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14.12.2020
Parteirat

GRÜNE GRUNDPRINZIPIEN SCHÜTZEN –POLIZEIEINSÄTZE SACHLICH BEWERTEN - LEHREN AUS DEM DANNENRÖDER FORST ZIEHEN

  1. Wir begrüßen ausdrücklich den friedlichen Protest der Menschen im Wald, der NGOs, der Bürger*inneninitiativen und auch von Fridays for Future gegen den Neubau von Autobahnen. Von den Demonstrationen gegen den Bau der BAB 49 geht ein starkes Signal für die Zukunft aus: Autobahnplanungen aus dem vorherigen Jahrhundert gehören auf den Prüfstand und müssen im Sinne einer klimafreundlichen Verkehrspolitik vollständig in Frage gestellt werden. Angesichts einer immer weiter ansteigenden Erderwärmung bedarf es vermehrter Anstrengungen, den Ausstoß klimaschädlicher Stoffe zu verringern.
  2. Wir bekennen uns zum Recht auf friedlichen Protest – inklusive Zivilem Ungehorsam – als Grundprinzip GRÜNER Politik und verteidigen diesen Protest gegen alle Versuche, ihn zu kriminalisieren. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit gehören als hochrangige Grundrechte zu den unverzichtbaren Elementen einer lebendigen Demokratie. Denn Politik findet nicht nur in den Parlamenten, sondern auch außerhalb der Parlamente statt. Es ist Sache der Zivilgesellschaft, durch ausdrucksstarke Kundgebungen, phantasievolle Aktionen und breit angelegte Kampagnen auf die politischen Entscheidungsprozesse Einfluss zu nehmen. Das Gebot der Gewaltfreiheit, das nicht zuletzt in unserer Parteisatzung als eines der vier Grundprinzipien unseres politischen Handelns ausdrücklich hervorgehoben wird, muss dabei jederzeit beachtet werden.
  3. Wir stellen fest, dass die durch eine Minderheit angewendete bewusste Gefährdung des eigenen Lebens im Rahmen der Besetzung des Dannenröder Forsts mit friedlichem Protest ebenso wenig zu tun hat, wie die vereinzelte Gewalt gegen die Polizist*innen, die dort eingesetzt waren. Die darin zum Ausdruck kommende Geringschätzung von Menschenleben steht in direktem Widerspruch zu GRÜNER Politik. Die Prinzipien der Gewaltfreiheit und der Ökologie lassen sich nicht gegeneinander aufrechnen, sondern stehen gleichberechtigt nebeneinander. Umweltschutz darf deshalb zwar radikal sein. Er rechtfertigt aber nicht den Einsatz von Gewalt. 92 Prozent der Hessischen Bevölkerung sehen sich einer aktuellen Umfrage zu Folge im Einklang mit dieser, unserer GRÜNEN Haltung.
  4. Wir können feststellen, dass es bei den Auseinandersetzungen im Dannenröder Forst glücklicherweise nicht zu Unfällen mit bleibenden Schäden für Leib und Leben es gekommen ist. Dies ist den größtenteils friedlichen Demonstrierenden, größtenteils deeskalierend auftretenden Polizist*innen, Journalist*innen, parlamentarischen und kirchlichen Beobachter*innen, den Verbänden und und den NGO’s zu verdanken. Dieses Bild können unsere parlamentarischen Beobachterinnen Katy Walther, Bettina Hoffmann und andere Hessische Landtags- und Bundestagsabgeordnete, denen wir für ihr Engagement danken, bestätigen. Sie waren die ganze Zeit vor Ort, haben mit sehr vielen Menschen, Aktivist*innen, Unterstützer*innen, Polizist*innen gesprochen und das Geschehen regelmäßig und genau verfolgt. Eine bewusste Eskalation durch die Polizei konnte nicht beobachtet werden.
  5. Wir stellen allerdings fest, dass es im Dannenröder Forst auch zu polizeilichem Fehlverhalten gekommen ist. Das bedauern wir ausdrücklich. Es ist das Wesen eines demokratischen Rechtsstaates, dass er Fehler erkennt, sie als solche benennt und gegebenenfalls disziplinar- oder strafrechtlich verfolgt. Wir fordern deshalb, dass der polizeiliche Einsatz im Dannenröder Forst zusätzlich zur Aufarbeitung im Innenausschuss des Landtags evaluiert wird, um aus Fehlern lernen zu können. Dabei ist auch der Gebrauch von Elektroschockern gegen Aktivist*innen und der Einsatz von Wasserwerfern am letzten Räumungs-Wochenende zu überprüfen. Über die Ergebnisse der Aufarbeitung wird im nächsten Parteirat berichtet. Die Hessische Polizei begreift sich selbst als ein „lernendes System“. An diesem Selbstverständnis wollen wir die Polizei auch im Alltag messen.