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21.03.2024

Hessen ist sicher – aber nicht überall, und nicht für jede

Zur Regierungserklärung des Hessischen Innenminister Roman Poseck

Die aktuelle Kriminalstatistik des Jahres 2023 zeigt, Hessen weiterhin eines der sichersten Bundesländer. Das liegt vor allem daran, dass eine gut ausgestattete und gut ausgebildete Polizei gute Arbeit leistet. Die Beamtinnen und Beamten verdienen deshalb unsere Wertschätzung. Dazu gehört auch, dass wir gewalttätige Übergriffe gegen die Polizei entschieden verurteilen. Anders als die aktuelle Regierungskoalition halten wir eine Verschärfung des Strafrahmens für den Tatbestand des tätlichen Angriffs allerdings nicht für den richtigen Weg. Es handelt sich dabei um Symbolpolitik, denn das Strafrecht schützt speziell die Polizistinnen und Polizisten schon jetzt sehr effektiv. Richtig ist es vielmehr, der Tendenz einer zunehmenden Verrohung bereits präventiv, durch Versachlichung des öffentlichen Diskurses entgegenzutreten. Nur so können wir verhindern, dass eine gewalttätige Minderheit im Schutz einer friedlichen Mehrheit agieren kann. Mit der Landesregierung sind wir uns einig, dass dabei die größte Gefahr vom Rechtsextremismus ausgeht, und dass insbesondere die Prägung von Jugendlichen durch Soziale Medien besorgniserregend ist.

Die Polizei im demokratischen Rechtsstaat braucht ein Leitbild, dessen Kern die Würde, die Freiheit und die Gleichheit aller Menschen ist. Hier ist die hessische Polizei auf einem guten Weg. Die unabhängige Experten-Kommission zur Verantwortung der Polizei in einer pluralistischen Gesellschaft, die auf Initiative der GRÜNEN Landtagsfraktion in der vergangenen Legislaturperiode ins Leben gerufen wurde, hat hier bereits sehr viel Gutes bewirkt. Wenn der Innenminister von einer neuen Führungs- und Fehlerkultur spricht, wenn er herausstreicht, dass die Polizei sich als lernendes System begreift, dann halten wir das zwar für glaubhaft. Wir nehmen den Innenminister aber beim Wort und werden genau darauf achten, dass diese Versprechungen auch eingehalten werden. Erste Zweifel daran gibt es bereits, weil die schwarz-rote Landesregierung die Handlungsempfehlungen der Untersuchungsausschüsse zum Mord an Walter Lübcke und den rassistischen Morden in Hanau zur Arbeit des Verfassungsschutzes, zur Rassismus-Arbeit innerhalb und außerhalb der Polizei, zum Waffenrecht und nicht zuletzt zum Opferschutz weitgehend ignoriert, sie jedenfalls marginalisiert.

Die Kriminalstatistik 2023 zeigt uns schließlich auch eine sehr traurige Wahrheit: die Zunahme der Gewalt an Frauen. Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Ex-Partner, eine Frau zu töten, an jedem dritten Tag verliert eine Frau in Deutschland ihr Leben, weil ihr (Ex-)Partner ihr tödliche Gewalt antut. Femizide und Femizidversuche müssen künftig als solche benannt und in der Kriminalstatistik entsprechend aufgeführt werden, damit wir mehr über dieses erschreckende Phänomen erfahren und der Rahmen für vorbeugende Maßnahmen geschaffen werden kann. Dies muss in eine umfassende Femizidstudie eingearbeitet werden, deren Veröffentlichung auf einen allgemeinen Bewusstseinswandel hinwirken soll. Weil Gewalt an Frauen seltener in der Öffentlichkeit verübt wird, sondern in häuslichen Beziehungen, kommt es darauf an, Sensibilität für die Situation von Frauen zu wecken, die in sogenannten stabilen Gewaltbeziehungen leben. Sobald Frauen versuchen, sich aus solchen Beziehungen zu befreien, steht an deren Ende häufig tödliche Gewalt. Das dürfen wir nicht hinnehmen.

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