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10.11.2012
Landesarbeitsgemeinschaften, Landesmitgliederversammlung

Von Energiewende verstehen wir mehr – Was jetzt zu tun ist: Der GRÜNE 7 Punkte Plan zur Energiewende

Von Energiewende verstehen wir mehr (pdf)

Es ist genau 1 Jahr her, seitdem die Ergebnisse des hessischen Energiegipfels verkündet wurden. Vorangegangen war im März 2011 eine der größten Atomkatastrophen der Menschheitsgeschichte in Fukushima. Wir GRÜNE haben uns konstruktiv in die Beratungen des Energiegipfels eingebracht. Tarek Al-Wazir hat gemeinsam mit Umweltministerin Puttrich eine Arbeitsgruppe geleitet und wir haben am Ende das Ergebnis – trotz teilweise schwieriger Kompromisse – mitgetragen. Die großen Ziele waren es uns wert:

  • Das Ende der Nutzung der Atomkraft in Hessen und Deutschland, für das wir gemeinsam mit der Anti-AKW-Bewegung seit drei Jahrzehnten gekämpft hatten.
  • Ein breiter gesellschaftlicher Konsens über Hessens Weg in das Zeitalter der Erneuerbaren Energien.
  • Die Überwindung der Blockade der Erneuerbaren Energien durch schwarz-gelb in Hessen.

Wir hatten erwartet, dass es die schwarz-gelbe Bundes- und Landesregierung wirklich ernst meint und die Energiewende endlich auch in Hessen beginnt.

1 ½ Jahre nach Fukushima und 12 Monate nach dem Energiegipfel müssen wir feststellen: Biblis A und B sind durch bundespolitische Entscheidungen abgeschaltet. Die hessische Landesregierung versagt jedoch beim Aufbau einer regenerativen Energiewirtschaft. Statt die „Revolution Energiewende“ endlich auch in Hessen zu beginnen ist die Konterrevolution in vollem Gange. Schwarz-gelb kann und will die Energiewende nicht. Nach einigen verbalen Lockerungsübungen unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe in Japan sind CDU und FDP rasch wieder in ihr altes Denken zurückgefallen. Statt die Energiewende mutig und durch konkrete Maßnahmen voranzutreiben, wird fröhlich gegen sie polemisiert und den Privilegien der großen vier Stromversorger das Wort geredet. Einige Beispiele:

  • Der Ministerpräsident spricht gern und viel über die Probleme und die Mühsal der Energiewende. Wir rufen ihm zu: Diese Probleme hätten wir gerne! Denn, wer wie die hessische Landesregierung mit der Energiewende noch nicht einmal angefangen hat, dem kann sie auch keine Probleme machen.
  • Statt Vorschläge zum Ausbau der Erneuerbaren zu machen, wird aus den Reihen von schwarz-gelb gefordert, die Erneuerbaren zu deckeln, weil sie zu erfolgreich seien. Absurder geht es nicht! Statt das weltweit anerkannte und kopierte Erneuerbare Energiegesetz Gesetz weiterzuentwickeln, will es die FDP durch ein Quotenmodell ersetzen, das in anderen Ländern bereits gescheitert ist.
  • Der stellvertretende Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn (FDP) versteigt sich in der Sitzung des Landtags vom 6. September 2012 auf den GRÜNEN Vorwurf hin „Sie stehen nicht zur Energiewende. Wahrscheinlich haben Sie nie zur Energiewende gestanden.“ gar zu der Äußerung: „Jo, wir werden auch nie zur Energiewende stehen!“

 

Was jetzt für die Energiewende zu tun ist –
in Hessen und Deutschland

Niemand hat gesagt, dass die Energiewende einfach wird. Wir reden über nicht mehr und nicht weniger als eine Revolution in der Art wie wir Energie nutzen und erzeugen. Ein solcher Weg ist nicht ohne Risiken, vor allem aber steckt er voller Chancen: für eine lebenswerte Umwelt für uns und unsere Kinder, für hundertausende zukunftssichere Arbeitsplätze und für eine stärkere Unabhängigkeit unserer Volkswirtschaft von Rohstoffimporten und steigenden Energiepreisen.

Der Weg in das Zeitalter der Erneuerbaren Energie ist der bislang einzige vorliegende Vorschlag, wie

  • wir aus der Nutzung der Atomkraft mit ihren unverantwortlichen Risiken im Betrieb und der ungelösten Endlagerfrage aussteigen und
  • die Klimaschutzziele, zu denen sich die Bundesrepublik verpflichtet hat, erreichen können.

Wer wie schwarz-gelb gegen die Energiewende hin zu den Erneuerbaren polemisiert, müsste zumindest beschreiben, was eigentlich die Alternative sein soll. Aber diese bleibt schwarz-gelb der Öffentlichkeit schuldig.

Seit unserer Gründung beschäftigen wir GRÜNE uns mit dem Ausstieg aus der Atomkraft und den Einstieg in die Erneuerbaren Energien. Letztere haben inzwischen bundesweit einen Anteil von 25% an der Stromversorgung erreicht. Wir treten jetzt in eine neue Phase ein. Es geht nicht mehr um die Integration der Erneuerbaren, sondern um die Transformation unseres Energiesystems hin zu den Erneuerbaren.

Die Energiewende liegt in der Hand der Bürgerinnen und Bürger. Für uns GRÜNE ist klar, ohne die Bürgerinnen und Bürger wären wir angesichts der Atompolitik von schwarz-gelb nie soweit bei dem Ausbau der Erneuerbaren Energien gekommen und mit den Bürgerinnen und Bürgern steht und fällt die Energiewende. Wir wollen deswegen gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie mit den Kommunen die Energiewende voranbringen und damit die regionale Wertschöpfung erheblich steigern. Der Gewinn aus der Energiewende soll daher hauptsächlich vor Ort stattfinden. Bei Planungsprozessen sind Transparenz und eine frühestmögliche Beteiligung essentiell.

Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, müssen in Hessen bis zum Jahr 2020 rund 40 Prozent der CO2 Emissionen im Vergleich zu 1990 eingespart werden. Geschafft sind bisher nur acht Prozent, und auch das nur, wenn man den Flugverkehr nicht einbezieht. Wir müssen also noch erhebliche Anstrengungen leisten. In Hessen ist die Stromerzeugung für 22% der CO2-Emmissionen verantwortlich. Der Verkehrsbereich verursacht jedoch rund 33% und die Bereitstellung von Wärme sogar 45%.

