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17.12.2014
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Einzelplan 07

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht sollte man eine solche Debatte über den Einzelplan des Wirtschaftsministeriums damit beginnen, dass wir gemeinsam froh sein können, dass die Beschäftigtenzahl in Hessen steigt, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze steigt, dass wir im Gegenzug eine Situation haben, in der die Arbeitslosigkeit sinkt, wenn auch nicht so stark, wie der Beschäftigungsanstieg ausfällt, und dass wir uns natürlich – Frau Kollegin Wissler – auch über die Frage Gedanken machen, wie wir in Zukunft dafür sorgen können, dass Ausbildungsplätze geschaffen werden und dass möglichst jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz findet. Da sind wir uns einig.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will ausdrücklich sagen – eine solche Debatte kann man auch dazu nutzen,

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

ein bisschen in die Zukunft zu schauen –, dass ich froh bin, dass wir sehr kurz davor stehen, zu Beginn des nächsten Jahres das Bündnis für Ausbildung in Hessen erneut aus der Taufe zu heben, alle an einen Tisch zu bringen, uns gemeinsam über die Frage Gedanken zu machen, was wir bei der beruflichen Bildung verändern müssen, um im Übergangssystem schlagkräftiger zu werden, damit wir die jungen Leute unterstützen, sodass sie auch in der beruflichen Bildung zu den bestmöglichen Abschlüssen kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da müssten wir uns eigentlich einig sein.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der nächste Punkt, den ich voranstellen möchte, und von dem ich weiß, dass wir uns einig sind: In diesen Tagen entscheidet sich die Frage, ob der Bund seiner Verantwortung bei den Regionalisierungsmitteln für den Schienenpersonennahverkehr gerecht wird.

Die Regionalisierung ist eine Erfolgsgeschichte, und wir wollen diese Erfolgsgeschichte weiterschreiben. Dazu gehört aber auch, dass der Bund seiner Verantwortung in diesem Bereich gerecht wird. Ich bitte an diesem Punkt das gesamte Haus, die Landesregierung dabei zu unterstützen, für die Interessen des Landes Hessen, für die Interessen der Verkehrsverbünde und für die Interessen von Millionen Menschen einzutreten, die Tag für Tag den öffentlichen Nahverkehr nutzen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht momentan um sehr viel Geld. Ich will an dem Punkt auch sagen, dass wir darauf bestehen, dass der Bund die Aufgabe finanziert, die er uns übertragen hat.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man könnte sich immer wünschen, dass man zusätzliches Geld drauflegen kann. Aber wir sind jetzt in der Situation, dass wir diese Lücke nicht ausfüllen werden,

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

weil wir nicht verkleistern wollen, wer mit einer Grundgesetzänderung am Ende uns die Verantwortung für diesen Bereich übertragen hat und versprochen hat, dass er diese Kosten trägt. Dementsprechend wird das in den nächsten Wochen noch sehr spannend werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wenn das nämlich nicht geregelt wird, gibt es für die Verbünde keine andere Möglichkeit, als entweder die Leistungen massiv einzuschränken oder die Fahrpreise massiv zu erhöhen. An beidem können wir kein Interesse haben.

Zum Stichwort Infrastruktur: Ich bin in den letzten Monaten sehr aktiv gewesen, um die Frage zu klären, wie wir mit Investitionen im Schienenbereich in Hessen den Nachholbedarf im Rhein-Main-Gebiet decken können. Ich bin ausdrücklich sehr froh darüber, dass wir in dieser Woche auch im dritten und damit letzten Abschnitt der Nordmainischen S-Bahn in die Planfeststellung gegangen sind. Das heißt, alle drei Abschnitte sind jetzt in der Planfeststellung, und wir haben die Chance, dass die Nordmainische S-Bahn, über die seit Jahrzehnten geredet wird, jetzt in die Umsetzungsphase geht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An diesem Punkt ist viel passiert. Ich will aber ausdrücklich sagen: Auch hier gibt es eine große Sorge, nämlich das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. All diese Maßnahmen sind nicht finanzierbar, wenn der Bund sie nicht mitfinanziert. Deswegen brauchen wir Planungssicherheit beim Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Das gilt für die Nordmainische S-Bahn, das gilt aber auch für die Regionaltangente West, bei der das Land jetzt der Planungsgesellschaft beigetreten ist, um klarzumachen: Das ist ein Projekt der Region, aber das Land wird dort unterstützen. Auch an diesem Punkt brauchen wir Planungssicherheit. Es ist klar, dass wir die Schieneninfrastruktur in diesem Bereich ausbauen können und alles dafür tun werden, das zu fördern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will zum nächsten Punkt kommen, nämlich zum Landesstraßenbau. Sehr geehrter Herr Kollege Lenders, ich will zuerst einmal feststellen, dass wir im Haushaltsentwurf jetzt 90 Millionen Euro für den Landesstraßenbau eingeplant haben, dass wir die Planungsmittel für die Fremdleistungen auf 40 Millionen Euro erhöht haben

(Zurufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und von der FDP)

und dass ich – hören Sie gut zu – die Zusicherung des Finanzministers habe, dass, sollte es irgendwann zu einer Haushaltssperre kommen, der Landesstraßenbauetat davon ausgenommen ist.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Das bedeutet, dass wir unter dem Strich mehr Geld zur Verfügung haben, um es mit dem absoluten Schwerpunkt auf Sanierung und Erhalt für den Landesstraßenbau auszugeben, als in der Situation, die ich bei Amtsantritt vorgefunden habe.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das bedeutet: All das, was verschoben werden musste, wird 2015 gemacht – entgegen dem, was Sie im Frühjahr behauptet haben. Außerdem haben wir jetzt die Sicherheit, die langjährige Praxis zu beenden, dass Planungsmittel nicht im Planungsmitteletat stehen, sondern aus dem Bauetat genommen werden. Das heißt, wir haben eine Klarheit in diesem Prinzip.

Ich bin ausdrücklich dankbar dafür, dass der Finanzminister das mitgemacht hat und dass er mehr Geld für die Planungsmittel bereitgestellt hat. Wir werden nämlich – das ist auch neu – eine Rekordsumme in die Bundesfernstraßen investieren: 730 Millionen Euro, so viel wie noch nie, auch dort mit einem ganz klaren Schwerpunkt auf Erhalt und Sanierung. Wenn Sie ein bisschen ehrlich wären, müssten auch Sie sagen: Eigentlich ist das gar nicht so verkehrt, was da gemacht wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Minister, Herr Kollege Marius Weiß möchte Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen. Wie ist die Stimmungslage?

(Minister Tarek Al-Wazir: Bitte sehr!)

Marius Weiß (SPD):

Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – In seiner Rede hat Kollege Frankenberger Sie eben aus dem Verkehrsausschuss vom Sommer zitiert, wo Sie gesagt haben, Sie werden beim Finanzminister auf jeden Fall 100 Millionen Euro für den Straßenbau anmelden. Was er dann damit mache, müsse man schauen. Jetzt stehen nur 90 Millionen Euro drin. Haben Sie jetzt 100 Millionen Euro angemeldet, und der Finanzminister hat 10 Millionen gestrichen, oder haben Sie nur 90 Millionen angemeldet und sind von daher Ihrem Versprechen aus dem Wirtschaftsausschuss nicht nachgekommen?

(Zurufe von der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Minister.

Tarek Al-Wazir:

Sehr geehrter Herr Kollege Weiß, Sie sind ja ein Sozialdemokrat, und ich bin grundsätzlich ein Freund der Sozialdemokratie.

(Beifall und Zurufe von der SPD)

Aber Achtung: Manchmal muss man Sozialdemokraten darauf hinweisen, dass das Geld nicht auf dem Baum wächst.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Wir hatten vorher 100 Millionen Euro, die mit einer 10-prozentigen Haushaltssperre belegt waren und von denen noch einmal zusätzliches Geld für die Planungsmittel umgeschichtet wurde. Jetzt haben wir 90 Millionen Euro, die Zusicherung, dass keine Haushaltssperre draufkommt, und zusätzliche Planungsmittel, damit wir daraus nichts mehr entnehmen müssen. Das widerspricht Ihrer Vorurteilsstruktur, aber am Ende wird bei mir mehr ausgegeben als bei Florian Rentsch.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Insofern ist alles in Ordnung. Wir gehen in die Sanierung. Wir wollen in diesem Bereich aber innovativer werden. Deswegen sage ich ausdrücklich: Ja, wir haben das Programm „Mobiles Hessen 2020“ jetzt drin. Herr Kollege Lenders, da ist auch klar, dass wir die Bedeutung des ÖPNV, die Förderung des Radverkehrs

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

und im Umweltverbund die Frage betrachten, wie wir auch in der Stadt das Zu-Fuß-Gehen fördern können. Das würde manchem bei der FDP auch guttun. Da wird der Kopf frei, und gesund ist es auch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP) – Allgemeine Unruhe)

– Wieso? Ich greife Sie überhaupt nicht an. Ich sage Ihnen, dass ich, wenn ich viel Stress habe, gern eine Runde um den Block laufe. Herr Kollege Lenders, dabei kommen mir die besten Ideen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Insofern wollen wir auch innovativer werden. Ja, wir wünschen uns, dass wir auch Jobtickets fördern können. Wir führen erste Gespräche mit den Vertretern der Verbünde, was den Landesdienst angeht.

Wir wollen auch in die Prüfung der Einführung eines Schülertickets einsteigen. Im nächsten Jahr wird sicherlich nichts daraus werden; das ist ein großes Projekt. Aber die Vorarbeiten werden jetzt gemacht.

