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29.09.2014
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Aktuelle Stunde – FDP: Grüner Minister ignoriert Bürgerproteste

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich war am Montag bei der Eröffnung einer neuen Produktionsanlage der chemischen Industrie im Industriepark Kalle-Albert in Wiesbaden. Auch zu solchen Eröffnungen gehe ich. Herr Kollege Rock, ich wäre auch gerne am Tag davor, am Sonntag, bei der Eröffnung des Windparks in Freiensteinau gewesen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Zu diesem konkreten Termin wurde ich von dem Windparkbetreiber eingeladen und nicht – wie Sie es in der Aktuellen Stunde nahegelegt haben – von den Demonstranten. Ich wurde von dem Windparkbetreiber eingeladen, und zwar schon sehr früh, im April. Ich habe auch schon im April 2014 zugesagt.

Entgegen der ursprünglichen Planung habe ich aus Gründen, die ich Ihnen gleich sagen werde, von einer Teilnahme abgesehen – ebenso wie Herr Witteck und der geschätzte ehemalige Kollege Görig, der jetzt Landrat im Vogelsbergkreis ist.

Ich will aber noch etwas zu dem Stichwort „Demonstrationen von Bürgerinnen und Bürgern“ sagen. Ob einem nun das Ziel gefällt oder nicht, Demonstrationen sind Ausdruck einer Meinungsäußerung in bestem demokratischem Verständnis.

(Beifall bei der CDU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Deswegen gilt das Demonstrationsrecht immer und absolut. Herr Kollege Rock, es gilt auch dann, wenn es Ihnen einmal nicht gefällt.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich finde, es gibt überhaupt keinen Grund, sich nicht vor Ort mit den Argumenten der Bürgerinnen und Bürger auseinanderzusetzen. Ich stelle mich diesen Meinungen regelmäßig, und die Landesregierung stellt sich diesen Meinungen regelmäßig, z. B. in den Veranstaltungen des Bürgerforums Energieland Hessen.

(Zuruf des Abg. Abg. René Rock (FDP))

Ich persönlich habe als Minister überhaupt kein Problem damit, auch dahin zu gehen, wo es Schwierigkeiten gibt und wo man davon ausgehen kann, dass man nicht mit Applaus empfangen wird. Die Landesregierung ist jetzt – lassen Sie mich einmal rechnen – ungefähr acht Monate im Amt. Ich finde, ich habe in meiner Amtszeit durchaus bewiesen, dass ich damit überhaupt kein Problem habe.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Ich war im März bei einer Informationsveranstaltung zur A 44 im Lossetal, ich war bei einer Informationsveranstaltung zur A 49 in Schwalmstadt, ich war bei einem Vororttermin mit besorgten Anwohnerinnen und Anwohnern im Bereich des Tunnels Riederwald, ich war bei der 100. Montagsdemo am Flughafen. Ich habe aus eigener Initiative zu einem Infotermin zur geplanten Südlinktrasse in das Regierungspräsidium Kassel eingeladen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich glaube daran, dass ein Dialog auch mit denen nötig ist, die gegenüber bestimmten Maßnahmen skeptisch sind. Herr Kollege Rock, ich kneife also nicht – im Gegenteil.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Ich gehe da hin und diskutiere mit den Leuten. Ein kleiner Hinweis: Vergleichbare Aktivitäten meines Vorgängers sind mir – zumindest in meiner Zeit als Abgeordneter – nicht aufgefallen.

(Heiterkeit der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Tarek Al-Wazir:

Nein. – Lassen Sie mich also erklären, warum eine Teilnahme an der Eröffnungsfeier des Windparks Hallo nicht erfolgte.

(Zurufe der Abg. René Rock (FDP) und Günter Rudolph (SPD))

Ich will dazu sagen: Es bleibt dabei, dass der zentrale Baustein der Energiewende der Ausbau der erneuerbaren Energien ist, deren Potenziale auch in Hessen gehoben werden müssen. Es bleibt dabei, dass die Windkraft dabei eine zentrale Rolle spielt.

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Produktion erneuerbarer Energien in dieser Legislaturperiode in Hessen zu verdoppeln. Dazu brauchen wir in den nächsten fünf Jahren in Hessen im Schnitt einen Zubau von 380 MW Windleistung.

Ich will ausdrücklich sagen: Die Energiewende wird von der ganz überwiegenden Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger weiterhin unterstützt. Es ist aber auch klar, dass es nicht jedem gefällt, wenn in seiner Umgebung Windräder aufgestellt werden. Deswegen sind wir alle gehalten, alle in diesem Prozess erforderlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren so transparent – aber vor allem auch so ordnungsgemäß – wie möglich und nötig zu gestalten.

Ich bin überzeugt davon, die zentrale Voraussetzung für Akzeptanz ist, dass sichergestellt ist,

(Fortgesetzte Zurufe des Abg. René Rock (FDP))

dass bei der Errichtung von Windkraftanlagen die entsprechenden Standards, Herr Kollege Rock, sowohl technologischer als auch natur- und forstrechtlicher Natur eingehalten werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Herr Staatsminister, die Redezeit der Fraktion ist abgelaufen.

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung:

Ja, ich bin gleich fertig. – Im vorliegenden Fall liegen erhebliche Hinweise darauf vor, dass die in der Genehmigung des Windparks Hallo festgehaltenen Standards in Freiensteinau nicht eingehalten wurden. Es ist so, dass offensichtlich mehr Wald gerodet wurde, als ursprünglich genehmigt. Die zuständige obere Forstbehörde hat eine Ordnungswidrigkeit angezeigt, und das entsprechende Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Firma wurde eingeleitet. Mir ist wichtig, zu sagen, dass es im Zusammenhang mit der Errichtung von Windkraftanlagen bislang eine große Ausnahme darstellt, dass es zu einem Ordnungswidrigkeitsverfahren kommt. Ich sage aber ausdrücklich: Weil ein solches Ordnungswidrigkeitsverfahren läuft, war es aus meiner Sicht geboten, von einer Teilnahme an dieser Veranstaltung abzusehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich stelle Ihnen die Frage, wie denn der Titel der Aktuellen Stunde gelautet hätte, wenn ich zu dieser Veranstaltung gegangen wäre. Dann hätten Sie wahrscheinlich gesagt: Skandal – selbst Ordnungswidrigkeitsverfahren sind dem Minister egal.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Rock, Sie müssen einmal überlegen, ob das eigentlich eine gerade Furche ist, die Sie da ziehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen war es aus meiner Sicht richtig, da nicht hinzugehen. Ich setze darauf, dass solche Ordnungswidrigkeiten die absolute Ausnahme beim nötigen Ausbau der Windkraft in Hessen sind und bleiben.

Zwei Sätze zum SPD-Antrag: Die Landesregierung wird von der Öffnungsklausel des Baugesetzbuchs keinen Gebrauch machen. Es bleibt bei dem Mindestabstand von 1.000 m. So steht es in der Koalitionsvereinbarung. Ich finde es toll, dass auch die SPD inzwischen die schwarz-grüne Koalitionsvereinbarung so toll findet, dass sie sie zum Gegenstand ihrer Landtagsanträge macht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Anhaltende Zurufe von der SPD)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.

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