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04.02.2016
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Erfolgreiches Bahn-Spitzengespräch

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst und auch noch einmal grundsätzlich: Der Schienenverkehr in Hessen ist für die Landesregierung von größter Bedeutung. Er ist nicht nur von größter Bedeutung in Sachen Fernverkehr, er ist auch von größter Bedeutung in Sachen öffentlicher Personennahverkehr, weil dieser unerlässlich dafür ist, dass wir eine nachhaltig funktionierende Mobilität im Ballungsraum haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dafür braucht es eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur als wichtige Säule für eine umweltgerechte und klimaschonende Verkehrswende.

Sie haben es vielleicht wahrgenommen, dass die neusten Einpendlerzahlen nach Hessen veröffentlicht worden sind. Hessen wird immer attraktiver. Das heißt aber auch, dass wir diesen Mobilitätszuwachs, der damit verbunden ist, auf der Straße nicht mehr werden abwickeln können. Wir brauchen eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur, damit das mobile Hessen wirklich funktionieren kann.

Wir sind auch als wichtiger Logistikstandort darauf angewiesen, dass auf der Schiene ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen. Kollege Lenders hat es angesprochen, Stichwort: Was tun wir dafür? – Wir haben beispielsweise das Gleisanschlussprogramm für Firmen wieder aufgelegt, das mein Vorgänger eingestellt hatte. Das nur als Antwort auf die Frage, wie wir zusätzliche Bahnverkehre auch im Logistikbereich auf die Schiene bekommen.

Ich sage Ihnen aber auch dazu: Das alleine wird nicht helfen. Wir haben das Problem, dass die Schienenstrecken in Hessen nahezu dicht sind. Das heißt, dass auch keine weiteren Gütertransporte mehr möglich sind. Wir brauchen also auch in diesem Bereich zusätzliche Kapazität auf der Schiene, sonst ist dieses Ziel nicht erreichbar.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch da eine Antwort auf die Frage zum Stichwort Verspätungen bei der S-Bahn in Frankfurt. Dafür gibt es zwei große Gründe. Der eine ist organisatorisch, das muss die Bahn intern regeln. Da gibt es auch heftige und kräftige Gespräche, vor allem zwischen dem RMV und der Bahn. Nicht das Land Hessen ist der Besteller, sondern der RMV.

Der zweite Grund ist infrastrukturell. Wir haben im Rhein-Main-Gebiet unter anderem deswegen so große Verspätungsprobleme, weil der Anteil der Gleise, die sowohl vom Nahverkehr als auch vom Fernverkehr genutzt werden, deutschlandweit am höchsten ist. Das ist genau der Punkt, der das Problem ausmacht. Deswegen müssen wir zusätzliche Kapazitäten bauen.

Ein Beispiel. Was ist der Vorteil der Nordmainischen S-Bahn? Was ist der Vorteil des Ausbaus der S 6 in Richtung Bad Vilbel? – Man schafft eigene Gleise für die S-Bahn und für den Nahverkehr. Die alten Gleise können dann für den Fernverkehr genutzt werden. Das ist für beide Bereiche ein großer Fortschritt. Genau deswegen müssen wir da vorankommen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben alleine in die Stadt Frankfurt ein Pendleraufkommen von werktäglich 350.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Wir haben in den letzten fünf Jahren eine Zunahme von über 30 Prozent an Fahrgästen im ÖPNV gehabt. Das heißt, der ÖPNV ist attraktiv, stößt aber an seine Grenzen. Das liegt an der fehlenden Infrastruktur. Die Hälfte aller Züge des Fernverkehrs der Bahn fahren durch Hessen. 30 Prozent der bundesweiten Verspätungsminuten entstehen im Knoten Frankfurt und seinen Zulaufstrecken.

Das liegt daran, dass sich dieser Knoten nicht mit den Verkehrszuwächsen mitentwickelt hat und im Vorfeld des Frankfurter Hauptbahnhofs viele Kreuzungskonflikte bestehen.

Genau deswegen haben wir in dem Spitzengespräch mit der Bahn vor allem über die Infrastruktur geredet. Wenn wir die Infrastrukturprobleme auf der Schiene nicht in den Griff bekommen, dann wird es in allen anderen Bereichen keine Fortschritte geben können.

