Wir hoffen auf schnelle und umfassende Aufklärung im Untersuchungsausschuss „Entlassungsaffäre Mansoori“
Vor rund zwei Monaten hat Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori seine Staatssekretärin Messari-Becker mit dem dramatischen Vorwurf eines „nicht hinnehmbaren Fehlverhaltens“ entlassen. Das grenzt an Rufmord, denn der Minister ist seitdem nicht Willens, diesen Vorwurf näher zu begründen. Wir haben alles versucht, um Informationen zu erhalten, worin dieses angebliche „Fehlverhalten“ begründet sein soll und wie der Minister an Informationen zu diesem Verhalten gekommen ist, das außerhalb des Dienstverhältnisses geschehen sein soll. Der Minister soll Messari-Becker vorgeworfen haben, ihre Rolle als Staatssekretärin bei einem Elterngespräch an einer Schule als Druckmittel gebraucht zu haben. Sie bestreitet das kategorisch. Zum Hintergrund: Normalerweise reicht für die Entlassung eines oder einer politischen Beamten der Hinweis auf ein nicht mehr vorhandenes Vertrauensverhältnis, rufschädigende Begründungen werden nicht mitgeliefert.
Zunächst haben wir dem Wirtschaftsminister selber in einer Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses in den Sommerferien einen Fragenkatalog vorgelegt, den er gar nicht oder nur unzureichend beantwortet hat. Der Minister mauerte, statt aufzuklären.
Um zu erfahren, welche Rolle das Kultusministerium bei dieser Affäre spielt, haben wir den Kultusminister Armin Schwarz in der Sitzung des Kultuspolitischen Ausschusses gefragt. Das Fazit: „Schulrechtlich“ war das Verhalten Messari-Beckers nicht relevant, warum sie dann entlassen wurde, ist weiterhin unbekannt. Weitergehende Neuigkeiten zur Affäre gab es nicht.
Da wir von zwei Ministern keine hinreichende Auskunft erhalten hatten, wendeten wir uns mit einem Offenen Brief an den Ministerpräsidenten als Chef des Kabinetts. Boris Rhein ließ seinen Wirtschaftsminister und Stellvertreter im Regen stehen, der Staatskanzlei sei von einem „Fehlverhalten“ nichts bekannt.
Als letzte Möglichkeit, Auskunft zu erhalten, sahen wir die Diskussion im Landtag während des Plenum über die Entlassungs-Affäre. Letztlich blieb auch hier vieles im Dunklen und vor allem entschuldigte sich der Minister keineswegs bei der entlassenen Staatssekretärin.
Leider schadet Mansoori damit nicht nur seiner einstigen Mitarbeiterin, sondern dem ganzen Land. Wer soll auf dieser Grundlage und angesichts dieses Vorgangs überhaupt noch bereit sein, in Spitzenpositionen für die Landesregierung zu arbeiten, wenn derartig rufschädigend, unprofessionell und unwürdig mit einem umgegangen wird? Welche qualifizierte Person außerhalb des politischen Betriebs lässt sich auf einen Arbeitgeber ein, der behauptet „Werte und Ansprüche“ zu haben, diese aber nicht benennt? Die SPD ist im Landtagswahlkampf vergangenes Jahr angetreten, „die besten Kräfte für Hessen“ zu haben. Stattdessen desavouiert sie ihr Spitzenpersonal. So kann man ein Land nicht regieren. Zuviel steht für Hessen auf dem Spiel, zu groß sind die Herausforderungen unserer Zeit.
Mansoori hat vor dem Landtag im September-Plenum erstmals eingeräumt, er hätte seine „streitbare Pressemitteilung“ anders formulieren können, in der er Messari-Becker ein Fehlverhalten außerhalb der Dienstzeit vorwarf. Er fügte hinzu: „Wäre es womöglich sogar besser gewesen, sie knapper zu halten? Aus heutiger Sicht ja. Bedauere ich den Fortgang? Ja.“ Eine Entschuldigung sieht anders aus. Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori hat in der Debatte zwar Anlauf genommen, aber er hat die entscheidenden Schritte nicht gemacht und wesentliche Fragen nicht beantwortet. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses war für uns die logische Konsequenz. Die Art der Versetzung von Staatssekretärin Lamia Messari-Becker in den einstweiligen Ruhestand gleicht einem Rufmord und ist längst zur Affäre Mansoori geworden. Weiterhin unbeantwortet ist unter anderem die Frage, wer die Dokumentation des angeblichen Fehlverhaltens der Staatssekretärin erstellt hat. Wurden Mitarbeitende des Wirtschaftsministeriums damit beschäftigt, Material gegen ihre eigene Staatssekretärin zu sammeln?
Nachdem Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori vor dem Plenum erneut Antworten in der Entlassungs-Affäre um seine ehemalige Staatssekretärin schuldig geblieben ist, haben wir gemeinsam mit den Freien Demokraten einen Einsetzungsantrag (PDF) für einen Untersuchungsausschuss (UNA) eingereicht. Die beiden Fraktionen stellen mit 22 Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und acht Abgeordneten der Freien Demokraten mehr als das für einen Untersuchungsausschuss erforderliche Fünftel aller Abgeordneten des Landtages.
Die Anwälte Messari-Beckers kündigten inzwischen an, ihre Mandantin werde „konstruktiv mit dem Untersuchungsausschuss zusammenarbeiten“, falls das Parlament dies wünsche. Das Gremium könne in jedem Fall der Aufklärung dienen.
Erstaunt waren wir in der konstituierenden Sitzung des UNAs Ende September über die Wahl der SPD für den UNA-Vorsitz: Den hat mit Marius Weiß ein Sozialdemokrat übernommen, gegen den die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl wegen Urkundenfälschung verhängt hat und der Wirtschaftsminister Mansoori noch einiges schuldet: Mansoori sorgte als Vorsitzender des einflussreichen SPD-Bezirks Hessen Süd im Herbst 2023 dafür, dass Weiß nach seiner persönlichen Affäre überhaupt wieder auf die Landesliste kam und als Abgeordneter wiedergewählt werden konnte. Wir werden genau hinschauen, wie Weiß den UNA leitet und hoffen auf schnelle und umfassende Aufklärung.