Die Energiewende ist möglich, wenn wir sie jetzt und wirkungsvoll angehen. Mit diesem 7-Punkte-Plan zeigen wir auf, was jetzt zu tun ist.

Die Energiewende muss man wollen und man muss sie auch können. Für schwarz-gelb trifft beides nicht zu. Von der Energiewende verstehen wir einfach mehr. Deshalb machen wir folgende Vorschläge, um die Energiewende endlich voran zu bringen – in Hessen und in Deutschland:
 

1. Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) weiterentwickeln – faire Strompreise umsetzen

Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) ist der Motor der Energiewende. Es ist weltweit anerkannt und kopiert. Nur durch die Investitionssicherheit in Erneuerbare Energien konnte der Ökostrom-Anteil in Deutschland auf heute 25 % gesteigert und 380.000 Arbeitsplätze neu geschaffen werden. Im Zuge der Markteinführung sind die Vergütungssätze für erzeugten Strom aus Erneuerbaren Energien bereits in den vergangenen Jahren um die Hälfte bis zu zwei Dritteln gesunken. Eine Anpassung des EEG an die Marktentwicklung ist also nichts Neues. Neu ist lediglich die polemische Debatte, die darüber von schwarz-gelb geführt wird. Statt konkrete Vorschläge vorzulegen, wie man es von Mitgliedern der Bundes- und Landesregierung erwarten könnte, wird nur die Verunsicherung geschürt. Schon heute haben die Debatten den Herstellern von Ökostromtechnologien in unserem Land massiv geschadet, bereits Arbeitsplätze gekostet und weitere gefährdet.

Trotz des immensen volkswirtschaftlichen Nutzens stehen bei schwarz-gelb vor allem die Kosten des EEG im Mittelpunkt der Debatte. Klar ist, die Finanzierung von Ökostromanlagen kostet Geld, genauso wie die Finanzierung von neuen Kohlekraftwerken oder Erdgaspipelines. Angesichts der überalterten Energieversorgungsstruktur müssten auch ohne den Ausbau Erneuerbarer Energien Milliardenbeträge im Stromsektor investiert werden. Übersehen werden in der aktuellen Diskussion die tatsächlichen Ursachen der Kosten. Steigende Preise für fossile Brennstoffe treiben seit langer Zeit die Energiepreise in die Höhe. Für uns GRÜNE ist klar, wir wollen, dass die Energie bezahlbar bleibt. Ein Umstieg auf Erneuerbare sorgt kurzfristig für steigende Preise, ist aber langfristig gemeinsam mit Energieeinsparung und Energieeffizienz der einzige Weg, die Kosten im Griff zu halten.

In der aktuellen Diskussion um die steigenden Strompreise geht aber vieles durcheinander.

  1. Seit Jahren steigen die Strompreise für die Privatverbraucher und die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die Haushaltsstrompreise sind seit dem Jahr 2000 allerdings viel deutlicher angestiegen als die EEG Umlage. Gut zwei Drittel der Strompreiserhöhungen in den letzten 12 Jahren haben nichts mit den Erneuerbaren Energien zu tun, sondern sind auf steigende Preise der fossilen Energieträger Kohle und Gas sowie explodierende Gewinne der vier großen Stromkonzerne zurückzuführen.
  2. Die Erhöhung der EEG-Umlage ist nicht gleichzusetzen mit einer Erhöhung der Strompreise. In welcher Höhe sich die Umlage auf den Strompreis auswirkt, ist abhängig von den im Wettbewerb stehenden Energieversorgern und unter diesen gibt es deutliche Unterschiede. Den Mehrkosten durch das EEG steht gleichzeitig ein preisdämpfender Effekt an den Strombörsen durch die Zunahme an Erneuerbaren Energien gegenüber, welcher jedoch nicht an die Verbraucher weitergegeben wurde. So zahlen die Stromkunden im Jahr 2012 rund 3 Milliarden Euro zu viel für ihren Strom.
  3. Auch wenn gerade vor allem über den Strompreis gestritten wird, muss man sich klar machen, dass die Stromkosten nur 2,3% der Konsumausgaben eines Haushalts ausmachen. Selbst wenn die gestiegene EEG-Umlage vollumfänglich an die Haushalte weitergegeben würde, stiege der Anteil lediglich auf 2,5 Prozent im Jahr 2013. Zum Vergleich gibt ein Haushalt für den Verkehr 14,1 Prozent aus.
  4. Wir wollen eine ehrliche Diskussion über Energiearmut, aus der dann auch etwas folgt. Es gibt einen Personenkreis, bei denen eine Erhöhung der Strompreise, vor allem aber der Heizkosten wirklich zur deutlichen Verschärfung der finanziellen Situation führen kann. Dieser beschränkt sich aber auf ALG-II Bezieher, Grundsicherungs- und Wohngeldempfänger. Wir sind deshalb ausdrücklich dafür, dass die entsprechenden Sätze überprüft und angepasst werden.

Auch die Anhebung der EEG-Umlage auf 5,28 ct/kWh für das Jahr 2013 ist in aller erster Linie nicht dem Zubau der Erneuerbaren Energien zuzuschreiben. Tatsächlich ist der Zubau von Photovoltaik-, Wind- und Biomasseanlagen im Jahr 2012 lediglich für eine Umlagesteigerung um maximal 0,5 ct/kWh auf rund 4 ct/kWh verantwortlich. Für die übrige Strompreiserhöhung sind politische Fehlentscheidungen von schwarz-gelb verantwortlich:

