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27.05.2015
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Neuregelung des Hessischen Ingenieur- und Ingenieurkammerrechtes und des Hessischen Architektenrechtes

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuallererst möchte ich kurz auf die Frage „Fraktionsgesetz oder nicht“ eingehen. Es ist doch kein Geheimnis, dass wir alle – im Ministerium und in den Fraktionen – seit Jahren über die Frage reden, wie wir eine Novellierung des Ingenieurkammerrechts hinbekommen und was deren Inhalte sind.
Eigentlich ist es, wenn ich das einmal so sagen darf, eine Serviceleistung. Wenn wir uns anschauen, welche Anhörungsfristen ein Kabinettsverfahren hat und welche Anhörungsfristen dann noch einmal der Landtag setzen kann, finden wir, es ist eigentlich im Interesse der Arbeit in den Fraktionen und auch der Arbeit im Ausschuss, dass die beiden Regierungsfraktionen den Gesetzentwurf hier eingebracht haben: Dann haben wir in der Sommerpause genügend Zeit, um uns in der Tiefe mit diesen Fragen beschäftigen zu können.
(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))
– Das liegt jetzt aber nicht daran, dass die alle Ingenieure werden wollen, guten Hunger.
(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)
– Frau Kollegin Wissler, es gibt im Hessischen Landtag die Legende, ich weiß nicht, ob sie stimmt, dass zu ganz früherer Zeit, vor vielen Jahrzehnten, nicht nur die Reden der Regierungsfraktionen, sondern auch die Reden der Oppositionsfraktionen im Ministerium entstanden sein sollen.
(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))
Das ist aber total gefährlich, weil die irgendwann einmal vertauscht wurden, und keiner hat es gemerkt. Insofern legen alle Abgeordneten weiterhin Wert darauf, dass sie selbst entscheiden, was sie im Landtag sagen. Ich glaube, dass unsere Gemeinsamkeit an diesem Punkt jetzt nicht künstlich minimiert werden sollte, sondern wir haben ein Interesse daran, dass wir im Ausschuss eine ordentliche Anhörung machen.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Ingenieurgesetz wird mit diesem Gesetzentwurf erstens modernisiert und veränderten Gegebenheiten angepasst. Der Wandel bei den entsprechenden Studienabschlüssen ist schon angesprochen worden.
Zweitens wird das nationale Recht an EU-Recht angepasst.
Drittens haben wir es mit etlichen Änderungen und Verbesserungen zu tun, die sich aus der täglichen Praxis der Ingenieurkammer und der Architekten und Stadtplaner ergeben haben. Das hört sich spröde an, ist aber aus wirtschaftspolitischer Sicht sehr wichtig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht also um ein Paket sinnvoller Maßnahmen, die aus mehreren Gründen zur Qualität des Berufsstands und damit zur Attraktivität des Wirtschaftsstandorts beitragen. Ich will ausdrücklich sagen: Es geht im Kern um Markenschutz für diesen Beruf. Ich glaube, dass uns klar sein muss, dass wir den notwendigen gesetzlichen Rahmen schaffen müssen, weil es den Studienabschluss des Diplomingenieurs heute an fast keiner Hochschule mehr gibt, sondern wir haben eine Flut von Studiengängen. Wir haben inzwischen weit mehr als 2.000 verschiedene akkreditierte Studiengänge, die irgendwo das Wort „Ingenieur“ beinhalten, sodass selbst Fachleute nicht mehr sagen können, was der Inhalt so manches Studiengangs ist. Deswegen ist ganz klar: Das ist Markenschutz, um den Ingenieurberuf zu stärken.
Der Gesetzentwurf enthält erstens eindeutige Mindestanforderungen für einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss. Er sagt ausdrücklich, dass man neuen Entwicklungen nicht im Wege stehen möchte, aber es ist klar, man soll sich darauf verlassen können, dass dort, wo Ingenieur draufsteht, auch Ingenieur drinsteckt, z. B. durch eine bestimmte Anzahl von Punkten, die im Studium erreicht werden mussten.
Zweitens wollen wir das, angesichts der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in der EU und der Berufsqualifizierungsrichtlinie, natürlich auch in unser Berufsrecht übertragen. Wir haben es gegenüber der Vorgängerrichtlinie mit Lockerungen bei der beruflichen Anerkennung zu tun. Und ich will Ihnen sagen: Das finde ich grundsätzlich gut. Allerdings ist klar: Bisweilen ist die Sorge entstanden, dass die vergleichsweise hohen Standards in Deutschland unterlaufen werden könnten. Ich will ausdrücklich hinzufügen und betonen, dass wir allen Grund haben, EU-weit alle Möglichkeit auszuschöpfen, das große Potenzial mobiler Fachkräfte zu nutzen. Das ist übrigens auch für Absolventen von Hochschulen in Deutschland eine Chance, für Ingenieure, die in Deutschland aktiv sind und einmal für eine gewisse Zeit im Ausland arbeiten wollen. Das geht nicht nur in eine Richtung; das geht in verschiedene Richtungen. Ich will ausdrücklich nicht den Eindruck erwecken, als seien die Standards überall um uns herum niedriger. Aber wir müssen natürlich schauen, dass es sich bei den auswärtigen Ingenieurinnen und Ingenieuren wirklich um denselben Beruf oder dieselbe Tätigkeit handelt, wenn sie diese Bezeichnung hier verwenden und sich niederlassen möchten. Deswegen, finde ich, trägt auch dies zur Qualitätssicherung des Ingenieurberufs bei.
Letzter Punkt aus meiner Sicht für heute. Ich glaube, dass es zu einer Verbesserung der Wettbewerbsstandards beiträgt, wenn es die Möglichkeit gibt, bei der Ingenieurkammer Hessen eine zusätzliche Berufsqualifikation nach außen hin sichtbar zu machen. Wer fachlich qualifiziert ist, darf sich dann Fachingenieurin oder Fachingenieur mit dem Zusatz Ingenieurkammer Hessen nennen. Das ist bis jetzt im föderalen Berufsrecht der Länder ein Novum, für das es aber aus unserer Sicht entsprechenden Bedarf gibt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich auf die Anhörung im Ausschuss.
(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
Wir werden genügend Zeit haben, weil es einen Gesetzentwurf der Fraktionen gibt; der Ausschuss tagt auch gleich, sodass wir uns mit der Frage auseinandersetzen können, wie viel Zeit wir uns für die Anhörung geben. – Sehr herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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