Ich will ausdrücklich sagen: Wir haben die Zielsetzung, den bestehenden Engpass im Knoten Frankfurt aufzulösen, mit konkreten Schritten hinterlegt. Es ist angesprochen worden, warum beispielsweise die Regionaltangente West im Bahnspitzengespräch keine Rolle gespielt hat. Das kann ich Ihnen sagen.

Denn das ist, mit Verlaub, kein Projekt der Bahn. Das ist ein kommunales Projekt.

Wir sind da beteiligt. Wir tun dafür auch viel. Herr Kollege Lenders, wir sind z. B. als Land wieder in die Planungsgesellschaft der Regionaltangente West eingetreten. Denn wir wollen, dass dieses Projekt vorankommt. Das ist vorher so nicht der Fall gewesen.

Wir haben da auch große Erfolge erzielt. Das betrifft z. B. die Tatsache, dass die Europäische Union dieses Projekt als eines von zwei Projekten deutschlandweit als förderungswürdig anerkannt hat und die Hälfte der Mittel für die Planung übernimmt.

Wir haben noch andere kommunale Projekte. Ich sage nur: Heute ist in den Zeitungen zu lesen, dass das Regierungspräsidium Darmstadt die Verlängerung der Linie U 2 von Gonzenheim zum Bahnhof nach Bad Homburg genehmigt hat. Das nur als Beispiel. Ich könnte Ihnen die Verlängerung der Stadtbahn in Frankfurt ins Europaviertel nennen. Das wird zu wesentlichen Teilen mit Landesmitteln bezahlt werden. Auch das wollte ich als Beispiel nennen.

Aber natürlich kann das in einem Spitzengespräch mit Vertretern der Bahn keine Rolle spielen. Denn es handelt sich dabei um kommunale Projekte, die mit Unterstützung des Landes verwirklicht werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

In dem Spitzengespräch haben wir sehr konkrete Schritte vereinbart. Die Bahn ist bereit, 2,1 Milliarden Euro bis zum Jahr 2019 in das Bestandnetz in Hessen und in den beschleunigten Ausbau zu investieren. Natürlich kann es gerade bei Neubaustrecken in Bayern einmal etwas mehr sein. Ich nenne nur die Strecke Nürnberg – Erfurt.

Die spannende Frage ist folgende: Wir haben im Bestandsnetz ein riesiges Problem. Die 1,6 Milliarden Euro, um genau zu sein, muss man erst einmal bis 2019 unter dem rollenden Rad investieren. Herr Kollege Frankenberger, das ist eine Menge Geld, wenn man weiß, welche Aufgaben da vor uns liegen.

Wir haben aber nicht nur über Fragen des Bestandnetzes geredet. Wir haben auch über Fragen des Ausbaus der Schieneninfrastruktur gesprochen. Das wird jetzt sehr konkret: Gateway Gardens kommt jetzt. Der Spatenstich wird im zweiten Quartal 2016 erfolgen. Gerade diesen neuen Gewerbestandort an den ÖPNV attraktiv anzubinden, ist dringend nötig. Denn wenn da erst einmal 14.000 oder 15.000 Leute irgendwann arbeiten werden und es würde keine Schienenanbindung geben, dann würde das auf die Dauer für das Straßennetz nicht mehr leistbar sein. Das ist sicherlich etwas, was alle hier begrüßen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich erwähne den Ausbau der S 6 von Frankfurt West nach Bad Vilbel. Auch das wird ein Beitrag dazu sein, den Nahverkehr einerseits und den Fernverkehr andererseits zu trennen. Das wird übrigens aber auch ein Beitrag zur Barrierefreiheit sein. Wer sich den jetzigen Zustand der S-Bahn-Bahnhöfe anschaut und sieht, wie die jetzt aussehen, der weiß, dass das eine wirkliche Verbesserung und Attraktivitätssteigerung dieser Strecke sein wird, und zwar jenseits der eigenen Gleise. Die Bahnhöfe werden dann mitgemacht.