  • Die Zahl der privilegierten Unternehmen, die sich von der EEG-Umlage befreien lassen können, wurde unter der schwarz-gelben Bundesregierung massiv ausgeweitet und wird im Jahr 2013 von aktuell gut 700 auf bis zu 2.000 Firmen ansteigen. Die Zeche zahlen Privathaushalte und kleine und mittelständische Unternehmen, die diesen Anteil zusätzlich schultern müssen.
  • Die Bundesregierung hat das Eigenstrom-Privileg für Unternehmen, die Eigenstromerzeugung mit fossilen Kraftwerken betreiben, ausufern lassen und Grauzonen entstehen lassen, die nun nur schwer einzudämmen sind.
  • Mit der Markt- und der Managementprämie hat schwarz-gelb Instrumente geschaffen, die nur wenig Nutzen für die Marktintegration haben, dafür aber viele Mitnahmeeffekte und somit zusätzliche Kosten produzieren.
  • Die machtpolitisch bedingte Festlegung von schwarz-gelb im letzten Jahr, dass die EEG Umlage nicht über 3,5 ct/kWh steigen dürfe, hat zu einem enormen Defizit auf dem „EEG-Konto“ geführt, das jetzt ausgeglichen werden muss. Kostentreibend wirkt sich auch die den Übertragungsnetzbetreibern zugebilligte Erhöhung der Liquiditätsreserve aus. Gerade im Sommer weist das „EEG-Konto“ oft ein Minus aus, wenn binnen kurzer Zeit viel relativ teurer Solarstrom bezahlt werden muss. Übertragungsnetzbetreiber können deswegen aktuell 3 % des gesamten EEG-Umlagevolumens als Rücklage einbehalten, um dann nicht in Vorleistung bei der Auszahlung der Vergütung an die Anlagenbetreiber treten zu müssen. Diese Rücklage wurde nun auf 10% aufgestockt. Dafür zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher im kommenden Jahr ca. 0,3 ct/kWh mehr EEG-Umlage. Dieser überdimensionierte Puffer dient nur dazu, dass CDU und FDP im Bundestagswahlkampf 2013 eine Senkung des Anstiegs als ihren Verdienst vortäuschen können.
  • Erneuerbare Energien senken den Stromhandelspreis inzwischen um 0,9 Cent je Kilowattstunde. Diese Preissenkung erhöht jedoch die Spanne zwischen Verkaufswert des EEG-Stroms und der ausgezahlten Vergütung. Die kostensenkende Wirkung der Erneuerbaren Energien an der Strombörse führt also zu dem paradoxen Phänomen einer steigenden EEG-Umlage. Die von der EEG-Umlage weitgehend befreiten Unternehmen konnten dadurch ihre Energiekosten in diesem und im vergangenen Jahr um jeweils etwa 600 Mio. Euro senken. Der Industriestandort Deutschland profitiert also auch in stromintensiven Branchen von der Umstellung auf Erneuerbare Energien und der dadurch möglichen günstigen Strombeschaffung.

 

Was jetzt zu tun ist:

Mit folgenden Korrekturen wollen wir Strompreissenkungspotenziale von über 4 Mrd. Euro schaffen (entspricht 1 Cent/kWh). Für einen Vier-Personen-Haushalt entspräche dies einer Strompreissenkung   von knapp 50 Euro im Jahr:

  • Zurückführung der Industrieprivilegien im EEG auf den Stand von 2008 (nur noch energieintensive produzierende Branchen, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen) und Abschaffung der Marktprämie
  • Der durch die Erneuerbaren Energien sinkende Börsenpreis und die damit steigende EEG-Umlage wirken sich bei den privilegierten Unternehmen auf deren Stromeinkaufspreise zusätzlich preissenkend aus. Wir schlagen einen kostenneutralen Ausgleich für die Industrie vor, indem privilegierte Unternehmen künftig eine entsprechend höhere Umlage bezahlen (0,5 ct/kWh statt 0,05 ct/kWh).
  • Die den Netzbetreibern zugebilligte Liquiditätsreserve weiterhin auf 3% des Umlagevolumens zu begrenzen statt sie auf 10% zu erhöhen.
  • Die Ausweitung der Netzentgeltbefreiungen für die stromintensiven Unternehmen in § 19 Stromnetzentgeltverordnung muss wieder rückgängig gemacht werden. Dies senkt unmittelbar die Stromkosten für alle anderen Unternehmen und die Haushalte in Höhe von rund 0,5 Mrd. Euro.

Außerdem halten wir folgende Änderungen am EEG für notwendig:

  • Die Vergütungssätze des EEG müssen regelmäßig an die Marktbedingungen angepasst werden, damit die Kosten insgesamt minimiert und überzogene Rendite in Teilbereichen vermieden werden können. Ein Kostentreiber ist inzwischen die Off-Shore Windenergie inkl. Netzanbindung. Auch für die Biomassenutzung sind hohe EEG-Vergütungen vorgesehen. Allerdings kann die Bioenergie durch Teilnahme am Regelenergiemarkt auch kostendämpfend wirken. Die Vergütung von Biomasse soll nur noch bedarfsorientiert erfolgen. Wir wollen eine Zweiteilung vornehmen. Einen Festpreis und einen am Markt orientierten Teil.
  • Um die verbrauchsnahe Stromerzeugung von Windenergie im Binnenland zu fördern, muss das Referenzertragsmodell (Grundlage für Windenergieausbau nach Windangebot des jeweiligen Standortes) weiterentwickelt werden.
  • Schritt für Schritt müssen zusätzliche qualitative Anforderungen an die Anlagen gestellt werden (z.B. im Hinblick auf die Netzintegration und Speicherung, auf regionale Stromerzeugung und auf Nachhaltigkeit auch bei der Biomassenutzung. etc.).

Druck auf die Energieversorger erhöhen:

  • Die Erhöhung der EEG-Umlage und die Strompreiserhöhung sind nicht identisch, auch wenn gerade beides häufig in einen Topf geworfen wird. Für die einzelnen Verbraucher ist sehr oft die wirkungsvollste Maßnahme, um Geld zu sparen, der Wechsel des Stromanbieters. Die Kostenersparnis übersteigt die EEG-Umlageerhöhung oft bei weitem. Bisher sind die meisten Bürger eher „Wechselmuffel“, obwohl die neuen Anbieter in der Regel den bürokratischen Aufwand übernehmen. Je nach Region liegt die Wechselquote bisher oft bei unter zehn Prozent.
  • Auf Bundes- und EU-Ebene setzen wir uns für eine wirksame Markttransparenzstelle und ein schlagkräftiges Kartellamt ein, welches die Erhöhung der Strompreise überprüft und ggf. wirksame Gegenmaßnahmen ergreift.

 

2. Erneute Verhinderungsplanung der Landesregierung bei der Windkraft stoppen

Den wesentlichen Beitrag für eine Versorgung zu 100% aus erneuerbarem Strom bildet in Hessen die Windenergie im Binnenland. Mit der Einigung im hessischen Energiegipfel, 2% der Landesfläche für Windkraft zu reservieren, würden wir diesem Ziel einen großen Schritt näher kommen. Doch die Landesregierung hat in ihrem Entwurf des Landesentwicklungsplans die Erreichung dieses Ziels torpediert. Durch nicht nachvollziehbare Vorgaben werden die Standorte für Windenergie künstlich und mutwillig reduziert.

