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17.02.2009

Konjunkturprogramm: Ja zu Investitionen in Schulen, Hochschulen und nachhaltige Entwicklung – Nein zu aktionistischer Geldverschwendung

Eine differenzierte Bewertung des von der Landesregierung vorgelegten Konjunkturprogramms hat die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute auf einer Pressekonferenz vorgenommen. „Die insgesamt 1,84 Milliarden Euro für Schulen, Hochschulen und Krankenhäuser treffen auf unsere grundsätzliche Zustimmung. Bei diesem Teil des Konjunkturprogramms ist klar, wofür die Gelder verwendet werden sollen und dass sie einen nachhaltigen Nutzen für das Gemeinwesen haben können“, sagt der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Tarek Al-Wazir.

„Leider trifft genau das für die übrigen 770 Millionen Euro überhaupt nicht zu. Hier ist entweder noch gar nicht klar, was mit den Steuergeldern genau gemacht werden soll, oder es ist höchst zweifelhaft, ob daraus tatsächlich dauerhaft mehr Nutzen als Schaden entsteht. Wir werden uns dafür einsetzen, insbesondere diesen Teil des Konjunkturprogramms zwar schnell, aber dennoch sorgfältig im Parlament zu beraten. Zwar müssen die Maßnahmen zügig auf den Weg gebracht werden, um gegen die Wirtschaftskrise wirksam werden zu können. Das darf aber nicht zu einer aktionistischen Geldverschwendung führen, die mit ein paar Monaten Abstand alle bereuen werden. Es ist klar, dass dieses Paket schuldenfinanziert ist und die finanziellen Spielräume durch Zins und Tilgung in den kommenden Jahren einschränken wird. Deshalb muss ganz besonders darauf geachtet werden, dass die Maßnahmen nachhaltig und zukunftsfest  sind.“ Vor diesem Hintergrund kritisiert Al-Wazir, dass auch die hessische FDP weiterhin Steuersenkungen fordert. Angesichts der jetzt geschnürten Konjunkturpakete und der zu erwartenden Schulden sei es „hochgradig unseriös, um nicht zu sagen absurd“, die Einnahmebasis des Landes noch weiter verringern zu wollen. „Unser Abstimmungsverhalten wird auch davon abhängen, ob dieser Teil des Konjunkturprogramms noch verbessert werden kann“

Vor diesem Hintergrund fordern DIE GRÜNEN:

