„Keine Vorstellung davon, wie Hessen am Ende der Legislaturperiode aussehen soll und damit keine Vorstellung, wie die die Entwicklungsmöglichkeiten Hessens genutzt und damit die Zukunft gesichert werden soll hat die CDU/FDP-Landesregierung in den ersten 100 Tagen ihrer Regierungszeit entwickelt. Stattdessen war die Zeit geprägt von ideenlosem Herumwursteln, Uneinigkeit in der Regierung und Pannen im Kultusministerium. Ministerpräsident Koch ist nach dem Fehlstart bei seiner Wahl zum Ministerpräsidenten, bei der ihm vier Stimmen aus den eigenen Reihen fehlten, angeschlagen. Kultusministerin Henzler glänzt durch Pannen anstatt die Probleme der Schulen zu lösen und die anderen Ministerinnen und Minister wursteln meist ziellos vor sich hin. Der Eindruck des Ausgebranntseins, der sich schon in der uninspirierten Koalitionsvereinbarung manifestierte, setzt sich im Regierungsalltag fort. Dies zeigt sich gerade auch in der Ausgestaltung des hessischen Investitionsprogramms, mit dem sehr viel Geld zur Verfügung gestellt wird. Aber diese Millionen werden jenseits des Zukunftsthemas Bildung relativ wahllos ausgegeben und viel zu wenig in Zukunftsfelder wie Infrastruktur der Zukunft oder Energieeffizienz gesteckt. Auch die FDP-Minister bringen keinen neuen Wind in das Regierungshandeln, sondern vermitteln besonders im Falle der Kultusministerin nach 100 Tagen den Eindruck, als wollten sie in Riesenschritten den Stand der Ratlosigkeit ihrer Vorvorgänger am Ende von deren Amtszeit vermitteln. Die hessischen Bürgerinnen und Bürger haben das Nachsehen“, stellt der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag, Tarek Al-Wazir, zur 100-Tage-Bilanz der schwarz-gelben Landesregierung fest.
In den Wochen nach dem Fehlstart bei seiner Wahl als Ministerpräsident war Roland Koch offensichtlich so intensiv damit beschäftigt, den Aufstand in der CDU möglichst klein zu halten, dass er nicht dazu kam, sich um seine Aufgaben als Ministerpräsident zu kümmern. Trotzdem habe er auch als CDU-Landesvorsitzender bei der Aufstellung der Liste zur Europawahl eine Schlappe hinnehmen müssen, da er seine Favoriten nicht durchsetzen konnte und stattdessen Thomas Mann und Oda Scheibelhuber aussichtsreiche Plätze erreichen konnten. „Wir begrüßen ausdrücklich, dass sich auch in der Landes-CDU normale demokratische Prozesse beginnen zu entwickeln. Es bleibt zu hoffen, dass sich die CDU-Landtagsfraktion jetzt auch selbstbewusst zu Wort meldet, wenn die Landesregierung offensichtlich keine Vorstellung von der Zukunft mehr hat.“
„Auch bei der Krise um Opel bleibt Roland Koch entgegen seines sonstigen Ehrgeizes blass und sogar der selbsternannte Arbeiterführer und Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, Rüttgers, konnte ihm in der Öffentlichkeit den Rang ablaufen. Am Fall Opel wird exemplarisch, dass die ideologische Ausrichtung dieser Landesregierung nicht mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen ist. Durch den vorausseilenden Ausschluss jeder auch zeitlich befristeten staatlichen Beteiligung hat sich Roland Koch selbst in die Lage gebracht, jedes Angebot eines Investors bejubeln zu müssen. Im Falle FIAT hat dies dazu geführt, dass er morgens jubelte, um schon nachmittags zurückzurudern. Wir als GRÜNE sind erfreut darüber, dass unsere Vision einer Herauslösung von Opel aus dem GM-Konzern vom November jetzt in greifbare Nähe kommt. Um die Unabhängigkeit von Opel zu erreichen, den Konzern umweltfreundlicher, damit langfristig zukunftsfähig zu machen und dadurch möglichst viele Arbeitsplätze gerade in Hessen zu retten, ohne Milliarden an staatlichem Geld zu versenken bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung aller politischen und gesellschaftlichen Kräfte. Was in der jetzigen Situation allerdings überhaupt nicht gebraucht wird ist Ideologie ohne jede Sachkenntnis. Die Ideologie der FDP, der Staat dürfe aus Prinzip keine aktive Rolle spielen, und die Zerrissenheit der CDU in dieser Frage verhindern aktives zielgerichtetes Handeln der Landesregierung zugunsten der Opel-Beschäftigten. Wer wie die FDP Opel ernsthaft mit Schiesser vergleicht und damit Autos mit Unterhosen, der hat nicht verstanden, dass Rüsselsheim eine höhere Quote von Beschäftigten in Forschung und Entwicklung hat als die Wissenschaftsstadt Darmstadt“, bedauert Tarek Al-Wazir.
