ich Ihnen nicht ab, Herr Kollege Rentsch, dass Sie heute über den Erhalt einer Landschaft reden wollen. Sie zeigen nämlich immer nur dann ein Interesse für die Natur, für die Umwelt, für den Landschaftsschutz, wenn es um die Verhinderung des Ausbaus der Windkraftnutzung geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wo ist Ihr Engagement für die Umwelt, für die Natur, für die wunderschöne Landschaft in Hessen bei den Themen Fracking, Klimakiller Kohleenergie, Atomenergie, Bergbau und Straßenprojekte? Wo ist da Ihr Engagement? Auf einmal tun Sie so, als ob Ihnen der Erhalt der Landschaft ein Herzensanliegen sei. Ich kann Ihnen das nicht abnehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Stephan Grüger (SPD))

Ich kann Ihnen das auch deshalb nicht abnehmen, weil Herr Rock immer wieder betont, es gebe keine Stelle in Hessen, wo er den Ausbau der Windkraftnutzung für richtig hielte. Das sagt er immer wieder sehr offen. Insofern: Wenn Sie sich wirklich mit uns auseinandersetzen wollen, an welchen Stellen eine Windkraftnutzung geeignet ist und an welchen nicht, dann müssten Sie insgesamt differenzierter denken. Das tun Sie beim Thema Windkraft nicht. Deshalb haben Sie sich außerhalb der Debatte gestellt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir wägen beim Thema Naturschutz sorgfältig ab. Für uns ist klar, dass der Grundsatz gilt: Ohne Energiewende gibt es keinen Klimaschutz, und ohne Klimaschutz gibt es keinen Naturschutz. – Das ist die grundlegende Abwägung. Ganz klar ist aber auch: Es gibt sensible Gebiete, und es gibt Gebiete, wo Naturschutz und Windkraftnutzung in einem Konflikt zueinander stehen.

Das ist auch beim Thema Welterbe Oberes Mittelrheintal der Fall. Insofern gilt es, hier sorgfältig abzuwägen. Glücklicherweise haben wir gute rechtliche Rahmenbedingungen. Die guten rechtlichen Rahmenbedingungen lauten, dass in der Kernzone von Welterbe-Stätten keine Windkraftanlagen stehen dürfen und dass in den Randgebieten Einzelfallprüfungen möglich sind. – Herr Rentsch nickt. Er kennt diese Regelung ganz gut, denn sie stammt aus dem Landesentwicklungsplan. Herr Rentsch, unter diesen Plan haben Sie Ihre Unterschrift gesetzt.

Jetzt fordern Sie einen generellen Ausschluss von Windkraftanlagen auch in den Randgebieten von Welterbe-Stätten. Auch ich habe mir die Sichtachsenstudie durchgelesen. In der Sichtachsenstudie, die sich ganz allgemein auf das ganze Gebiet besteht, steht, dass empfohlen wird, dass man auch die Randbereiche vom Bau von Windkraftanlagen ausnimmt – beim Vorliegen eines hohen oder sehr hohen Konfliktpotenzials. Herr Rentsch, Sie haben sich die Studie wahrscheinlich genauso genau angeschaut wie ich. Daher wissen Sie, dass es da um fiktive Windkraftprojekte geht, d. h. um Windkraftprojekte mit teilweise viel mehr Windkraftanlagen als an konkreten Standorte. Die Sichtachsenstudie ist eine große und sehr, sehr gute Studie, die sich auf das ganze Gebiet erstreckt. Das schließt aber nicht aus, dass man für einen bestimmten Ort eine Einzelfallprüfung durchführt, weil die Bedingungen an diesem konkreten Ort anders sein können als bei der fiktiven Prüfung.

Ich könnte ja verstehen, wenn Sie sagen: Das ist ein ganz sensibler Punkt; deswegen ist diese Studie so wichtig, und deshalb muss man sich auf sie beziehen. – Genau das machen wir. Bei dem Einzelfall Lorch wird bewiesen werden müssen, dass bei diesem konkreten Projekt die allgemeine Empfehlung, die in der Studie getroffen wird, nicht gilt. Das darf nicht „irgendwie“ bewiesen werden, sondern man muss auf der Studie aufbauen, mit genau der gleichen Methodik vorgehen und zeigen, dass die Empfehlung für diesen ganz konkreten Standort nicht gilt. Dann wird das Ergebnis nicht irgendjemandem vorgelegt, sondern der UNESCO. Ich frage Sie: Was kann man denn noch tun, um zu beweisen, dass das wirklich keine Bedrohung für das Welterbe ist?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Rentsch, Sie haben die rechtlichen Rahmenbedingungen gesetzt. Wir haben eine wunderbare Vorgehensweise, wie man das im Einklang mit der UNESCO klären kann. Aus welchem Grund sind Sie gegen diese Einzelfallprüfung?

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Glauben Sie, dass die UNESCO am Ende nicht unabhängig entscheidet? Ich glaube, die UNESCO entscheidet unabhängig.

Am Ende komme ich zu dem Schluss: Sie haben keine Angst um das Welterbe Oberes Mittelrheintal, sondern es geht Ihnen einfach darum, ein weiteres Windkraftprojekt von vornherein ausschließen zu lassen. Ich hoffe, es wird eine Lösung gefunden. Wenn nicht, dann eben nicht. Es ist Aufgabe der UNESCO, dies unabhängig zu klären. Ich werde aber nicht von vornherein „auf keinen Fall“ sagen. Das ist überhaupt nicht notwendig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.

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