  • Schnelle, aber sorgfältige parlamentarische Beratung des Konjunkturpakets
    „Aus unserer Sicht kann und muss das Konjunkturpaket aufgrund seiner Eilbedürftigkeit zügig im Landtag behandelt werden. Die teilweise in der Regierung geäußerte Vorstellung, schon Anfang März ohne sorgfältige Ausschussberatungen und ohne jede Anhörung das Paket einfach durchzuwinken ist nicht akzeptabel. Wir halten eine Verabschiedung bereits Ende März für möglich. Auch halten wir es für sinnvoll, dass die Kommunen für die Investitionen in Schulen, Hochschulen und Krankenhäuser schon jetzt in Vorgriff auf einen Beschluss des  Landtags mit den Vorbereitungen beginnen. Der übrige bislang sehr unpräzise Teil des Pakets muss jedoch bis Ende März sorgfältig unter Beteiligung von Fachleuten beraten werden. Es kann nicht sein, dass fast eine Milliarde Euro Steuergeld hoppla hopp mit der Gießkanne ohne erkennbare Richtung und Ziel in der Landschaft verteilt wird“
  • Öffentlicher Nahverkehr und Datenautobahnen statt Straßenbau
    200 Millionen Euro für zusätzliche Straßen und Beton in der Landschaft ausgeben zu wollen, ist das genaue Gegenteil von nachhaltigen Investitionen. Wir sind überzeugt, dass ein Großteil dieses Geldes besser in den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs und die Förderung der Breitband-Versorgung im ländlichen Raum investiert wäre. Hierzu werden wir konkrete Vorschläge machen und fordern auch von der Landesregierung, ihre Pläne genau zu benennen. Ein Politik nach dem Motto ‚Straßenbau wird schon irgendwie helfen‘ wird der Krise nicht gerecht. Sowohl im Rhein-Main-Gebiet als auch in Nordhessen gibt es zahlreiche Projekte zur Verbesserung der Qualität im öffentlichen Personennahverkehr, die aufgrund ihres Planungsstandes kurzfristig umgesetzt werden können und einen Investitionsschub in zweistelliger Millionenhöhe auslösen würden. Zu den Projekten gehören unter anderem die Sanierung von Bahnhöfen, die Verbesserung der Streckeninfrastruktur sowie in Nordhessen die Kurhessenbahn.“
  • Energetische Sanierung und Nahwärmenetze
    „Weitere Mittel sollen in die klimawirksame energetische Sanierung von kommunalen Gebäuden und Wohnungen fließen. Das sind – anders als beim Straßenbau – Investitionen, die nicht nur keine Folgekosten produzieren, sondern im Gegenteil sogar zukünftige Kostenbelastungen vermindern. Die energetische Sanierung im Mietwohnungsbau kommt gerade jenen zugute, die unter steigenden Heizkosten besonders zu leiden haben: einkommensschwachen Haushalten. So wirkt diese ökologisch, sozial und wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme besser auf die Konjunktur als jede Steuersenkung, da Haushalte mit geringem Einkommen an einer Stelle eingesparte Gelder an anderer Stelle wieder ausgeben werden. Der Auf- und Ausbau weiterer Nahwärmenetze leistet einen Beitrag zur Effizienzsteigerung, zur notwendigen dezentralen Gestaltung des Energieversorgungsnetzes und damit  zum  Klimaschutz. Gleichzeitig werden neben der Bauwirtschaft auch zahlreiche hessische Hersteller von Heizungstechnologie mit Aufträgen unterstützt. Wir wollen Investitionen, die moderner Heizungstechnik z.B. der Firmen Viessmann und Buderus zum Durchbruch verhilft und nicht nur in Baggern der Firma Caterpillar endet.“
  • Kommunalen Investitionen eine Richtung geben
    „Wir begrüßen, dass das Konjunkturprogramm einen kommunalen Schwerpunkt hat. Aber auch hier gilt: Das Geld darf nicht für irgendwas ausgegeben werden, sondern die Investitionen müssen eine Richtung haben. Wenn am Ende den Kommunen mehr Folgekosten als Folgenutzen entstehen, ist nichts gewonnen. Hier wollen wir in den parlamentarischen Beratungen mit Experten erörtern, ob sich das Konjunkturprogramm nicht spezifischer und damit wirkungsvoller gestalten lässt.“
  • Beteiligung der kommunalen Parlamente sicherstellen
    „Das Konjunkturpaket darf kein reines Bürgermeister- und Landräte-Programm sein. Angesichts der Folgewirkungen und evtl. Folgekosten ist eine Beteiligung der kommunalen Parlamente sicherzustellen. Investitionen dieser Größenordung brauchen ein möglichst breites demokratisch legitimiertes Fundament. Das bedeutet nicht epische Beratungen in unendlichen Gremien, sondern zügige Entscheidung unter Beteiligung der von der Bevölkerung gewählten Gremien. Dies ist auch ein Beitrag, Verschwendung in unsinnige Projekte zu verhindern.“
  • Faire Wettbewerbsbedingungen und Korruptionsschutz wahren
    „Im Zuge des Konjunkturprogramms will die Landesregierung die Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben von öffentlichen Aufträgen drastisch anheben. Dabei geht sie über die Vorgaben der Großen Koalition in Berlin hinaus. Die Große Koalition zieht für die freihändige Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen eine Grenze von 100 000 Euro ein, CDU und FDP in Hessen erst bei 250 000 Euro. Der Bund befristet die Aufweichung der Regeln für Korruptionsbekämpfung bei zwei Jahren, Hessen lässt dies nach bisherigem Entwurf bis zum Jahr 2013 zu. Dies halten wir für gefährlich. Um Vetternwirtschaft und Vorteilsnahme bei der zu erwartenden Auftragsflut entgegenzuwirken, fordern wir im Gesetzgebungsverfahren eine Konkretisierung hinsichtlich der gezielten Information der Kommunen, um Absprachen von Auftragnehmern zu verhindern. Auch muss durch Kontrolle weiterhin für Wettbewerb gesorgt werden. Dazu könnte eine Pflicht zur Veröffentlichung der vergebenen Aufträge beitragen.“

Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Elke Cezanne

Schlossplatz 1-3; 65183 Wiesbaden
Fon: 0611/350597; Fax: 0611/350601
Mail: gruene@ltg.hessen.de
Web: http://www.gruene-fraktion-hessen.de

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