Eine sehr unrühmliche Rolle habe Roland Koch gespielt als er die Ablösung von Nikolaus Brender als ZDF-Chefredakteur betrieben habe. „Damit hat er bundesweit einmal wieder sein Negativimage poliert. Glücklicherweise blieb er erfolglos und ihm wurden seine Grenzen aufgezeigt.“
Insgesamt vermitteln auch die FDP-Minister als Neue im Kabinett keinen Aufbruch und fallen hinter ihre Wahlversprechen zurück. „Jörg-Uwe Hahn genügt es, sich in seiner neuen Funktion als stellvertretender Ministerpräsident zu sonnen, Dieter Posch ist im Wirtschaftsministerium fast schon in Vergessenheit geraten, was angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise umso erstaunlicher ist, und Dorothea Henzler stiftet Chaos im Kultusministerium. So tauchte sie nach der Panne während des Mathe-Abiturs am Wochenende ab, während Tausende Abiturienten um ihre Prüfungsergebnisse und damit um die für ihre Zukunft nicht unwichtigen Abiturnoten bangten. Gutes Krisenmanagement sieht anders aus. Von den großspurigen Ankündigungen der FDP, mit ihr in der Regierung werde alles anders, ist nicht viel zu bemerken. Weder gab es strukturelle Veränderungen in der Regierungsarbeit, noch im Stil. Vorschläge anderer Fraktionen werden nach dem Motto der CDU-Alleinregierung ‚Mehrheit ist Wahrheit‘ abgebügelt. Die FDP ist selbstzufrieden damit, dass sie drei Minister stellt, Inhalte und Stilfragen sind dann vernachlässigbar. 2009 steuert Hessen auf einen neuen Schuldenrekord zu. Es ist schon interessant: Das letzte Mal, als die FDP der Landesregierung angehörte, im Jahr 2002, gab es einen Schuldenrekord und 2009, wenn die FDP wieder dabei ist, ist es ebenso. Es ist schon seltsam, dass diese Partei in jedes Wahlprogramm die Forderung nach einem Schuldenverbot bei gleichzeitigen Steuersenkungsforderungen schreibt, die Staatsverschuldung aber immer dann aus dem Ruder läuft, wenn sie regiert. Wir sind gespannt auf die strukturellen Vorschläge der FDP, wenn wir im Herbst in die Beratungen zum Landeshaushalt 2010 einsteigen.“
DIE GRÜNEN bedauern, dass auf die entscheidenden Fragen für die Zukunft Hessens von dieser schwarz-gelben Landesregierung keine Antworten gegeben werden. „Von dem notwendigen Aufbruch in der Bildungspolitik ist weit und breit nichts zu sehen, eine andere moderne Energiepolitik ist nicht gewollt, statt Hessen zu einem Musterland für erneuerbare Energien zu machen, wird das Musterland für Kohle und Atom immer wahrscheinlicher: Mehr Gerechtigkeit und Teilhabechancen sind Fremdworte für diese Regierung und Investitionen in eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik sind auch nicht zu sehen“, bedauert Tarek Al-Wazir die Bilanz der ersten 100 Tage. „Wir geben aber die Hoffnung nicht auf, dass positive Veränderungen in der Sache in der Zukunft möglich sind, deshalb arbeiten wir weiterhin an Alternativvorschlägen zur hessischen Regierungspolitik.“
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