Inhalt

18.03.2010

SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Trotz „Akteneinsicht“ - Vorwurf des Rechtsbruchs bleibt

„Die vom Hessischen Innenministerium gestern vorgelegten Schriftstücke zum Auswahlverfahren für den Präsidenten der Hessischen Bereitschaftspolizei haben nicht zur Aufklärung beigetragen. Unser Vorwurf des Rechtsbruchs bleibt unverändert bestehen. Nun erwarten wir eine Reaktion des Ministerpräsidenten“, sagten heute der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph, und der innenpolitische Sprecher von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Jürgen Frömmrich. „Bouffier hat die Auflage des obersten hessischen Verwaltungsgerichts nach einem erneuten Auswahlverfahren ignoriert und eiskalt seinen Kandidaten und Parteifreund durchgesetzt.“

„Es wurden so viele Fehler und Unterlassungen im Ministerium begangen, dass man von einem ordentlichen, rechtsstaatlichen zweiten Verfahren nicht sprechen kann“, so Rudolph und Frömmrich. Den Parlamentariern seien wenige, unsystematische, teilweise erst nach der Innenausschusssitzung der vergangenen Woche gefertigte Belege präsentiert worden, aus denen klar hervorgehe, dass das erste Auswahlverfahren um den Präsidenten der hessischen Bereitschaftspolizei nicht ordentlich abgeschlossen und ein zweites Verfahren nicht ordnungsgemäß eröffnet und durchgeführt worden sei.

Beim Vergleich der Aussagen von Minister Bouffier und Staatssekretär Rhein im Innenausschuss am 11. März mit den Schriftstücken in der so genannten Dokumentation am 17. März falle auf, dass der Innenminister laut Wortprotokoll erklärte: „Aus diesen Gründen erfolgte in Abstimmung mit dem Landespolizeipräsidium ein neues, ein zweites personelles Auswahlverfahren. Nach § 8 Abs. 2 des Hessischen Beamtengesetzes ist eine Stellenbesetzung auch ohne Ausschreibung zulässig.“ Dazu finde sich weder ein Beleg zur Beendigung des ersten Auswahlverfahrens, noch eine Information an die Bewerber, dass ein zweites Verfahren stattfinden werde.

„Unsere schlimmsten Befürchtungen wurden bestätigt“, so Rudolph und Frömmrich.

SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entdeckten in den Akten allerdings einen Vorschlag der Fachabteilung für eine zweite öffentliche Ausschreibung, inklusive Ausschreibungstext. „Offenkundig wurde dieser Vorschlag aus dem eigenen Haus von der Spitze des Innenministeriums in den Wind geschlagen und genauso ignoriert, wie der Beschluss des Gerichts, eine zweites Verfahren durchzuführen“, kritisierten Rudolph und Frömmrich. Auch ein Vermerk, dass nach § 8 Abs. 2 des Hessischen Beamtengesetzes von einer öffentlichen Ausschreibung abgesehen werde, sei nicht aufzufinden.

Schließlich fehle auch die Mitteilung an den unterlegenen Bewerber über das Ergebnis des Auswahlverfahrens. Eine solche müsse nach höchstrichterlicher Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes mindestens zwei Wochen vor Ernennung des Mitbewerbers erfolgen, um dem Unterlegenen die Möglichkeit des Rechtsschutzes zu gewähren. Dieses Recht folge unmittelbar aus dem Grundgesetz Art. 33 (2) und 19 (4). Folglich hätte nach der Kabinettentscheidung zwei Wochen abgewartet werden müssen. Die Kabinettsvorlage datiert vom 2. Juli 2009, die Ernennung erfolgte jedoch bereits am 7. Juli 2009.

Rudolph und Frömmrich: „Einem Verfassungsminister, und das ist Bouffier in seiner jetzigen Funktion, darf ein solcher Fehler nicht unterlaufen. Alles spricht dafür, dass der Bruch geltenden Gesetzes bei diesem Vorgang billigend in Kauf genommen wurde. Langecker sollte von Anfang an den Job bekommen – gegen alle Widerstände und auch entgegen der Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs.“

Die beiden Fraktionen kündigten an, heute Ministerpräsident Koch in dieser Angelegenheit anzuschreiben. „Wir wollen wissen, ob er, der Ministerpräsident und sein Kabinett über die Vorgänge im Innenministerium Bescheid wussten und den Beschluss der Verwaltungsrichter kannten, als sie für Herrn Langecker die Hand hoben?“ SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwarteten eine Antwort der Staatskanzlei bis zum kommenden Montag, 22. März, um 10 Uhr.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Günter Rudolph, zeigte sich erschüttert und fühlte sich an eine „Bananerepublik“ erinnert. Der innenpolitische Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Jürgen Frömmrich, bezeichnete die Vorgänge in Bouffiers Ministerium „Rechtsbruch mit Ansage.“


Herausgeber:
Pressestelle der SPD-Landtagsfraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag Pressesprecher/in: Gert-Uwe Mende /Elke Cezanne
Schlossplatz 1-3, 65183 Wiesbaden

Kontakt

Zum Thema