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25.04.2013
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir: Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt versuchte Räumung eines von Linksautonomen besetzten Hauses zu verhindern

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschichte wiederholt sich nicht und wenn, dann als Farce. – Als der Antrag auf den Tisch kam, dachte ich, jetzt weht ein Hauch von Häuserkampf des Frankfurter Westends der Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts durch diesen Plenarsaal.

(Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP))

In der Rolle des Django war damals Alfred Dregger, aber dann ging hier der Vorhang auf und in der Rolle des Django war Peter Beuth und dann war klar, es wird eine Farce, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf von der CDU)

Deswegen noch einmal zur Frage, worum es geht. Vor zehn Jahren haben dort Leute widerrechtlich ein Gebäude besetzt. Der Eigentümer hat das geduldet. Vor etwa einem Jahr hat der Eigentümer das Gebäude verkauft und der neue Eigentümer hat einen Räumungstitel durchgesetzt. Das ist der Sachzusammenhang, um den es geht.

Wenn Sie sagen, das seien völlig unmögliche Menschen, die man dort auf keinen Fall hätte dulden können, stellt sich mir eine Frage. Wissen Sie, wer von 2006 bis 2009 Ordnungsdezernent der Stadt Frankfurt war? Ein gewisser Boris Rhein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Was soll denn das jetzt? Das ist doch lächerlich! – Weitere Zurufe)

Er hat diese unmöglichen Zustände geduldet.

(Zuruf des Ministers Boris Rhein)

– Wenn Sicherheit und Ordnung gefährdet waren, hätte ich schon gedacht, dass Sie dort eingreifen, Herr Rhein – aber bitte sehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Das Gebäude hat der Universität gehört, und die war damals noch keine Stiftungsuniversität. Das heißt, der Eigentümer war das Land Hessen. Wissen Sie, wer dann quasi der Vertreter des Eigentümers war? Udo Corts und Silke Lautenschläger. Solche Zustände haben die da geduldet; das ist ja wirklich kaum auszuhalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf von der CDU)

Und wer war in der ganzen Zeit Innenminister und hat diese unmöglichen Zustände hingenommen? Ein gewisser Volker Bouffier, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP))

Da merkt man doch schon, dass an dieser Kulisse, die Sie hier aufstellen wollen, irgendetwas nicht stimmt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein zweiter Punkt. Herr OB Feldmann hat glücklicherweise – und Sie beziehen sich auf die Bild-Zeitung – ausdrücklich gesagt:

Öffentliche Diskussionen in Frankfurt sind gewollt.

Als letzter Satz steht dort:

Bei der Besetzung von privatem Eigentum entscheidet aber zu Recht der Eigentümer.

Das gilt. Deswegen werden wir den ersten Punkt des Antrags der Linksfraktion ablehnen. Wenn man ein Haus besetzt, muss man schon dazu stehen, dass man das Recht bricht, und darf nicht erwarten, dass man auch noch einen Orden umgehängt bekommt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die spannende Frage ist aber: Wenn ein Oberbürgermeister versucht, eine Eskalation zu verhindern, offensichtlich auch mit dem Argument, dass genau in dieser Woche der Deutsche Städtetag in Frankfurt tagt, warum müssen CDU und FDP im Landtag solch einen Antrag stellen und sagen: Skandal, da hat einer versucht, eine Eskalation zu verhindern? Wenn er gesagt hätte: „Eigentümer, du musst dein Eigentum verschenken“, dann könnten Sie zu Recht Skandal rufen. Wenn er aber sagt: „Liebe Leute, lasst uns noch einen Einigungsversuch machen“, finde ich nicht, dass man das kritisieren sollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Deswegen werden wir den Punkten 2 und 3 des Antrags der Linksfraktion zustimmen. Aber ich sage ausdrücklich: Ich wünsche mir, dass es doch noch zu einer Lösung kommt, wenn auch nicht in diesem Gebäude. Es ist – Herr Kollege Wilken hat es angesprochen – im Frankfurter Römer offensichtlich so, dass alle Fraktionen versuchen, noch einen Anlauf zu machen.

Ich sage aber auch, warum wir uns bei Ihrem vierten Punkt enthalten werden. Wenn man einen Verein gründen möchte und wenn man die Stadt auffordert, ein Gebäude zur Verfügung zu stellen, dann muss man auch einen Vertrag schließen. Das bedeutet, dass man erstens sagt, wie man heißt und wo man wohnt. Zweitens muss man, wenn man einen Vertrag schließt, auch bereit sein, einen Mietzins zu bezahlen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir haben eine gewisse Erfahrung, wie man aus besetzten Häusern am Ende selbstverwaltete Betriebe und langfristig erfolgreiche Unternehmen machen kann. Leute wie Johnny Klinke haben das heute vergessen, aber die haben auch einmal so angefangen. Ich glaube, dass wirklich dazugehört, dass man bereit ist vonseiten derer, die dieses IvI tragen, sich nicht nur Karl Sonnenschein zu nennen, sondern wenn man aufeinander zugehen will, gehören immer zwei Seiten dazu.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Sie müssten zum Schluss kommen.

Tarek Al-Wazir:

Letzter Satz, Herr Präsident. – Ich hoffe, dass das in Frankfurt heute Abend im Römer und in den Tagen darauf gelingt. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Vielen Dank, Herr Al-Wazir.

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