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27.11.2014
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn: Aktuelle Stunde – Hessen will kein Fracking

Frau Präsidentin, sehr geehrten Damen und Herren! Stellen Sie sich einmal vor, wir hätten in Deutschland einen Gesetzentwurf, der es erlauben würde, das Grundwasser rot zu färben, es gäbe nur ein paar Verbotsgebiete, und zwar dort, wo man das Trinkwasser direkt gewinnt: Ein solcher Gesetzentwurf wäre völlig absurd, weil jeder wüsste, aus den Wasserhähnen käme ab sofort rotes Trinkwasser. Es gilt nämlich eine schlichte Erkenntnis, die da lautet: Wasser kennt keine Grenzen.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

So absurd dieses Beispiel ist, so traurig ist es, dass beim Fracking die Bundesregierung vor dieser einfachen Erkenntnis leider die Augen verschließt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir reden hier nicht über eine harmlose rote Farbe, sondern über eine Hochrisikotechnologie. Wir sprechen über Fracking: das Aufbrechen des Bodens mittels Sand, Wasser und gefährlicher Chemikalien. Dieser Chemiecocktail kann unser Grundwasser enorm gefährden. Was viele nicht wissen: Das, was aus der Tiefe hervorgeholt wird, ist, ehrlich gesagt, das viel größere Problem. Das Tiefenwasser ist oft radioaktiv verseucht, mit Schwermetallen belastet. Für dessen Entsorgung gibt es noch keine Lösung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, weil Wasser keine Grenzen kennt, haben wir in Hessen gesagt: Fracking mit giftigen Chemikalien muss verboten werden

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir alle können uns noch ganz gut an die Hängepartie mit dem Unternehmen BNK erinnern. Wir können uns an die Ängste und Nöte in der Region erinnern. Wir sind Frau Umweltministerin Priska Hinz sehr, sehr dankbar, dass sie einen Vergleich mit dem Unternehmen erzielt hat und sich BNK zurückgezogen hat.

Das war uns aber noch nicht genug, denn wir wussten, jederzeit kann ein neues Unternehmen kommen und sein Interesse an Fracking geltend machen. Deswegen hat die schwarz-grüne Koalition einen weiteren Punkt auf die Agenda gesetzt: eine gemeinsame Bundesratsinitiative mit anderen Ländern. Dadurch soll ein Verbot des Einsatzes von Chemikalien beim Fracking festgeschrieben werden. In dieser Bundesratsinitiative ist auch festgeschrieben, dass das Bergrecht geändert werden soll. Im Moment steht die Rohstoffförderung stets im Vordergrund. Wir wollen, dass endlich der Mensch im Vordergrund steht – nicht mehr die Rohstoffförderung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Schott, auch wenn Sie immer wieder behaupten, wir würden nicht alles tun, was wir tun können: Das ist alles, was wir tun können, um Fracking rechtssicher zu verhindern. Das hessische Bergrecht mit diesem Ziel zu ändern, genügt nicht, sondern man muss dafür das Bundesbergrecht ändern. Genau das versuchen wir mit unserer Bundesratsinitiative zu erreichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Was aber macht die Bundesregierung? Umweltministerin Hendricks hat jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt. Es gibt darin nur in einem Bereich ein klares Verbot für Fracking: in den wenigen Schutzgebieten zur Wassergewinnung. Wie absurd das ist, habe ich gerade mit dem Beispiel der roten Farbe zu beschreiben versucht. Wasser kennt keine Grenzen. Das angestrebte Gesetz soll Fracking angeblich verhindern. Meine Damen und Herren, das ist reine Augenwischerei.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dirk Landau (CDU))

Als Sigmar Gabriel als Wirtschaftsminister und Frau Hendricks als Umweltministerin ein Eckpunktepapier vorgelegt haben, hieß es zumindest – das hätte uns nicht gereicht, aber es wäre ein erster Schritt gewesen –, oberhalb von 3.000 m Tiefe soll Fracking verboten werden; man soll in solche Tiefen gehen, die vom Grundwasser weit entfernt sind.

(Zuruf des Abg. MTimon Gremmels (SPD))

– Nein, Herr Kollege Gremmels, das Verbot wurde total aufgeweicht. Es dürfen nämlich jetzt Ausnahmen gemacht werden, wenn eine Expertenkommission mit einfacher Mehrheit zustimmt. Sie wissen selbst genau, wie viele unterschiedliche Interessen in diesem Bereich bestehen. Wenn mit einfacher Mehrheit gesagt wird: „Da kann gefrackt werden“, kann das passieren.

An der Stelle kommen die Länder ins Spiel. Sie wollen jetzt wahrscheinlich anführen: Die Länder haben eine Möglichkeit, einzugreifen.

(Zuruf des Abg. MTimon Gremmels (SPD))

Ganz toll. Reden wir doch einmal Klartext. Die Länder bekommen am Ende den schwarzen Peter zugeschoben. Sie stehen vor einem Bundesgesetz voller Schlupflöcher und sollen am Ende die Verantwortung übernehmen. Das geht so nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Was war denn die Forderung von uns Ländern? Wir wollten Fracking im Vorfeld verbieten, und zwar rechtssicher. Deswegen wollen wir das Bundesbergrecht ändern. Genau das erfolgt nicht. Wir werden in einem Zustand der Rechtsunsicherheit gelassen. Wir bekommen ein Fracking-Ermöglichungsgesetz und müssen versuchen, es am Ende irgendwie hinzubekommen. Das ist keine Rechtssicherheit. Wir werden von Umweltministerin Hendricks, von Sigmar Gabriel und von der Bundesregierung weiterhin allein gelassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, dass dieser Gesetzentwurf im Bundestag von Teilen der SPD-Fraktion und von Teilen der CDU-Fraktion durchaus kritisch gesehen wird, und ich weiß, es kommt noch etwas Weiteres, das von Herrn Wirtschaftsminister Gabriel herausgegeben wird. Ich befürchte, dass das keine Verbesserung bringen wird, denn wenn die Umweltministerin schon vorgeprescht ist, heißt das nicht unbedingt etwas Gutes.

Wir haben aber noch eine Chance. Deswegen ist es mir ein echtes Anliegen, dass wir alle in diesem Saal – wir waren uns bei diesem Punkt ja häufig einig – auf unsere Bundestagsabgeordneten Einfluss nehmen, damit wir ein Gesetz bekommen, das Fracking rechtssicher verhindert, damit wir in Hessen endlich Ruhe davor haben und unsere Umweltministerin gestützt wird, statt dass weiterhin Steine in den Weg gelegt werden. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.

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