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25.11.2015
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Einzelplan 07

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle zuerst einmal fest: Die wirtschaftliche Entwicklung in Hessen ist sehr gut. Wir sind bei einer Arbeitslosenquote von 5,2 Prozent. Das ist die Niedrigste seit Anfang der Neunzigerjahre. Mir ist ganz besonders wichtig: Wir sind auch wieder deutlich besser als der Durchschnitt der westdeutschen Länder, der bei 5,5 Prozent liegt. Wir haben einen robusten Arbeitsmarkt. Wir wissen, dass wir in den nächsten Monaten auch viele Flüchtlinge in diesen Arbeitsmarkt integrieren müssen. Deswegen wissen wir nicht, ob diese Quote so bleibt. Aber es gäbe schlechtere und schwierigere Momente, um viele Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Mir ist ebenfalls besonders wichtig: Wir haben im Jahresvergleich auch einen überdurchschnittlichen Beschäftigungszuwachs von 2,3 Prozent gehabt. Wir haben einen Höchststand an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung erreicht. Ich will das einmal betonen, weil wir jetzt im elften Monat des Jahres 2015 sind. Seit Januar 2015 gilt ein Mindestlohn. Es gab vorher viele Unkenrufe. Ich stelle fest: Wir haben den höchsten Zuwachs an Beschäftigung, den man sich vorstellen kann. Insofern sind die Befürchtungen nicht eingetreten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Marius Weiß (SPD)
Ich will aber auch in Richtung der Fraktion der LINKEN sagen: Es stimmt einfach nicht, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Wir haben einen Aufschwung, der unter anderem auch vom Binnenkonsum getragen wird. Insofern sollte man sich irgendwann einmal überlegen,
(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE)
ob man als FDP oder Linkspartei immer noch dasselbe erzählen kann, was man in den letzten zehn Jahren erzählt hat, oder ob man vielleicht einfach einmal wahrnehmen muss,
(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
dass sich irgendetwas geändert hat.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Zweitens. Ich will ausdrücklich hervorheben: Ich finde es gut, wenn die Opposition in der Debatte über die Einzelpläne kein Wort zum eigentlichen Haushaltsplan sagt. Das zeigt nämlich, dass er gar nicht so schlecht sei kann.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Wir arbeiten weiter erfolgreich am Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir haben aber zusätzlich – das beginnt im Haushaltsplan im Jahr 2016 – einen besonderen Fokus auf Energieeffizienz und Energieeinsparung gelegt. Mit unserer Energieagenda 2015 haben wir 12 Bereiche definiert, in denen wir bei der Effizienz und den erneuerbaren Energien besser werden wollen. Energieeffizienz, -einsparung und erneuerbare Energien – diese drei Dinge gehören zusammen.
Deshalb gibt es ein Programm, um z. B. die Kommunen dabei zu unterstützen, ihre Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen umzustellen. Das nützt allen. Wir sparen Energie, die Kommunen sparen Geld, und am Ende wird manchmal sogar die Beleuchtung noch besser als vorher. Das sind konkrete Beispiele dafür, was ein Landeshaushalt bewirken kann. Wir benötigen in diesem Bereich in den nächsten vier Jahren 15 Millionen € zusätzlich, und wir fangen damit im Jahr 2016 an. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine gute Nachricht für Hessen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)
Wir sind spitze bei der digitalen Infrastruktur. Ich will das einmal ausdrücklich betonen: Herr Frankenberger, ich finde es toll, wenn Sie jetzt schon darüber nachdenken und behaupten, 50 MBit/s flächendeckend seien nicht genug. Fast alle Bundesländer um uns herum, vor allem Länder im Norden und Westen, wären froh, wenn sie 2018 die 50 MBit/s überhaupt erreichen können.
