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22.02.2013

Länderfinanzausgleich: GRÜNE wollen breite Landtagsmehrheit für fachlich fundierte Klage erreichen

Mit einem Dringlichen Entschließungsantrag (siehe Anlage) will die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine möglichst breite Mehrheit im Landtag für eine fachlich fundierte Klage gegen den Länderfinanzausgleich (LFA) erreichen. „Es liegt im Interesse des gesamten Landes, mit einer gut vorbereiteten Klage den Länderfinanzausgleich sinnvoll umzugestalten. Wir wollen deshalb auf die anderen Fraktionen zugehen, um die Klage auf eine breite und solide Grundlage zu stellen“, kündigt der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Tarek Al-Wazir an.

„Wir wollen im Interesse Hessens den Erfolg der Klage. Sie könnte den notwendigen Handlungsdruck für Veränderungen am LFA erzeugen. Vordergründige Parteipolitik, Neiddebatten und plumpe Polemik helfen dafür nicht, sondern nur sauberes und solides Regierungshandeln. Parolen werden das Verfassungsgericht nicht beeindrucken, sondern nur gut begründete Fakten“. Um vor dem Verfassungsgericht erfolgreich zu sein, sei eine mit juristisch haltbaren Argumenten untermauerte Klageschrift nötig. Dazu bedürfe es eines durchdachten Konzepts zur Neuregelung des LFA. „Bisher steht die Landesregierung jedoch mit leeren Händen da“. DIE GRÜNEN erwarten, dass die Landesregierung die konkrete Klageschrift jetzt endlich fachlich und juristisch sauber ausarbeite und anschließend dem Landtag vorstelle.

Länderfinanzausgleich ist reformbedürftig

DIE GRÜNEN bekennen sich ausdrücklich zu einem solidarischen Ausgleich zwischen den Bundesländern, sehen aber in den geltenden Regeln zu geringe Anreize für steuerschwache Bundesländer, ihre Haushaltssituation aus eigener Kraft zu verbessern. Ebenso richtig sei, dass steuerstarken Bundesländern zu wenige Steuermehreinnahmen zu ihrer eigenen Verfügung verbleiben. Auch die Finanzierung der Bundeshauptstadt Berlin müsse neu geregelt werden. „Das alles kann aber nur gelingen, wenn die Klage gut begründet ist. Wir wollen vermeiden, dass die Klage so schlecht vorbereitet ist, dass sie keine Chancen hat oder Hessen sogar schadet. Durch eine Wahlkampf-Klage, die nach der Landtagswahl wegen fachlicher Mängel wieder zurückgezogen werden müsste, verlieren wir nur viel Zeit.“

Hessens Finanzprobleme sind hausgemacht

„Auch durch immer schrilleres Wehklagen über den Länderfinanzausgleich wird Schwarz-Gelb nicht davon ablenken können, dass die desaströse Haushaltslage Hessens hausgemacht ist“, stellt Al-Wazir fest. Von allen Flächenländern habe Hessen 2012 das dritthöchste Haushaltsdefizit pro Kopf. Im Vergleich dazu haben sechs Flächenländer per saldo gar keine neuen Kredite aufnehmen müssen, sondern sogar ein positives Ergebnis erzielt. „Die beiden größten Zahler-

länder Bayern und Baden-Württemberg haben im vergangenen Jahr in ihren Haushalten jeweils Überschüsse erwirtschaften können. Aus einfachster Logik folgt daher, dass die hessische Landesregierung das eigene Defizit nicht auf den Finanzausgleich schieben kann“, stellt Al-Wazir fest.

„Durch die Debatte über den Länderfinanzausgleich können CDU und FDP nicht davon ablenken, dass sie Hessen immer tiefer in den Schuldensumpf geführt haben: Mehr als die Hälfte der über 41 Milliarden Euro Landesschulden gehen auf nur 17 Jahre schwarz-gelber Landesregierungen zurück.“ Es sei absurd und erbärmlich, wenn Schwarz-Gelb, wie gestern auf einer Pressekonferenz der Regierungsfraktionen geschehen, die Schuld für im Ländervergleich überbordende Defizite immer noch bei Rot-Grünen Landesregierungen vor 1999 suche.

Belastungen Hessen durch den LFA sind so niedrig wie seit 20 Jahren nicht

Es stimme auch keineswegs mit den Fakten überein, dass die Belastung Hessens durch den LFA kontinuierlich gestiegen sei. „Hessens Beitrag lag 2012 bei rund sechs Prozent seiner Gesamtausgaben. Im Vergleich zu 2007 und 2008 hat sich damit die Belastung mehr als halbiert. Bezogen auf seine Gesamtausgaben ist Hessen mit seiner Einzahlung aktuell so niedrig belastet wie seit 1995 nicht mehr“, rechnet Al-Wazir vor.

Beschimpfungen anderer Länder erschweren Verhandlungen nach Erfolg einer Klage

„Klageziel muss ein Finanzausgleich sein, der die grundgesetzliche Vorgabe erfüllt, die Finanzkraft der Länder angemessen auszugleichen, und gleichzeitig die vorhandenen Missstände beseitigt.“ Das Verfassungsgericht werde jedoch der Politik nicht die Arbeit abnehmen. „Auch bei einer erfolgreichen Klage müssen anschließend die Länder wieder verhandeln, wie sie das Urteil umsetzen. Hierfür sind Beschimpfungen anderer Länder nicht hilfreich. Im Gegenteil: sie schaden den Interessen Hessens“.

Klage birgt auch Risiken

Man dürfe sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Klage auch Gefahren mit sich bringe. Das Grundgesetz sehe vor, dass im Ausgleich auch die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Kommunen angemessen zu berücksichtigen sei. „Wenn das Verfassungsgericht zu dem Schluss kommt, dass die kommunalen Einnahmen künftig stärker als bisher im LFA berücksichtigt werden müssen, würde dies Hessen zusätzlich belasten“, warnt Al-Wazir.

Der Zeitpunkt der Klageankündigung und das fehlende Konzept zur Neuregelung des Länderfinanzausgleichs legten den Verdacht nahe, dass es sich um ein plattes Ablenkungsmanöver handeln sollte, das die Landesregierung aus purer Angst vor der drohenden Abwahl gestartet hat. „Bei der Klage gegen den Länderfinanzausgleich steht für Hessen aber zu viel auf dem Spiel, um es als Wahlkampfthema zu missbrauchen. Mit unserem Antrag wollen wir zu einer sachlichen Debatte im Interesse Hessens zurückkehren“.

 

Zahlungen Hessens in den
LFA in % der bereinigten Gesamtausgaben

1993

7,7

1994

6,6

1995

5,9

1996

10,0

1997

9,5

1998

10,2

1999

13,9

2000

15,4

2001

14,2

2002

11,3

2003

9,8

2004

9,9

2005

7,4

2006

11,5

2007

15,1

2008

12,6

2009

8,8

2010

7,7

2011

7,8

2012

6,0

Quellen: Übersichten in den Haushaltsplänen, Eckdaten zum Haushaltsvollzug 2012, BMF (Eigene Berechnungen)

Dringlicher Entschließungsantrag


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Elke Cezanne

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