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05.09.2013
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir: Für eine Energiewende mit Plan

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion hat dem Entschließungsantrag den Titel „Für eine Energiewende mit Plan“ gegeben, weil wir feststellen müssen, dass wir im Hessen des Jahres 2013 bei der Energiewende keinen Plan seitens der schwarz-gelben Regierung haben, und ein solcher ist dringend nötig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wissen, dass die Energiewende eine der zentralen Zukunftsaufgaben, eine der größten Herausforderungen, aber auch eine der größten Chancen Deutschlands ist, wenn man sie nutzt. Aber diese Chance geht seit 15 Jahren konsequent an Hessen vorbei, und das müssen wir ändern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage es sehr deutlich: Wer in diesen Tagen gesehen hat, dass das Atomkraftwerk in Fukushima immer noch nicht unter Kontrolle ist, der erinnert sich daran, dass wir vor zweieinhalb Jahren eine Situation hatten, dass selbst Schwarz-Gelb der Auffassung war: So geht es nicht weiter. – Zweieinhalb Jahre später, zweieinhalb Jahre nach dem Energiegipfel müssen wir feststellen: Sie sind dabei, die Energiewende sowohl in der Bundes- wie auch der Landespolitik mutwillig an die Wand zu fahren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Damit ist die Energiewende in unserem Land akut gefährdet.

Ich will Ihnen sagen, was ich das Absurdeste finde. Der Wirtschaftsminister zieht es vor, der Debatte hier nicht beizuwohnen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich finde es absurd, dass der Wirtschaftsminister, der für die Landesplanung zuständig ist, der zu Beginn dieses Jahres einen Landesentwicklungsplan vorgelegt hat, der das ganze Verfahren des Landesentwicklungsplans als verantwortlicher Minister begleitet hat, der hier als Abgeordneter einen Landesentwicklungsplan mit verabschiedet hat, sechs Wochen später der Auffassung ist, dass die Punkte, die er vertritt, von ihm selbst infrage gestellt werden. Er sagt, eigentlich müsste man die Abstandsregelungen noch viel weiter fassen, als sie jetzt gefasst sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das zeigt, dass die Herren von der FDP inzwischen zur Partei der Wutbürger geworden sind

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

und kein Interesse mehr daran haben, dass wir verantwortliche Politik machen.

Früher galt einmal: Wenn drei Leute irgendwo zusammenstehen und protestieren, dann dauert es nicht lange, und Willi van Ooyen gesellt sich dazu. Inzwischen hat sich das geändert.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wenn drei Wutbürger zusammenkommen, dauert es nicht mehr lange, dann kommt die FDP dazu und verspricht das Blaue vom Himmel, weil sie für 5 % der Wählerstimmen bereit ist, alles zu tun, inklusive ihre Seele zu verkaufen, so sie denn eine hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der FDP)

Ich glaube, dass ich das nicht alleine so sehe. Herr Stephan, sie haben sich gerade gemeldet. Ich habe eine Presseerklärung zu einer Veranstaltung des Bundesverbands Windenergie und von ABO Wind, in der Sie zitiert werden, lieber Kollege Stephan, energiepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion:

„Der Ausbau der Windkraft in Hessen beruht auf den Festlegungen des Landesentwicklungsplans“ … „Der Wahlkampf unseres Koalitionspartners FDP wird uns nicht daran hindern, die Energiewende weiter gemeinsam umzusetzen.“

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Moratorium beim Ausbau der Erneuerbaren, das einige FDP-Politiker fordern, werde es nicht geben.

Das habe ich mit großem Wohlgefallen gelesen, Herr Stephan. Das Problem ist, dass Sie sowohl in der Bundesregierung wie auch in der Landesregierung eigentlich nur noch hinkriegen, sich gegenseitig zu blockieren, aber nicht mehr hinkriegen, die Energiewende umzusetzen und irgendetwas konstruktiv zu wenden. Das muss enden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Ich verstehe, warum Herr Rentsch es vorzieht, hier nicht dabei zu sein, weil heute ganz offensichtlich sein vermeintliches Wahlkampfschlagerthema, Staudinger 1, sich aufgelöst hat wie eine Luftblase. Aber dass wir eine Situation haben, dass eine Landesregierung jetzt seit Jahren nicht in der Lage ist, und eine Bundesregierung auch nicht, zu definieren, wie wir Versorgungssicherheit in diesem Lande sicherstellen wollen, das lässt einen angst und bange werden, wenn man sich das anschaut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Florian Rentsch betritt den Plenarsaal.)