Ich nenne die Nordmainische S-Bahn. Wir sind da sehr weit gekommen. Alle drei Abschnitte befinden sich in der Planfeststellung. Wir überlegen, ob wir die Bahn dazu bringen können, Teilinbetriebnahmen zu machen.

Auch das ist einer der Punkte. Der Frankfurter Tunnel wird sicherlich der komplizierteste Teil sein. Von Hanau bis Maintal und von Maintal bis Frankfurt-Ost ist das vergleichsweise einfach. Auch das ist ein Punkt, bei dem wir vorangekommen sind.

Das gilt auch hinsichtlich der ersten Anteile der Neubaustrecke Frankfurt – Mannheim. Auf diese Neubaustrecke will ich wirklich noch einmal hinweisen. Denn das ist der größte Engpass im bundesdeutschen Schienennetz. Deswegen bin ich mir absolut sicher, dass das im Bundesverkehrswegeplan ganz oben auftauchen wird.

Aber wir müssen feststellen, dass wir zehn Jahre lang einen still ruhenden See hatten, weil die Anbindung von Darmstadt nicht geklärt war. Ich will das sehr deutlich sagen: Das war harte Arbeit.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Nicht nur da. Aber auch das war es. Es ging auch um die Zufahrt nach Mannheim.

Wir haben uns geeinigt. Weil ich wusste, dass mich irgendwann einer danach fragt, habe ich übrigens dafür gesorgt. Ich glaube, im September letzten Jahres gab es eine Einigung in der Region und mit dem Land Hessen, mit dem wir gemeinsam an das Bundesverkehrsministerium herangetreten sind. Das wurde an alle Landtagsabgeordneten per E-Mail versandt.

Wir haben uns geeinigt. Es ist klar: Es gibt eine Strecke, die an Darmstadt vorbeigeht. Sie soll aber im Norden und im Süden an Darmstadt angebunden werden. Schöne Grüße aus Pfungstadt, das soll auf Darmstädter Stadtgebiet geschehen.

Das ist genau das, was uns jahrelang nicht gelungen ist. Wir werden kräftig dafür kämpfen müssen, dass wir das im Bundesverkehrswegeplan so hinbekommen. Aber es ist jetzt wirklich so weit, dass das Projekt jetzt wieder Fahrt aufnimmt.

Die Bahn hat zugesagt, noch in diesem Jahr den Dialogprozess zu starten. Sie hat zugesagt, auch hinsichtlich der Wallauer Spange noch im Jahr 2016 in die konkreten Planungen einzusteigen. Die Wallauer Spange ist sozusagen der erste Teil der Neubaustrecke Frankfurt – Mannheim. Das heißt, wir haben da wirklich wieder Schwung in den Ausbau der Schieneninfrastruktur gebracht. Das ist eine gute Nachricht für alle.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das ist übrigens auch eine Antwort auf die Fragen zu dem Stichwort Terminal 3. Ob man nun dafür oder dagegen ist, ob man es gut oder schlecht findet, ob es gebaut wird oder nicht, ob es eine Schienenanbindung geben wird oder nicht, eines müssten die Menschen, die sich mit der Sache ein bisschen auskennen, wissen: Die Riedbahn ist voll. Da passt kein einziger zusätzlicher Zug mehr darauf. Selbst wenn die Ausschleifung gebaut wird, wird man da eine Taktverdichtung überhaupt nicht machen können, weil man keine zusätzlichen Züge fahren lassen kann.

Man muss also die Neubaustrecke Frankfurt – Mannheim bauen, um die Riedbahn zu entlasten und um die Rhein-Neckar-Bahn zu entlasten, um dann zusätzliche Angebote auf der Schiene machen zu können. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, das eine hängt mit dem anderen zusammen.

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Minister, Sie denken bitte an die Redezeit und an mich.