(Zuruf des Abg. Uwe Frankenberger (SPD)
Wir stehen in diesem Bereich an der Spitze der Flächenländer, halten diesen Stand und gewinnen europa- und bundesweit Preise dafür. Herr Kollege Frankenberger, ich verstehe wirklich nicht Ihr Problem.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Ihre Position zum Straßenbau finde ich herzallerliebst. Erstens. Herr Kollege Lenders, ich stelle fest: Wir investieren im nächsten Jahr 90 Millionen Euro in den Straßenbau. Wir haben eigene Planungsmittel von 40 Millionen Euro zusätzlich. Das sind unter dem Strich 130 Millionen €. Das ist mehr als im ganzen letzten Regierungsjahr Ihres Fraktionsvorsitzenden Florian Rentsch.
(Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD))
Es ist unter dem Strich mehr, was wir ausgeben. Ich verstehe einfach nicht, wie man behaupten kann, wir wurden kürzen.
(Zuruf der Abg. René Rock (FDP))
Aber wir haben etwas verändert. Bei uns geht Sanierung vor Neubau.
(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)
Wir haben mit der Sanierungsoffensive 2016 bis 2022 erstmals ein über das nächste Haushaltsjahr hinausgehendes Sanierungsprogramm aufgelegt. Wir haben es transparent gemacht.
Ich sage Ihnen jetzt einmal, was im Landesstraßenbauprogramm für das nächste Jahr drinsteht. Wir werden nächstes Jahr unter dem Strich 117 neue Sanierungsprojekte beginnen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)
117 Projekte – davon 92 Projekte aus der Liste der 540 Projekte der Sanierungsoffensive und 25 weitere Maßnahmen, weil wir einen Puffer darin haben, um flexibel zu reagieren.
(Zurufe der Abg. Timon Gremmels und Marius Weiß (SPD)
Deswegen will ich Ihnen ausdrücklich sagen: Von den 63 Projekten,
(Anhaltende Unruhe bei der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)
die ich Anfang 2014 verschieben musste, weil mein Vorgänger nicht für Deckung gesorgt hatte, werden 2015 die meisten schon realisiert. Die restlichen kommen im nächsten Jahr dran. Es gibt drei Ausnahmen, weil z. B. vor Ort eine Zusammenlegung mit Kanalbaumaßnahmen gewünscht ist. Dann ist diese Liste abgearbeitet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wo ist eigentlich Ihr Problem? Ich verstehe es nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Mobiles Hessen 2020. Wir fördern die Elektromobilität. Wir stärken die Nahmobilität. Das ist ein neuer Förderschwerpunkt. Sie können sich darüber lustig machen. Aber wenn man sich einmal vor Augen führt, dass es beispielsweise in den letzten Jahren in der Stadt Frankfurt gelungen ist, den Anteil des Nahverkehrs zu verdoppeln, trägt auch das dazu bei, dass Mobilität im Ballungsraum überhaupt noch funktioniert.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Wir werden auch einen Schwerpunkt auf diesen Bereich legen. Es gibt neue Machbarkeitsstudien, Stichwort „Radschnellverbindungen“. Auch das werden wir jetzt angehen.
