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07.10.2006
Landesarbeitsgemeinschaften, Landesmitgliederversammlung

Schwarz-rote Gesundheitsreform einstampfen – endlich

Die von der schwarz-roten Bundesregierung vorgelegten Reform-Eckpunkte sind in keiner Weise geeignet, das deutsche Gesundheitssystem zukunftsfest zu gestalten. Damit haben die Koalitionäre bereits jetzt die Messlatte der Großen Koalition gerissen. Statt Paradoxien des heutigen Systems, wie das Nebeneinander von privater und gesetzlicher Versicherung, das Hintereinander von ambulanter, stationärer und rehabilitativer Versorgung zu beseitigen, werden neue Paradoxien wie der Gesundheitsfonds erfunden. Statt Qualität, Transparenz und Wettbewerb wird mehr Bürokratie, Entsolidarisierung und regelrechter Humbug eingeführt.

Die gesetzliche Krankenversicherung genießt nach wie vor ein hohes Ansehen bei den Bürgerinnen und Bürgern. Sie bietet rund 90% der Bevölkerung einen bezahlbaren und umfassenden Schutz im Falle von Krankheit, und zwar unabhängig davon, wie viel der oder die Einzelne einzahlt.

Insbesondere dieser Solidarausgleich zwischen Familien und Kinderlosen, zwischen Alten und Jungen, Gesunden und Kranken ist eine wesentliche Errungenschaft unseres Sozialstaates. Das deutsche Gesundheitswesen weist allerdings erhebliche Strukturdefizite sowohl bei der Finanzierung (Einnahme- und Ausgabenseite) als auch bei den Angeboten auf.

Mindestanforderungen an eine Reform, die die nachhaltige Finanzierung des Gesundheitssystems sichert, den Solidarcharakter der Versicherung erhält und den Rahmen für eine qualitätsorientierte Versorgung bildet, sind:
1. Die gesetzliche Regelung und gerechte Verteilung der Kosten für eine umfassende Politik der Gesundheitsförderung und Prävention;
2. die Ausweitung der Finanzierungsbasis auf alle Bürgerinnen und Bürger;
3. die Erweiterung der Finanzierungsbasis auf verschiedene Einkommensarten;
4. die Sicherstellung, dass alle Bürgerinnen und Bürger krankenversichert sind;
5. die Beibehaltung der beitragsfreien Mitversicherung von Kindern;
6. der Solidarausgleich zwischen den Kassen;
7. die Verstärkung der PatientInnen-Orientierung durch den Ausbau der integrierten Versorgung und des VerbraucherInnenschutzes;
8. die Sicherstellung einer qualitativ guten Arzneimittelversorgung durch eine Positiv-Liste anerkannter Wirkstoffe;
9. der Ersatz der ineffizienten Rolle der kassenärztlichen Vereinigungen durch direkte Verhandlungen zwischen den Krankenkassen, ambulanten Praxen und stationären Einrichtungen.

Das deutsche Gesundheitswesen befindet sich in einer umfassenden Paralyse sowohl der Finanzierung als auch der Struktur. Die Große Koalition löst keine Probleme, sondern schafft nun die erste Gesundheitsreform, die aus aktuellen parteipolitischen Interessen gestaltet wurde. Vor diesem Hintergrund bleibt nur die Konsequenz, die Eckpunkte zur Gesundheitsreform mit dem Ziel neu zu verhandeln, die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung langfristig zu stärken, ihren Solidarcharakter zu erhalten und auszubauen und die Rahmenbedingungen für einen an Qualität und Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Wettbewerb zu verbessern.