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03.03.2009

Sigrid Erfurth zum Gesetz zur Förderung von Infrastrukturinvestitionen in Hessen

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit unserem Änderungsantrag und mit dem dazugehörigen Dringlichen Entschließungsantrag machen wir Ihnen und insbesondere den Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP ein Angebot, dass wir das Hessische Gesetz für Infrastrukturinvestitionen auf eine breitere gesellschaftliche Basis – –

Vizepräsident Lothar Quanz:

Frau Kollegin, vielleicht können Sie das Mikrofon etwas tiefer stellen, d. h. das Pult etwas herunterfahren. Es gibt Hinweise aus dem Plenum, dass Sie schlecht gehört werden.

Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir bieten Ihnen also an, das Gesetz zur Förderung von Infrastrukturinvestitionen auf eine breitere gesellschaftliche Basis zu stellen und sich nicht darauf zurückzuziehen, das Gesetz alleine, mit Ihrer Mehrheit, zu verabschieden, sondern auf uns zuzukommen und gemeinsam zu überlegen, wie wir das Gesetz verbessern und wie wir gemeinsam dafür sorgen können, dass in Hessen die Schulen baulich besser ausgestattet werden.

Ich habe es schon beim letzten Mal vorgetragen: Hinsichtlich der Investitionen in die Schulen stimmen wir Ihnen zu. Hier gibt es unbestritten einen Investitionsstau, und wir halten es für sinnvoll, die Schulträger zu unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu den übrigen Bereichen haben wir Ihnen unseren Änderungsantrag und den Entschließungsantrag vorgelegt. Aus unserer Sicht sind beide dazu geeignet, das Gesetz zielgenauer zu machen und nachteilige Wirkungen zu beseitigen.

Zunächst einmal geht es darum, die Verteilung und den Umfang der Mittel im Gesetz insoweit zu konkretisieren, dass die zum Vergabezeitpunkt gültige Energieeinsparverordnung berücksichtigt wird. Alle Rednerinnen, auch von der CDU und der FDP, haben immer wieder betont, es gehe darum, Energieeinsparungen seien oberstes Gebot. Auch die Vertreter der anwesenden Verbände haben in der Anhörung versichert, das sei selbstverständlich.

Ich sage: Wenn es denn so selbstverständlich ist, dann lassen Sie es uns aus der Begründung ins Gesetz übernehmen. Dann haben wir es da, wo es hingehört, nämlich im Gesetz verankert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In die gleiche Richtung geht der zweite Punkt unseres Änderungsantrages. Wir möchten sicherstellen, dass bei allen Investitionsmaßnahmen die weitgehende Barrierefreiheit im Sinne des Hessischen Behindertengleichstellungsgesetzes hergestellt wird. Wenn wir schon mit öffentlichen Mitteln aufwendig bauen, dann sollten wir es doch so tun, dass Menschen mit Mobilitätsbehinderungen unsere mit öffentlichen Geldern so schön geförderten Bauwerke auch ohne größere Umstände erreichen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

– Ich gebe Ihnen recht, Herr Milde, es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

– Es steht nicht im Gesetz, ich habe ausdrücklich danach gesucht. – Wenn Sie damit einverstanden sind, wäre es ein Einfaches, das im Gesetz zu verankern und festzustellen, dass es dem Hessischen Landtag wichtig ist, dass das Geld mit dafür verwendet wird.

In § 6 wollen wir konkretisieren, wofür die Mittel eingesetzt werden, und zwar die Mittel, die für die sonstige kommunale Infrastruktur verwendet werden. Wir möchten gerne erreichen, dass diese Mittel zielgerichtet verwendet werden, und zwar für die energetische Sanierung, für Nahwärmenetze, für den ÖPNV, für Kinderbetreuungseinrichtungen und für die moderne Breitbandtechnologie. Wir halten es nicht für sinnvoll, diese Mittel ausschließlich der Beliebigkeit von Bürgermeistern und Landräten preiszugeben.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

– Ich denke, es macht durchaus Sinn, eine gewisse Zielrichtung vorzugeben. – Dass ich mit meinen Befürchtungen nicht ganz alleine stehe, hat durchaus auch der Finanzminister auf der Pressekonferenz bestätigt. Er hält nicht jeden Kunstrasenplatz, den sich Bürgermeister vorstellen, für sinnvoll und wirkungsvoll. Von daher sollten wir schauen, dass wir den Investitionen eine bestimmte Richtung geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sollten auch dafür sorgen, dass tatsächlich in nachhaltige Projekte investiert wird. In der Vergangenheit hatte der Geldmangel in den Kommunen durchaus das Gute, dass nicht alles, was wünschbar war und nicht immer sinnvoll gewesen ist, ermöglicht werden konnte. Er hat disziplinierend gewirkt und war eine Stellschraube.

