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26.06.2014
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir: Aktuelle Stunde – Woche der Entscheidung im Bundestag – auch das neue EEG muss den Ausbau der erneuerbaren Energien in Hessen fördern und nicht bremsen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht vorab: Der jetzt mühsam zustande gekommene EEG-Entwurf ordnet den Ausbau der erneuerbaren Energien. Er dient durchaus dem grundlegenden Ziel der Energiewende, eine kosteneffiziente Energieversorgung möglichst vollständig aus erneuerbaren Energiequellen sicherzustellen. Es ist völlig unstreitig, dass die EEG-Reform dringend notwendig ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So weit sind wir uns sicherlich einig. Aber der Entwurf, der vorgestern Abend oder nachts gekommen ist, enthält durchaus weiterhin sehr problematische Einzelregelungen, wo wir uns natürlich die Frage stellen, ob das am Ende unserem gemeinsamen Ziel der Energiewende nützt oder in bestimmten Punkten auch schaden kann.

Es ist uns im Laufe des Verfahrens der letzten Monate gemeinsam mit anderen Bundesländern gelungen, den gröbsten Unfug zu entschärfen, der sich teilweise im Gesetzentwurf befunden hat. Ich war geradezu entsetzt, als im Laufe des Verfahrens der Vorschlag enthalten war, auch bei Kleinst-Fotovoltaikanlagen die EEG-Umlage jedenfalls teilweise zu erheben. Am Ende hätte der Messaufwand mehr Geld gekostet, als an realen EEG-Umlagezahlungen eingegangen wäre.

Es ist uns also gelungen, den gröbsten Unfug herauszubekommen. Wir haben auch in der Frage Netto- statt Bruttobetrachtung bei den Windkraftanlagen und bei der Bemessung des Referenzertragsmodells gerade im Sinne unserer Energiewende in Hessen Verbesserungen erreicht. Das ist alles richtig. Nur haben wir weiterhin zahlreiche Regelungen, die die Energiewende vor Ort eher behindern als fördern.

Ich will zwei Punkte nennen. Die Belastung der eigenen Stromerzeugung wird uns in den nächsten Jahren noch beschäftigen, weil die Gefahr besteht, dass wir beim Zubau von Eigenstromerzeugungsanlagen, von Kraftwärmeanlagen und erneuerbaren Energieanlagen einen Einbruch erleben werden. Ich stelle mir schon die Frage, ob das im Sinne der Sicherung der Energieerzeugung und auch im Sinne der Energiewende sein kann. Diese Frage muss man stellen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden in diesem Jahr – ich fürchte auch im nächsten Jahr – einen weiteren Einbruch beim Zubau der Fotovoltaikanlagen erleben. Das ist keine Frage des Geldes mehr, denn wer heute eine Fotovoltaikanlage zubaut, macht das zu sehr geringen Vergütungssätzen. Insofern ist das sicherlich ein Punkt, von dem ich glaube, dass er eigentlich das Gegenteil als Ziel haben müsste.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Stephan Grüger (SPD))

Ich sehe einen dritten Punkt. Wer das dringend notwendige Vertrauen bei Investoren zurückgewinnen möchte, der hat die Tatsache wirklich kritisch zu bewerten, dass wir weiterhin in der Zukunft eine drohende Belastung von Bestandsanlagen haben. Auch dieses ist sicherlich nichts, was insgesamt hilft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen gibt es durchaus problematische Bereiche. Ich will an einem Punkt dem Kollegen Gremmels aber widersprechen. Es ist eher eine politische Übersprungshandlung, wenn ein Vertreter der SPD jetzt erklärt, dass die GRÜNEN daran schuld sind,

(Widerspruch des Abg. Timon Gremmels (SPD))

dass das, was ein SPD-Minister vorlegt, falsch ist. Herr Gremmels, ich will es einmal so sagen: Ich habe Sigmar Gabriel in allen Gesprächen als sehr selbstbewussten Minister wahrgenommen.

(Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Ich glaube, dass er durchaus das, was er vorlegt, auch selber verantwortet.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Ich will es einmal so herum sagen: Am Ende des Tages würde es bei Gesetzesvorhaben von dieser Wichtigkeit und Größenordnung kein Minister zulassen, dass er sagt: Eigentlich will ich das ja gar nicht; das war mein Staatssekretär.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Ich glaube, da tun Sie Ihrem Parteivorsitzenden Unrecht. Wenn das, was er vorlegt, aus Ihrer Sicht schlecht ist, dann war es der grüne Staatssekretär; wenn es denn verbessert wird, war es die SPD –

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

meine sehr verehrten Damen und Herren, so funktioniert unsere Arbeitsteilung nicht.

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich will ausdrücklich auf Hessen zurückkommen. Wir werden mit diesem EEG jetzt umgehen müssen. Wenn der Fotovoltaikzubau nicht so kommt, wie wir das berechnet haben, bedeutet das umso stärker, dass wir auf die Windkraft setzen müssen. Wenn ich unsere Windkraftziele sehe, wenn ich unsere Ziele an Leistungen sehe, die wir brauchen, brauchen wir im Jahr 2019 eine zusätzliche Strom- menge von etwa 4,5 TWh pro Jahr durch Wind und Sonne, wenn wir die Verdopplung erreichen wollen.

Das bedeutet, dass wir die installierte Windkraftleistung in den kommenden fünf Jahren nahezu verdreifachen müssen. Das heißt, Jahr für Jahr müssen etwa 380 MW an Windkraftleistung neu installiert werden und damit doppelt so viel wie im vergangenen Jahr.

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Minister, Sie denken an die Redezeit.

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung:

Ich komme zum Schluss.

Das ist ambitioniert. Aber das ist durchaus erreichbar. Es setzt angesichts des jetzigen EEGs, wie es sich abzeichnet, voraus, dass wir anhaltenden technischen Fortschritt bei den Windkraftanlagen, aber auch Anpassungen – und zwar nach unten – bei den Pachten und bei den allgemeinen Betriebskosten brauchen.

Wir müssen auch bei den Windvorranggebieten prüfen, ob wir verstärkt Gebiete einbeziehen müssen, die höhere Windgeschwindigkeiten aufweisen, die aber bisher wegen eines möglichen höheren Konfliktpotenzials mit Naturschutzbelangen nicht näher betrachtet werden. Wir werden das prüfen und versuchen müssen, die unterschiedlichen Belange in Einklang zu bringen.

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Wir wollen bis zum Jahr 2019 ein Viertel unseres Stromverbrauchs in Hessen aus grünen Stromquellen erzeugen. Ich bedaure, dass der vorliegende Gesetzentwurf des EEG den Weg dahin nicht gerade einfacher macht. Rückenwind sieht anders aus. Wir wollen trotzdem mit Kraft an unseren Zielen festhalten und dafür sorgen, dass wir sie am Ende auch erreichen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Herr Minister.

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