Dazu kommt ein ergänzender Naturschutzerlass, der viel zu kompliziert und rechtlich uneindeutig ist und damit sehr schädlich für die notwendige Planungssicherheit. Mit dem Erlass droht, dass schon von Vorneherein von der Planung von Windkraftanlagen abgesehen wird, wenn ein mögliches Konfliktpotenzial besteht.

Für uns GRÜNE ist klar, ohne eine erfolgreiche Energiewende wird die Natur und damit auch die Vogelwelt auf der Verliererseite stehen. Gleichzeitig darf deren Erhalt bei der Planung von Energieerzeugungsanlagen nicht ausgeklammert werden. Vielmehr ist eine gegenseitige Rücksichtnahme notwendig. Bei der Abwägung gilt der Grundsatz: Uns ist der Erhalt der Arten bzw. Populationen gemäß aller artenschutzrechtlichen Vorgaben wichtig. Das bedeutet nicht, dass wir das Windkraftunfallrisiko eines jeden Einzelvogels, auch eines gefährdeten, gegen Null setzen müssen.

Was die Landesregierung vorgelegt hat, grenzt an eine Windkraft-Verhinderungsplanung.

Was jetzt zu tun ist:

Der Entwurf des Landesentwicklungsplans muss in folgenden Punkten korrigiert werden:

  • Mindestwindgeschwindigkeit für Windkraftanlagen auf 5,5 Meter pro Sekunde in 140 Meter Höhe festschreiben statt 5,75 Meter pro Sekunde
  • Ausnahmen ermöglichen. Siedlungsabstand und Konzentrationswirkung von Windkraftanlagen als Regel verstehen statt als absolute Mindestgröße. Ausnahmen dürfen nur im Einvernehmen mit der Kommune ermöglicht werden.
  • Rechtssichere Formulierung des 2%-Ziels
  • Schutzwald nicht generell ausschließen, sondern Prüfung im Einzelfall anhand des Schutzzwecks, z.B. ist beim Schutzzweck Frischluft ein Ausschluss der Windkraft nicht notwendig
  • starres Schwarz-Weiß-Schema von Vorrang- und Ausschlussgebieten erweitern um die Kategorie Eignungsgebiete

 

Um das Spannungsfeld Windkraft und Vogelschutz aufzulösen, schlagen wir vor:

  • Auf der Grundlage des Gutachtens der Staatlichen Vogelschutzwarte soll es beim Windkraftausbau in den Schutzgebieten Natura 2000 Vorrangflächen, Eignungsflächen und Ausschlussgebiete geben, je nachdem welch hohe Konfliktpotenziale das Gutachten mit windkraftempfindlichen und gefährdeten Vögeln ausgemacht hat.
  • Statt Empfehlungen wie Abstandsempfehlungen zum Horst starr anzuwenden, soll vielmehr auf Einzelfallprüfung sowie auf flexible Lösungen bei Konfliktfeldern gesetzt werden z.B. das Jagdgebiet der Vögel direkt um die Anlage unattraktiv machen.
  • Notwendig ist ein umfangreiches Wissen über die spezifischen Lebensverhältnisse windkraftsensibler, gefährdeter Vögel in Hessen. So ist optimaler Naturschutz bei kleinstmöglicher Einschränkung des Windenergieausbaus zur erreichen.

 

3. Versorgungssicherheit schaffen – auch wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint

Um die schwankende Stromerzeugung aus Wind und Sonne auszugleichen und eine stabile Stromversorgung zu sichern, müssen wir weg von den schwerfälligen Kohle- und Atomkraftwerken. Wir brauchen unverzüglich ein für Unternehmen attraktives Lastmanagement, zusätzlich flexible Erzeugungskapazitäten sowie vor allem einen Ausbau der Stromnetze (s.u.). Ein Ausbau von Speichertechnologien muss zwar jetzt entwickelt, benötigt wird er erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Anteil an Erneuerbaren Energien deutlich mehr als die Hälfte der Stromversorgung ausmacht.

Beim Ausbau von Speichern und Gaskraftwerken kommen wir kaum voran, weil die Investitionen sich nicht rechnen. So liegen zum Beispiel die Pläne für das dringend benötigte Gas-Kraftwerk Mecklar-Meckbach oder auch für das Pumpspeicherkraftwerk in Waldeck von E.ON in der Schublade, ohne dass es weiter geht.

Was jetzt zu tun ist:

Auf Bundesebene:

  • Wir brauchen einen Kapazitätsmarkt:
    • Neue Marktmechanismen neben dem sogenannten Energy-only-Markt. Aktuell wird allein die Einspeisung von Strom in das Netz vergütet, nicht jedoch die Vorhaltung von Leistung, die schnell und flexibel bereit gestellt wird, wenn sie gebraucht wird.
    • In Frage kommen Lösungen, die effizient und emissionsarm sind: Gaskraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), aber auch Potenziale der Laststeuerung, virtuelle Kraftwerke und Stromspeicherung sowie die Verstetigung der Erneuerbaren Energien (z. B. über Biogas oder langfristig auch über Elemente einer Wasserstoffkreislaufwirtschaft).
    • In einer Ausschreibung und anschließender Auktion soll die verlässliche Bereitstellung von Kapazitäten marktwirtschaftlich vergütet werden.
  • Die gemeinschaftliche Erschließung der enormen Speicherpotenziale in Norwegen und in den Alpen für in Europa erzeugten Strom und die Schaffung der erforderlichen Leitungskapazitäten. Zunächst geht es aber darum die Wasserspeichernutzung in Skandinavien mit unserem Angebot an erneuerbarem Strom zu koordinieren, die sogenannte „indirekte Speicherung“. In Zeiten eines hohen Anteils an regenerativer Energien und damit niedriger Strompreise kann Skandinavien günstigen Strom aus Deutschland beziehen und ihre Speicher voll lassen: Bei Windflaute und wenig Sonnenschein in Deutschland importieren wir hingegen den Strom aus dem speicherstarkem Skandinavien.