17 Wenn diese Stellschraube jetzt ganz weggenommen wird, entstehen natürlich andere Begehrlichkeiten. Daher unser Vorschlag: Lassen Sie uns hier in sinnvoller nachhaltiger Weise investieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser eindringlicher Appell an Sie: Rücken Sie von der einseitigen Bevorzugung des Straßenbaus ab. Es gibt durchaus Maßnahmen, auch im ÖPNV, die schon 2009 umsetzbar sind. Auch Ihnen liegt eine Liste des RMV mit Maßnahmen vor, die 2009 umsetzbar wären. Ich kann es nicht akzeptieren, wenn gesagt wird, das sei 2009 nicht zu regeln. Es ist zu regeln, wenn Sie sich darauf einlassen. Dann können wir auch im ÖPNV einen Schwerpunkt setzen, statt nur Straßen zu sanieren und in den Kreis- und Gemeindestraßenbau zu investieren. Lassen Sie uns in nachhaltige Zukunftsprojekte investieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein wichtiger Punkt betrifft die Finanzierung der Zinslasten. Die haben schon zu vielen Berechnungen Anlass gegeben. Es ist unbestritten – das wurde im Ausschuss von allen bestätigt –, dass eine Finanzierung der Zinslasten aus der Finanzausgleichsmasse des KFA zu einer stärkeren Heranziehung der finanzschwachen Kommunen führt und diese benachteiligt. Sie müssen nämlich die Kosten für Investitionen der einwohnerstarken Städte mitfinanzieren. Es ist sogar der Extremfall denkbar, dass eine Kommune, die überhaupt nicht investiert, Investitionen – z. B. für Eschborn oder Frankfurt – über die Zinsprogramme mitfinanzieren muss.

Daher unterbreiten wir Ihnen einen Vorschlag für eine Änderung des kommunalen Finanzausgleichs. Wir wollen, dass jede Kommune nur für die Zinszahlungen in Anspruch genommen wird, für die sie auch Investitionsvolumen abruft. Ich denke, das ist ein sinnvoller Vorschlag, um hier Ungerechtigkeit aus dem Weg zu räumen. Im Ausschuss konnten wir feststellen, dass auch die Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände das als einen durchaus gangbaren Weg ansehen. Wir halten es für sinnvoll, jetzt im Gesetz festzulegen, dass wir den KFA an dem Punkt ändern wollen, statt sich darauf zu verlassen, dass man sich bei späteren Verhandlungen im KFA einigen wird. Daher unser Vorschlag: Lassen Sie uns das jetzt tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum letzten und wichtigsten Punkt, zu unserem Entschließungsantrag. Wir haben Ihnen einen Entschließungsantrag vorgelegt und möchten damit einen Punkt ansprechen, der nicht im Gesetz verankert ist, der aber in engem Zusammenhang mit diesem Gesetz steht und aus unserer Sicht von großer Bedeutung ist. Es geht um das Vergaberecht. Wir stimmen Ihnen in unserem Entschließungsantrag zu, dass es sinnvoll ist, schnell Geld in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen, und dass es in der Situation, in der wir jetzt sind, durchaus Sinn machen kann, einige Regeln des Vergaberechts vorübergehend zu lockern. Das gestehen wir Ihnen zu.

Wir denken aber, das darf nicht über das Maß dessen hinausgehen, was der Bund festgelegt hat. Wir verstehen nicht – das kritisieren wir mit unserem Antrag eindeutig –, dass Sie die Zeitspanne länger als der Bund fassen wollen. Das Gesetz betreffend kommunale Infrastrukturmaßnahmen soll ja Investitionen im Jahre 2009 pushen. Warum jetzt mit Hinweis auf dieses Gesetz die Vergaberichtlinien bis zum Jahre 2012 ausgesetzt werden sollen, erschließt sich mir nicht. Ich denke, wir sollten noch einmal darüber nachdenken, ob wir nicht den engeren Zeitrahmen nehmen, den das Bundesgesetz vorschreibt.

Das gleiche gilt für die Wertgrenzen für freihändige Vergaben. Auch hier sollten wir uns am Bundesrecht orientieren. Ich halte es auch für schwierig, in einem Gesetz sozusagen zwei verschiedene Rahmen für das Vergaberecht zu haben – weitere Vorschriften in Hessen und engere Vorschriften des Bundes. Daher unsere Bitte: Nähern Sie sich unserem Entschließungsantrag, und nähern Sie sich unseren Änderungsvorschlägen. Sie ermöglichen damit, eine breitere gesellschaftliche Basis für das hessische Infrastrukturprogramm zu schaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Frau Erfurth.