Zusätzlich wollen wir dafür sorgen, dass mehr Güterverkehr auf die Schiene kommt. Das bedeutet, dass wir ein Gleisanschlussprogramm auflegen wollen.

Der letzte Punkt, der mir ganz besonders wichtig ist: Der Breitbandausbau kommt voran. Die Infrastruktur besteht nicht nur aus Straße und Schiene, sondern auch aus dem Breitband. Mit dem Nordhessencluster haben wir eines der größten europäischen Projekte, für das wir jetzt die Bürgschaftssummen erhöht haben, das wir fördern und das wir verlängert haben, damit auch der Wetteraukreis und der Vogelsbergkreis im nächsten Jahr in die Förderung aufgenommen werden können. Wir haben 32 Millionen Euro aus dem ELER-Programm, d. h. aus dem Programm für ländliche Räume, investieren können, damit auch dort Breitbandanschlüsse geschaffen werden können. Auch das ist moderne Infrastrukturpolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Sie wissen, der Energiebereich ist mir ganz besonders wichtig. Wir haben weiterhin umfangreiche Förderprogramme zur Energieeffizienz und zur Energieeinsparung. Wir wollen die Energiesparaktion verstärken, um mehr Menschen beraten zu können. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir auch bei der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung in den nächsten Monaten vorankommen. Dann ist die Beratung ganz besonders wichtig, weil sich die Leute auf den Weg machen, und man muss ihnen zeigen, was man mit einem relativ geringen Aufwand machen kann.

Ja, wir wollen auch die Akzeptanz der Windenergie fördern. Wir glauben, dass die Energiewende in Hessen vorangebracht werden kann. Wir brauchen die Windenergie dazu. Herr Kollege Lenders, das ist nicht immer einfach; aber ihre ganze Kampagne der letzten zehn Monate hat dazu geführt, dass die FDP in der Umfrage bei einem Anteil von 2 Prozent liegt. So kann es weitergehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich glaube auch – letzter Punkt zu diesem Bereich –, dass wir rund um den Flughafen eine schwierige Situation haben. Wir wollen die Belastungen der Anwohnerinnen und Anwohner so gering wie möglich halten und sie sogar weiter reduzieren, ohne dabei die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens infrage zu stellen. Das ist nicht einfach.

Sie können als Opposition an dem Modell der Lärmpausen herumkritteln, das ist Ihr gutes Recht. Ich sage Ihnen: Wir arbeiten daran, dass sie kommen, weil sie ein Fortschritt wären. Wir werden die Spreizung der lärmabhängigen Flughafenentgelte zum 1.1.2015 in Kraft setzen. Das haben wir jetzt genehmigt. Wir werden weiter daran arbeiten, damit klar ist, das werden wir Jahr für Jahr nutzen. Die Fluggesellschaften können sich darauf einstellen und somit in modernes Gerät investieren.

Wir haben eine Stabsstelle Fluglärmreduzierung geschaffen, die die Arbeit aufgenommen hat. Wir haben die Gebiete für den vorbeugenden Schutz vor Wirbelschleppenschäden ausgeweitet. Das heißt, wir arbeiten genau an dem, was wir uns vor der Wahl vorgenommen haben: Die Belastungen durch den Flughafen sollen für die Anwohnerinnen und Anwohner reduziert werden. Das ist eine riesige Aufgabe, aber wir haben damit begonnen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens infrage zu stellen. Ehrlich gesagt, ich frage mich, was man daran kritisieren kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Zum Schluss sage ich: Wir sorgen für gute Rahmenbedingungen, damit die wirtschaftliche Entwicklung in Hessen vorangeht. Wir gestalten die Energiewende und bringen sie in Hessen voran. Wir investieren Rekordsummen in die Infrastruktur mit einem klaren Schwerpunkt auf dem Erhalt und der Sanierung derselben.

Wir bringen die Schieneninfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet voran, übrigens nicht nur dort. Sie wissen, dass ich in Gesprächen über die Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim bin. Sie wissen, dass wir, was die Strecke zwischen Frankfurt und Fulda betrifft, zusammen mit der Bahn den Prozess gestartet haben. Das sind Projekte, die über Jahrzehnte laufen, aber sie müssen jetzt begonnen werden, damit wir die Infrastruktur auch in diesem Bereich voranbringen.

Wir investieren in moderne Infrastruktur – in Breitband –, und wir arbeiten am Lärmschutz, nicht nur am Flughafen, sondern auch im Mittelrheintal. Deswegen heißt es unter dem Strich: Wirtschaftspolitik erfolgreich, Energiepolitik erfolgreich, Verkehrspolitik erfolgreich, Landesentwicklung gut, aber die Opposition war früher besser. – Vielen Dank.

(Heiterkeit und anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Herr Staatsminister Al-Wazir.

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