– Da ist er ja. – Es ist unverantwortlich, was sowohl im Kampf zwischen Herrn Rösler und Herrn Altmaier als auch im Kampf zwischen Florian Rentsch und Frau Puttrich nicht gemacht wird. Es wird nicht sichergestellt, dass wir ein Energiemarktdesign bekommen, das wirklich sicherstellt, dass die modernen Gaskraftwerke gebaut werden, dass die Pumpspeicherkraftwerke gebaut werden, die wir dringend brauchen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und die auch realisierbar wären, wenn denn der Wille bestehen würde. Aber ich glaube, es gibt bei Ihnen gar keinen Willen mehr, die Energiewende umzusetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage Ihnen, was jetzt zu tun wäre. Wir müssen das Erneuerbare-Energien-Gesetz weiterentwickeln, damit die Energiewende weitergeht und die Kosten fair verteilt werden. Die Kostenexplosion bei der EEG-Umlage hat ganz wenig mit dem Zubau von erneuerbaren Energien zu tun – haben Sie gelacht? –, nämlich 1 Cent Zuwachs bei der EEG-Umlage, davon 13 % wegen des Zubaus von erneuerbaren Energien, 25 % Zuwachs wegen der maßlosen Befreiung von jeder Lobbygruppe, die gute Kontakte zur FDP hat, von der Zahlung der Energieumlage

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

und 50 Prozent wegen des sinkenden Börsenstrompreises, wo Sie es weiterhin nicht hinbekommen haben, dass die Energieversorger diesen sinkenden Börsenstrompreis und damit sinkende Beschaffungskosten an die Endverbraucher weitergeben.

Meine Herren von der FDP, Sie sorgen dafür, dass immer mehr Firmen von der EEG-Umlage, von den Netzentgelten befreit sind und dass die kleinen Verbraucherinnen und Verbraucher und übrigens auch die kleinen und mittleren Unternehmen, die keine Chance haben, sich befreien zu lassen, die Zeche zahlen. Ich sage Ihnen, das ist ganz bewusst von Ihnen gemacht, weil Sie die Energiewende an die Wand fahren wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen Schluss machen mit der von Herrn Rentsch wieder propagierten Verhinderungsplanung bei der Windkraft im Binnenland. Wir brauchen die Windkraft im Binnenland, übrigens nicht nur aus Versorgungsgründen, sondern auch aus Kostengründen. Sie ist viel günstiger als die anderen Formen der erneuerbaren Energien. Sie ist übrigens auch sehr viel günstiger als der Offshore-Wind.

Deswegen sage ich Ihnen: Wenn Sie wieder dahin zurückfallen, wo Sie einmal waren, dass Sie nämlich versuchen, die Windkraft im Binnenland zu verhindern, was man jeden Tag sehen kann, wenn man den Spuren von Herrn Rock und Herrn Rentsch folgt,

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

dann wollen Sie die Energiewende an die Wand fahren. Das bedeutet im Umkehrschluss: Sie wollen zurück zu Kohle und Atom. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann sagen Sie aber auch, dass das Ihr eigentliches Ziel ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen Versorgungssicherheit schaffen. Ich habe schon über die Gaskraftwerke geredet.

(Zuruf des Abg Peter Stephan (CDU))

Ich war vor vier Wochen am Edersee. Da gibt es ein Pumpspeicherkraftwerk, das schon seit sehr langer Zeit existiert. Es gibt keine Anwohnerproteste. Es gibt sogar eine Baugenehmigung. Aber E.ON investiert nicht, weil sie sagen, in einer so chaotischen Situation – Herr Rock, wer regiert eigentlich im Bund wie im Land? – können sie diese Summe nicht investieren.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Das sage ich Ihnen. Da merken Sie einmal, was Sie in den letzten zwei Jahren angerichtet haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir müssen die Strommetze intelligent ausbauen, weil ein dezentrales System auch stabiler ist, je vernetzter es ist. Und wir müssen dafür sorgen, dass die kommunalen Akteure bei der Energiewende wirklich Akteure werden. Die Energiewende muss in Bürgerhände gelegt werden.

Was Sie mit Ihrem Quotenmodell vorhaben, ist nichts anderes als das, was bei E 10 und E 5 passiert ist. Ihnen geht es nicht mehr darum, dass man bei der Energiewende viele Akteure hat, dass die Wertschöpfung im Land bleibt. Sie wollen so etwas wie die Beimischungspflicht beim Benzin machen, mit dem Ergebnis, dass es von irgendwo herkommt und dass die großen Konzerne wieder daran verdienen.

Ich sage Ihnen: Das machen Sie mit Absicht, weil Sie nicht wollen, dass die Energiewende gelingt. Sie wollen die Konzerne wieder in die Lage versetzen, in der sie vorher waren. Das ist Absicht, und das können wir uns in diesem Land wirklich nicht leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Ich glaube, dass wir vor einer Richtungsentscheidung stehen.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Wir entscheiden am 22. September, ob die Energiewende in Deutschland weitergeht.

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Tarek Al-Wazir:

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Oder ob Sie sich mit Ihren Vorstellungen durchsetzen und am Ende – das schwöre ich Ihnen –, wenn es so käme, was Gott und die Bürgerinnen und Bürger verhüten mögen, dann würden wir in zwei Jahren wieder debattieren,

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

weil Sie dann dafür sorgen wollen, dass die Atomkraftwerke länger laufen. Nein, die Energiewende muss gelingen, und sie wird gelingen, weil die Mehrheit der Menschen sie wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Al-Wazir.

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