Auf Bundes- wie Landesebene:

  • Wir brauchen eine verstärkte Investition in die Forschung und Entwicklung von Speichertechnologien, insbesondere „Power to Gas“ (Erzeugung von Methan durch Erneuerbare Energien mittels Elektrolyse, das dann ins Gasnetz eingespeist werden kann).
  • Smart Grid-Systeme müssen weiter entwickelt werden. Diese können insbesondere auf der Mittelspannungsebene sinnvoll sein, wo Windparks und große Photovoltaik-Freiflächenanlagen angeschlossen sind. Dort gibt es Lastverschiebungspotenzial für die Industrie.
  • Wir wollen die Biomassenutzung aus der Landwirtschaft und dem Wald im Einklang mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt bringen. Dazu wollen wir Nachhaltigkeitsstandards für Anbau und Nutzung festlegen wie FSC-Zertifizierung im Wald und Einhaltung von Fruchtfolgen auf dem Acker. Der Hessische Staatswald, der 1/3 der Landesfläche ausmacht, soll mit der flächendeckenden FSC-Zertifizierung vorangehen. Vorrangig sollen im Sinne einer Kaskadennutzung Abfall- und Reststoffe zur Energieerzeugung verwendet werden.

 

4. Stromnetze intelligent ausbauen

Wir brauchen den Netzausbau. Die Energiewende und die von uns gewollte zunehmende Dezentralität verändern die Erzeugungsstruktur. Der notwendige Aus- und Umbau der Netze bezieht sich dabei sowohl auf Höchst- und Hochspannungsebene als auch auf die Verteilnetzebene. Das Übertragungsnetz, das als Spannungsausgleich zwischen zentralen Kraftwerken gedacht war, wird zum Transportnetz. Extremsituationen müssen überbrückt und Leistungsschwankungen ausgeglichen werden. Das Stromnetz muss in naher Zukunft die technischen Voraussetzungen erfüllen, damit die Verbraucher auch Erzeuger sein können. In etwas fernerer Zukunft wollen wir auch einen Stromaustausch in ganz Europa realisieren.

Der Netzausbau erscheint zwar auf den ersten Blick mit 19-23 Mrd. sehr teuer, doch muss man sich bewusst machen, dass der Ausbau über viele Jahre dauern wird und dass 1/3 der Netzausbaukosten Instandhaltung und Modernisierung darstellt, die ohnehin angestanden hätten. Die Scheinheiligkeit von schwarz-gelb bei den Kosten des Netzausbaus zeigt sich beim Vergleich mit anderen Infrastrukturprojekten. So hat schwarz-gelb bei der A44 keinerlei Probleme damit, 1,8 Milliarden Euro Steuergelder für den Neubau von gerade einmal 64 Kilometern Autobahn auszugeben. Aber gegen die Kosten der Sanierung und den Ausbau des kompletten Stromnetzes in der gesamten Bundesrepublik wird polemisiert.

Unser Leitbild beim Aus- und Umbau der Stromnetze ist klar: Der Netzausbau muss der Erzeugung folgen, d.h. die Anpassung des Bedarfsplans an den Ausbaugeschwindigkeiten und den Ausbauplänen der Bundesländer. So kann ein überdimensionierter Netzausbau verhindert werden und es entsteht ein kosteneffizientes Netz.

 

Was jetzt zu tun ist:

Für den Aus- und Umbau des Übertragungsnetzes:

  • Der aktuelle Netzentwicklungsplan ist zunächst eine gute Grundlage, geht aber teilweise nicht sehr sparsam mit Leitungen um, weil er zum Beispiel den zunehmender Ausbau von Kraftwärmekopplung oder den Windkraftanlagenbau im Süden nur ungenügend berücksichtigt. Wir werden bei der Überarbeitung darauf achten, dass entsprechende Anpassungen und Priorisierungen hier vorgenommen werden.
  • Bei der Umsetzung der Leitungen gilt für uns das Prinzip NOVA: Netz-Optimierung vor Verstärkung vor Ausbau (=Neubau)!
  • Wir wollen die Planung der Trassenverläufe in Hessen konstruktiv begleiten, Erdverkabelung an möglichen und sensiblen Abschnitten forcieren und stetig an die Bürgerbeteiligung in der Planung verweisen, die im großen Konsens des Forums Netzintegration Erneuerbare Energien unter Leitung der Deutschen Umwelthilfe vereinbart wurde (Plan N).
  • Beim hessischen Trassenabschnitt Wahle-Mecklar befinden wir uns schon in der 2. Planungsphase, nun geht es um die Details, d.h. der grundstückscharfe Linienverlauf. Hier muss also nun mit der Bürgerinformation und –beteiligung begonnen werden. Uns reicht es nicht, die Bürger mit einzubinden, wenn der fertige Plan offengelegt wird, sondern sie müssen jetzt in der Planungsphase eingebunden werden. Die Landesregierung muss auf den Betreiber Tennet entsprechend zugehen und gemeinsam diese Einbindung sicherstellen.

Forderungen für den Aus- und Umbau der Verteilnetze (Hoch- und Mittelspannung):

  • In den nächsten Jahren laufen viele Konzessionsverträge zum Betrieb der Strom- und Gasverteilnetze aus, die die Städte und Gemeinden mit den großen Energieversorgungsunternehmen abgeschlossen haben. In vielen Kommunen wird derzeit diskutiert, diese Netze wieder selbst durch Bürgerenergiegenossenschaften oder in Kooperation mit anderen Kommunen oder Stadtwerken zu betreiben. Der Betrieb der Netze eröffnet vielen Kommunen erst die Perspektive, lokale Energie- und Klimapolitik zu betreiben und energiepolitischen Gestaltungsspielraum zurückzugewinnen, der ihnen in den letzten Jahrzehnten von den großen Energieversorgern verwehrt wurde. In vielen Kommunen ist dies auch schon erfolgreich gelungen. Noch schrecken aber Kommunen davor zurück, die meist jahrelangen und beschwerlichen Auseinandersetzungen mit den bisherigen Netzbetreibern zu führen. Wir wollen die Position der Kommunen gegenüber den Energiekonzernen bei der Übernahme von Strom- und Gasnetzen deutlich stärken.
  • Gerade beim Anteilsverkauf von E.ON Mitte sehen wir große Potenziale zu mehr regionaler Wertschöpfung und diskriminierungsfreiem Zugang. Wichtig ist, dass bei der berechtigten Freude über Möglichkeiten der Kommunalisierung das richtige Maß gefunden wird. Eine zu schnelle, kleinteilige Kommunalisierung kann ein zu großes Risiko bedeuten, da größere zusammenhängende Netze effizienter betrieben werden können als kleinteilige. Zudem kann die Netzinstandhaltung in Hessen so gewährleistet werden.