Zum ÖPNV will ich noch eines sagen. Wir haben lange für mehr Geld gekämpft. Wir waren erfolgreich. Wir sind von 7,3 Milliarden Euro auf 8 Milliarden Euro für das nächste Jahr gekommen, die der Bund den Ländern insgesamt zur Verfügung stellt. Das bedeutet für 2015 einen Nachschlag von etwas über 8 Millionen Euro. Wir stellen den Betrag jetzt sofort dem RMV – mit Zustimmung des NVV und VRN – zur Verfügung, weil die Lücken dort am größten sind. Das bedeutet für nächstes Jahr ungefähr 52 Millionen Euro mehr. Wir wissen noch nicht genau, wie viel es sein wird, weil sich die Länder noch über die Verteilung streiten. Ich finde, man muss eine gute Nachricht auch einmal als solche bezeichnen können und nicht ständig behaupten, es sei zu wenig, wenn man noch gar nicht weiß, was man mit dem zusätzlichen Geld machen möchte.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Auch den Lärmschutz möchte ich noch ausdrücklich ansprechen. Als Einzige hat Frau Kollegin Wissler das genannt. Wir haben ein neues Förderprodukt, den baulichen Schallschutz an Grundschulen in der Tag-Schutzzone 2, denn wir wollen aus der NORAH-Studie Konsequenzen ziehen. Wir machen Lärmschutz nicht nur im passiven Bereich, sondern auch als aktiven Lärmschutz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie das wahrgenommen haben: Gestern hat das Umwelt- und Nachbarschaftshaus zwei Projekte vorgestellt, wie man aktiven Lärmschutz betreiben kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch hier sind wir aktiv. Wir machen das nicht nur beim Flugverkehr, wir machen das auch beim Bahnverkehr. Für das Mittelrheintal – auch das ist in diesem Haushalt enthalten – gibt es ein neues Förderprodukt, mit dessen Hilfe wir unseren Anteil daran leisten können, dass wir jetzt auch beim Bahnverkehr im Mittelrheintal aktiven Schallschutz betreiben können.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)
Wir sind also auch an diesem Punkt aktiv.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen, der mir wichtig ist. In der letzten Woche haben Sie gesehen, dass wir vorgestellt haben, wie wir auf die neuen Herausforderungen durch die Flüchtlinge in Hessen reagieren wollen, und zwar im Bereich der beruflichen Ausbildung. Zwischen der zweiten und der dritten Lesung werden wir, die Koalitionsfraktionen, nochmals zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, insgesamt 11 Millionen Euro, liquide für das Jahr 2016 und als Verpflichtungsermächtigungen für das Jahr 2017. Das ist übrigens sinnvoll, denn Ausbildung dauert länger als ein Jahr. Zielgruppe sind vorrangig Flüchtlinge unter 27 Jahren mit Bleibeperspektive, aber eben auch bereits in Deutschland lebende junge Ausbildungsinteressenten mit Sprachförderbedarf.
(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))
Wir wollen vertiefte Berufsorientierung mit Sprachförderung verbinden. Wir wollen Einstiegsqualifizierung und Unternehmen fördern. Wir wollen zusätzlich Ausbildungsplätze durch Ausbildungsplatzförderung bei Unternehmen gewinnen, und wir wollen die spezielle Ausbildungsbegleitung in der qualifizierten Ausbildungsbegleitung in Betrieb und Berufsschule, speziell bei den Flüchtlingen, ausweiten gemeinsam mit der Wirtschaft.
Wenn Sie einmal ehrlich sind, sehen Sie: Dieser Haushalt ist ein guter Haushalt. Er setzt in vielen Bereichen neue Impulse.
Daher muss ich sagen: Ich hätte gerne, dass Sie uns mehr fordern. Ich brauche auch eine gute Opposition.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Empörung bei der SPD, der LINKEN und der FDP)
Denn eine Opposition, die nicht kreativ ist, macht am Ende eine Regierung auch nicht besser – wenn ich das einmal so sagen darf.
(Lebhafte Zurufe der Abg. Günter Rudolph und Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
Ich will das ausdrücklich sagen: Ich bin sehr – –
(Zurufe und Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten –Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
– Ich will das Ihnen ausdrücklich sagen.
(Lebhafte Zurufe)
Ich will mit Ihnen gerne über den besseren Weg streiten, aber wenn Sie sich diesen Einzelplan anschauen, sehen Sie: Der Weg, den Hessen im Bereich Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung geht, der muss ziemlich gut sein. Sonst hätten wir diese Debatte nicht gehabt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Hochmut kommt vor dem Fall! – Weitere lebhafte Zurufe von der Opposition)
 
Vizepräsident Frank Lortz:
 Vielen Dank.

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