Minister Tarek Al-Wazir:

Ich denke an die Redezeit, aber auch an diesen Punkt: Wir haben dort jetzt einen breiten Konsens in der Region erreicht, und den jahrelangen Stillstand des Vorhabens endlich beendet. Es geht voran.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ein Punkt ist mir auch noch wichtig. Das Stichwort lautet Wallauer Spange. Kollegin Wissler hat es angesprochen. Es gab damals aus politischen Gründen den sogenannten Wiesbadener Ast hin zur Neubaustrecke, allerdings nur in Richtung Köln, und zwar mit dem Ergebnis, dass man 250 Millionen Euro ausgegeben hat, um eine Anbindung an die Neubaustrecke zu bauen, auf der morgens und abends ein Zug fährt, und das auch nur werktags.

Das heißt, wenn man jetzt auch die Anbindung in Richtung Frankfurt macht, dann kann man diesen Wiesbadener Ast wirklich nutzen. Dann kann man den Hessenexpress fahren lassen. Von Wiesbaden aus würde man dann in 13 Minuten zum Flughafen kommen, anstatt, wie es derzeit der Fall ist, in 34 Minuten.

Man kann das dann weiterdenken. Man kann das als ersten Abschnitt der Strecke Frankfurt – Mannheim sehen. Die Strecke Flughafen – Darmstadt mit der Nordanbindung in Darmstadt kann man als zweiten Abschnitt ansehen. Dann kommt quasi der dritte Abschnitt. Das ist die Strecke Darmstadt – Mannheim.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Wenn der zweite Abschnitt gebaut ist, dann kann man das Gleiche auch von Darmstadt aus schaffen. Man kann dann nämlich in 13 Minuten von Darmstadt aus bis zum Flughafen kommen. Bisher dauert das mit dem Bus eine knappe halbe Stunde. Mit dem Zug braucht man über eine halbe Stunde.

(Timon Gremmels (SPD): Das war besser als Stoiber! – Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie sehen, das wird dann alles wunderbar klappen. Man wird von beiden Richtungen aus zum Flughafen aus in jeweils 13 Minuten kommen, aber nicht mit dem Transrapid, sondern mit der Eisenbahn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Minister, Sie sind schon bei 13 Minuten.

Minister Tarek Al-Wazir:

Ich komme ganz kurz zum vorletzten Punkt. Die Barrierefreiheit ist uns sehr wichtig. Frau Wissler, ich will ausdrücklich sagen: Gerade weil Hessen da so weit hinten liegt, ist das Jahr 2025 ein sehr ehrgeiziges Ziel, wenn man alle Bahnhöfe möglichst flächendeckend barrierefrei bis zu diesem Zeitpunkt machen will. Ich bin sehr froh, dass wir die Bahn so weit bekommen haben, diese Zusage zu machen. Wir werden uns überlegen, wie wir das hinkriegen können.

Ich weiß nicht, ob Sie dann noch hier sein werden. Aber Sie gehen davon aus, dass ich im Jahr 2025 immer noch Verkehrsminister sein werde. Schauen wir einmal. Das werden die Wählerinnen und Wähler entscheiden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich komme zu dem letzten Thema, das mir wichtig ist. Das Stichwort lautet Lärmschutz. Die NORAH-Studie hat dokumentiert, dass die Lärmemissionen aller Verkehrsträger gesundheitliche Risiken bedeuten. Wir werden jetzt im Mittelrheintal ganz konkrete Schritte gehen, um gegen den Lärm vorzugehen.

Ich will das sehr konkret benennen: Die Bahn wird auf die sogenannten Flüsterbremsen umrüsten. Wir werden von jetzt an bis zum Jahr 2020 Schritt für Schritt an der Strecke arbeiten. Ich will das sehr konkret sagen. Denn es wurde gefragt: Was passiert konkret?

Das bedeutet konkret, dass es 27,4 km Gleise mit Schienenstegdämpfern geben wird. Es wird an 4 km Strecke Lärmschutzwände geben.

Die Bahn verpflichtet sich zum regelmäßigen Schleifen der Schienen, zusätzlich die Flüsterbremsen – das kann bis 2020 mehr als die Halbierung des Lärms bedeuten. Ich finde das eine gute Nachricht für die Anwohner im Mittelrheintal.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, es geht voran an diesem Punkt. Ich freue mich, dass alle das gut finden, auch wenn manche es noch nicht zugeben können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Minister, vielen Dank.

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