 

5. Die Energiewende stärker in die Hände der Bürgerinnen und Bürger legen

Die Bürgerinnen und Bürger haben ein berechtigtes Anliegen bei der Energiewende mitzugestalten und mitzuwirken. Jeder und jede kann zu der Energiewende ein Stück beitragen, sei es durch die Wahl des Stromanbieters oder durch die Beteiligung am Ausbau der Erneuerbaren Energien. Der Wille zur Mitgestaltung sowie die Bereitschaft gewisse Nachteile wie den Netzausbau oder maßvolle Preiserhöhungen zu tragen, ist groß. Dieses Ja der Bürgerinnen und Bürger dürfen wir nicht verspielen. Deshalb wollen wir aus Betroffenen Beteiligte machen. Und das im doppelten Sinne. Zum einen sollen die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig an den Planungen beteiligt werden. Zum anderen soll ihnen, wo dies möglich ist, angeboten werden, sich an den Investitionen und somit auch an den Renditen aus Stromtrassen und Anlagen zu beteiligen.

Was jetzt zu tun ist:

Auf Landesebene:

  • Schon in der Planungsphase von Projekten zu Energieerzeugung, Speicherung und Transport sollen lokale Bürgerinitiativen, Umwelt- und Naturschutzverbänden und andere relevante Interessensgruppen in Dialog treten und transparent über strukturelle und bauliche Vorhaben aufgeklärt werden.
  • Die Chance der Energiewende soll genutzt werden, um neue Beteiligungsmodelle und genossenschaftliche Modelle für die Bürgerschaft auch in der Energiewirtschaft zu etablieren. Hier muss das Land Beratungsangebote unterstützen. Die Gewinne aus der Energiewende sollen hauptsächlich den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zu Gute kommen und die regionale Wertschöpfung steigern.
  • Die verbreitete Motivation zum eigenen Handeln soll erhalten bleiben. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen auf die Qualität und Unabhängigkeit eines Energieberaters vertrauen können und auf die Qualifizierung des Handwerkes vor Ort vertrauen können. Deswegen fordern wir eine Verbraucheroffensive für Energieberatung und Handwerk:
    • Qualifizierung und Zertifizierung durch eine unabhängige Agentur
    • Regionale Beratungsstellen aufbauen: Die zertifizierten Berater sollen in einem System vernetzt und beworben werden. Eine zentrale Stelle auf Landesebene soll zuständig für die Einhaltung der Qualitätsstandards sein. Um Verbraucher für die Beratung zu motivieren, soll die Landesregierung anteilig Förderchecks finanzieren.
  • Es werden zunehmend sichere langfristige Anlagemöglichkeiten von den Bürgerinnen und Bürgern gesucht. Gerade die Netzmodernisierung bietet sich hier als Anlageform an. Wir freuen uns, dass Bundesumweltminister Altmeier unseren GRÜNEN Vorschlag aufgenommen hat und dies auf den Weg bringen möchte.

Ohne eine aktive Rolle der Kommunen wird die Energiewende nicht zu bewältigen sein. Deswegen ist folgendes nötig:

  • Zulassung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen in der Energieversorgung (im angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Kommune) (§121 HGO).
  • Beteiligung der Kommunen an Pachteinnahmen von Windkraft auf dem Gebiet von Hessenforst sowie Vorrangrecht der Kommunen bei der Ausschreibung der Gebiete.
  • Klimaschutzkonzepte auf kommunaler und regionaler Ebene weiter fördern, die Finanzierung dabei jedoch von der Umsetzung der geplanten Maßnahmen abhängig machen.

 

6. Energie sparen und effizienter damit umgehen

Energieeffizienz und Energieeinsparung ist die sauberste, billigste und sicherste Energieressource – und sofort verfügbar. Die Steigerung der Energieeffizienz ist die erste Antwort auf steigende Energiepreise. Es sinken Verbrauchskosten für die Bürgerinnen und Bürger sowie Ausbaukosten z.B. beim Netzausbau. Im Wärmesektor können Effizienzmaßnahmen mittel- bis langfristig den Bedarf an fossilen Energieträgern erheblich reduzieren. Beim Umbau des Energiesystems müssen daher Energieffizienz und Energieeinsparung eine hohe Priorität haben.
 

Weniger Energieverbrauch durch Wärmesanierung

Im hessischen Energiegipfel haben wir uns darauf geeinigt, die energetische Sanierungsrate bei Wohngebäuden auf 2,5% – 3% zu steigern. Dieses Ziel ist wesentlich, um eine deutliche CO2-Einsparung in Hessen zu erreichen sowie langfristig die Nebenkosten bezahlbar zu halten. Das Sanierungsziel wird zwar nun festgeschrieben, aber die Erreichung steht in den Sternen. Die Landesregierung setzt lediglich auf eine unpräzise Beratung sowie schwache zusätzliche Förderprogramme. Für uns ist klar, dieses Sanierungsziel erreichen wir nur, wenn wir konsequent die Umsetzung finanziell unterstützen, aber auch gewisse Standards einfordern. Es ist doch paradox, dass in Deutschland bei Häusern die Farbe der Fassade und Art der Dachziegel vorgeschrieben wird, aber die Forderung nach Regelungen für die gesellschaftlich wichtigen Fragen des Klimaschutzes und nachhaltigen Energiepreises als Zwang missbilligt werden. Um hier Fortschritte erzielen zu können ist es erforderlich, dass der Denkmalschutz in die Bemühungen des Klimawandels einbezogen wird. Dazu ist es auch notwendig, Mitarbeiter des Denkmalschutzes bzgl. der modernen Technologien des Wärmeschutzes fortbilden.

Was jetzt zu tun ist:

Auf Bundesebene:

  • Die Energieeinsparverodnung (EnEV) muss dahingehend weiterentwickelt werden, dass gerade hinsichtlich der Effizienzstandards bei Wohngebäuden im Bestand verbindliche Standards in klar definierten, für die BürgerInnen langfristig planbaren Zeiträumen vorgeschrieben werden. Zu sanierende Wohngebäude müssen ab 2020 einen Mindeststandard von 7 Litern/70 kwh pro m2 und Jahr aufweisen und alle Einzelsanierungsmaßnahmen müssen diesem Zielstandard genügen.
  • Erhöhung der Förderprogramme für Gebäudesanierung auf 2 Mrd. Euro (KfW-Programm), für Wärmeerzeugung durch Erneuerbare Energien (Marktanreizprogramm) und Energieeffizienzmaßnahmen gerade zur Entlastung der sozial Schwachen (Energieeffizienzfonds in Höhe von 3 Mrd. Euro).
  • Aus unserer Sicht sollte man Förderung und Einforderung aufeinander abstimmen: Bei einer gestaffelte Förderung würden zügige Sanierungsmaßnahmen mit mehr Förderung belohnt werden und ein Sanierungsstau vermieden werden.
  • Die Blockade im Vermittlungsausschuss zur der Frage der Förderung energetischer Sanierung endlich aufbrechen! Wir sind dafür, die Gebäudesanierung auch steuerlich zu fördern. Bundesrat und Bundesregierung konnten sich bisher nicht über den Weg dorthin einigen. Der inhaltliche Kompromissvorschlag der rot-grünen Länder, die vorgesehene steuerliche Absetzbarkeit in eine progressionsunabhängige Steuerermäßigung zu verändern, so dass die Entlastung unabhängig vom Einkommen gleich hoch ausfallen würde, liegt auf dem Tisch. Wir GRÜNE in Hessen sagen auch deutlich: Wir sind bereit, auch einer Lösung zuzustimmen, die Belastungen für Bund und Länder bedeuten würde. Unter dem Strich gewinnen wir ohnehin, da wir in Hessen erhebliche Investitionen auslösen, die die Steuerausfälle überkompensieren.

Auf Landesebene fordern wir:

  • Einen ergänzenden Fond für Maßnahmen zur Energieeinsparung und Erneuerbarer Energien im Wärme/Kältebereich. Dieses soll eine Förderung für den Austausch alter Heizungsanlagen beinhalten.
  • Ein Erneuerbare Wärme Gesetz in Hessen: Wenn auf Bundesebene nicht endlich vorangeschritten wird, müssen die Länder zeigen wie es geht. Deswegen wollen wir als Ersatz für die schwache EnEV ein Wärmegesetz in Hessen, das sich an Baden-Württemberg orientiert und aus dessen Anfangsschwierigkeiten lernt: Eigentümer von Wohngebäude in Hessen sollen in Zukunft bei einem Heizanlagenaustausch in Wohngebäuden 10 Prozent der Wärme mit Erneuerbaren Energien erzeugen bzw. eine äquivalente CO2-Einsparung durch energetische Sanierung oder KWK-Anlagen erreichen. In Baden-Württemberg gab es Startprobleme. Es kam zu einem anfänglichen Investitionsstau, da Hausbesitzer den Austausch der Heizung scheuten, um keine weiteren Auflagen erfüllen zu müssen. Wir wollen die Menschen ermuntern, Sanierungsmaßnahmen zügig anzugehen. Deswegen wollen wir parallel ein Förderprogramm möglichst kombiniert mit Bundesmitteln auflegen, das die belohnt, die sich rasch an die Sanierung machen. Außerdem wollen wir den vorgeschriebenen Anteil an Erneuerbaren Energien in der Wärmeerzeugung sukzessive auf 15% und 20% anheben.
  • Die Wiedereinführung der Satzungsermächtigung für Kommunen, bestimmte Heizungsformen zu verbieten oder vorzuschreiben sowie bestimmte Energieeinsparmaßnahmen wie bauliche Energiestandards zu ergreifen sind.
  • Einen Schwerpunkt der Förderung von energetischer Sanierung im sozialen Wohnungsbau. Besonders betroffen von ansteigenden Energiepreisen sind nämlich Geringverdiener ohne Transferleistungen.

 

Weniger Energieverbrauch durch Kraftwärmekopplung

Kraftwärmekopplung ist eine Hocheffizienztechnologie mit Wirkungsgraden von bis zu 90 Prozent, die durch die gleichzeitige Produktion von Strom und Wärme/Kälte einen unverzichtbaren Beitrag zu Klimaschutz und Ressourcenschonung leistet. Wir brauchen Kraftwärmekopplung um die Schwankungen bei den Erneuerbaren Energien auszugleichen. KWK-Anlagen können in Form von Blockheizkraftwerke (BHKW) in Mehrfamilienhäusern einen großen Beitrag für mehr soziale Gerechtigkeit in der Energiewende bieten. Diese Anlagen bieten eine umweltfreundliche sowie kostengünstige Energieerzeugung im Mehrgeschossbau. Hemmnisse für Vermieter ein BHKW in ihrem Keller zu installieren sind die Probleme, attraktive Strompreise mit BHKW generieren können. Diese wären Voraussetzung, dass Mieterinnen und Mieter sich nicht ihren eigenen Stromanbieter suchen, sondern eine langfristige Bindung an die Stromerzeugung aus ihrem BHKW im Keller eingehen.

Was jetzt zu tun ist:

Auf Bundesebene:

  • Der Fördertopf wurde auf Bundesebene bei weitem noch nicht ausgeschöpft und der Ausbau geht nur sehr schleppend voran. Das Gesetz für Kraftwärmekopplung (KWKG) muss deswegen weiter verbessert werden: Wir brauchen höhere Fördersätze. Gerade im Segment der dezentralen Mikro-KWK bleiben die notwendigen Anreize völlig aus. Der Bau neuer Kohlekraftwerke darf nicht weiter über das KWKG quer subventioniert werden.

Auf Landesebene fordern wir:

  • Die angekündigte Förderung für Mikro-KWK-Anlagen durch das Land Hessen endlich in einem nennenswertem Umfang einzuführen.
  • Anreize für Vermieter von Mehrfamilienhäusern zu schaffen, in KWK-Anlagen zu investieren. Schon jetzt gibt es kluge Lösungen, wie Strom aus einem BHKW des Vermieters für die Mieter zu einem attraktiven Preis angeboten werden kann. Diese Lösungen sind lediglich unbekannt. So können Mieter und Vermieter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen und das BHKW vom Eigentümer mieten. Damit fällt die Stromerzeugung unter den Eigenverbrauch, die EEG-Umlage ist nicht abzuführen und es gibt zusätzlich noch steuerliche Vorteile. Die Landesregierung muss diese Lösungen bewerben und beratend für die Gründung solcher Gesellschaften zur Seite stehen.
  • In die Entwicklung von KWK-Systeme muss weiter investiert werden, insbesondere ORC-Systeme (nicht nutzbare Abwärme aus Industrieprozessen oder Biogasanlagen, der in der Nähe nicht abgenommen werden kann, wird in Strom umgewandelt und damit leichter transportierbar).

 

Weniger Energieverbrauch in hessischen Unternehmen

Die Potenziale für Energieeffizienz und Einsparung in hessischen Unternehmen sind beträchtlich. Trotz ökonomischer wie ökologischer Vorteile sind die Unternehmen aber weiterhin zögerlich und die Mittel aus dem KfW-Förderprogramm werden zu wenig abgerufen. Unternehmen schrecken insbesondere zurück, wenn der Return of Invest mehrere Jahre braucht und die Wirtschaftszeiten unsicher sind. Dabei ist oft die Frage der Liquidität entscheidend.

Was jetzt zu tun ist:

Auf europäischer Ebene/Bundesebene:

  • Der europäische Emissionshandel muss gestärkt werden. Insbesondere muss das Klimaschutzziel der EU – 20 Prozent CO2-Minderung bis 2020 gegenüber 1990 – auf 30 Prozent angehoben, überschüssige Zertifikate aus dem Markt genommen und ein CO2-Mindestpreis nach britischen Vorbild eingeführt werden. Für 2030 kann ein Minderungsziel auf 50 Prozent angestrebt werden. Nur so lassen sich monetäre Effizienzanreize für Unternehmen durch den Emissionshandel erzielen. Zurzeit ist dies nicht der Fall.

 

Auf Landesebene, um die Hemmnisse abzubauen:

  • Intensivierung der Energieberatung für Mittel- und Großunternehmen und die Industrie. Auch hier müssen klare Qualitätsstandards und eine Zertifizierungsvorschrift erreicht werden. Die erfolgreiche Energieberatung beim RKW Kompetenzzentrum für Kleine und mittlere Unternehmen muss fortgeführt und ausgebaut werden.
  • Ergänzende landeseigene günstige Kredite ermöglichen, damit insbesondere Investitionen mit längerer Amortisierungszeit für Unternehmen attraktiv werden.
  • Contractingmodelle bewerben und intelligente Vernetzung von Unternehmen zur Energieeinsparung mit günstigen Krediten unterstützen.

 

7. Zur Energiewende gehört die Verkehrswende

Auch im Verkehrsbereich muss es eine Wende geben. Durch Vermeidung, Verbesserung und Verlagerung des Verkehrs kann ein wirkungsvoller Beitrag für den Klimaschutz erreicht werden, gleichzeitig kann die Mobilität der Menschen erhalten und sogar verbessert werden.

Begrenzte Rohstoffe und steigende Benzinpreise fördern Trends weg vom motorisierten Individualverkehr und machen die Mobilität zu Fuß, mit dem Fahrrad und dem öffentlichen Verkehr attraktiv. Wir wollen die Mobilität der Menschen in Zukunft durch ein umweltverträgliches Angebot weiter verbessern, so dass jeweils das sinnvollste Fortbewegungsmittel gewählt werden kann. Die Verkehrswende ist trotz oder gerade wegen einer Reduzierung des umweltunverträglichen motorisierten PKW-Verkehrs ein Gewinn: Wir erhalten lebenswertere Siedlungen, kürzere Wege, bessere Luft und mehr Gesundheit.

Ein erweitertes Angebot des öffentlichen Verkehrs kann ein eigenes Auto zumindest in den Ballungsräumen ersetzen und das Leben bequemer machen. Gerade wenn das Mobilitätsangebot mit Carsharing oder sozialen Mobilitätsnetzwerken erweitert wird.

Elektromobilität kann einen Beitrag für ein anderes Verkehrsverhalten leisten. Dabei kommt es in Bezug auf die Ökobilanz jedoch darauf an, ob der Strom aus Erneuerbaren Energien kommt. Aber nicht nur durch den Austausch von Antrieben im PKW, sondern durch die vermehrte Nutzung von Elektrofahrrädern und die Verknüpfung von Elektroautos mit dem öffentlichen Personennahverkehr. Nur dann ist Elektromobilität auch ressourcenschonend.

Was jetzt zu tun ist:

Auf Bundes- und Landesebene:

  • Entwicklung des Elektroverkehrs in allen Bereichen (mit Strom aus Erneuerbaren Energien) – Elektroauto, Elektrofahrrad und die elektrifizierte Bahn und Widerspiegelung in der Verkehrsplanung sowie Förderung von ökologisch vertretbaren Antriebssystemen.
  • Förderung der Vernetzung von Fußverkehr, Radverkehr, ÖPNV, Carsharing und weiteren Angeboten. Von besonderer Bedeutung ist eine flächendeckende, komfortable Fahrradmitnahme im öffentlichen Nah- und Fernverkehr.
  • Förderung einer fußgängergerechten und fahrradfreundlichen Infrastruktur, insbesondere bei Neuerschließungen.
  • Die Stadt der kurzen Wege als konsequentes Planungsziel
  • Einführung eines fairen Finanzausgleichs zur Förderung des ÖPNV. Notwendig ist eine uneingeschränkte Fortführung der ÖPNV-Finanzierungsbeteiligung durch den Bund, die sich an den steigenden Kosten orientiert. Zusätzlich wollen wir die Finanzierungslücke der lokalen öffentlichen Verkehre (Busse, Straßen- und U-Bahnen) erstmals mit originären Landesmitteln schließen.
  • Sicherstellung der Mobilität im ländlichen Raum trotz des demografischen Wandels und leerer Kassen.
  • Güterverkehr muss stärker von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Hierzu muss das Schienennetz ertüchtigt und die Förderung des kombinierten Verkehrs ausgeweitet werden. Zum Schutz der Bevölkerung ist die Umsetzung effektiver Lärmschutzmaßnahmen unbedingt erforderlich.
  • Einführung eines generellen Tempolimits von 130 km/h auf Autobahnen, wie in 25 Ländern der EU, aber auch in Japan oder den USA üblich. Damit in unmittelbarer Sichtweite zu Wohnungen aus Gründen des Lärmschutzes die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auch weniger als 130 km/h betragen kann, sollen die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür auf Bundesebene geschaffen werden.
  • Ausweitung der LKW-Maut auf alle Bundesstraßen und LKW ab 3,5 Tonnen. Die erzielten Gewinne müssen direkt in den Ausbau des Schienennetzes fließen.
  • KfZ-Steuer und steuerliche Absetzbarkeit von Dienstwagen soll klar hocheffiziente Fahrzeuge begünstigen
  • Einführung einer Mineralölsteuer auf Kerosin und Erhebung der Mehrwertsteuer auch auf Auslandsflüge.
  • Kurzstreckenflüge müssen auf die Schiene gebracht werden. Die Flugbewegungen müssen insgesamt gedeckelt werden und Lärmschutzinteressen der Anwohnerinnen und Anwohner stärker berücksichtigt werden.

Von Energiewende verstehen wir mehr (pdf)