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04.03.2010
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner zu: Öffentliche Gelder für FDP-Agentur

Ich überhöre jetzt diesen Zwischenruf – mal schauen, ob er sich wiederholt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte meine Rede mit einem Zitat beginnen.

Wenn Politiker bei Firmen engagiert sind, muss man auf alle Fälle ein transparentes Ausschreibungsverfahren machen, egal, wie hoch die Summe ist.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Die FDP-Meinung ist: Es hätte ausgeschrieben werden müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jetzt haben wir eine ganz einfache Frage.

Herr Kollege Hahn, dieses Zitat ist von Ihnen. Sie haben es als Oppositionsabgeordneter gesagt, als es um die Vergabe der Landesregierung an eine Agentur ging, an der ein ehemaliger CDU-Landtagsabgeordneter beteiligt war. Jetzt haben wir die ganz einfache Frage: Warum gilt diese einfache Feststellung von Ihnen nicht mehr, wenn Sie Minister sind und wenn die begünstigte Agentur im Wesentlichen Besitz der FDP ist?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das ist die ganz einfache Frage, die wir an Sie stellen.

Ihr Haus hat einen Auftrag an die Wiesbadener Agentur „Cicero“ vergeben. Weil schon wieder viel filibustert wird, ob diese Agentur der FDP gehört oder nicht, so empfehle ich eine Lektüre der Bundestagsdrucksache aus der 17. Wahlperiode mit der Nummer 630. Dort wird ganz eindeutig festgehalten, dass die Wiesbadener Agentur „Cicero“ zu 47,5 Prozent im Eigentum der FDP ist.

Sie haben einen Auftrag Ihres Ministeriums ohne Ausschreibung an eine Agentur vergeben, die ihrer Partei maßgeblich gehört.

Jetzt haben wir Sie gefragt, wie die Vorgänge im Detail waren. Herzlichen Dank für Ihre Antwort, die uns heute vorliegt. Sie sagen darin, dass Sie sogar Kenntnis von diesem Vorgang hatten. Sie wussten, dass diese Agentur im Wesentlichen Besitz der FDP ist.

Warum haben Sie dann diesen Vorgang nicht gestoppt – wenn Ihre Maßstäbe auch für Sie selbst gelten?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das Ministerium erklärt durch den Staatssekretär Dr. Kriszeleit, alles sei wunderbar gelaufen – man dürfe Aufträge sogar bis zu einer Höhe von 100.000 € freihändig vergeben.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

– Herr Kollege Rentsch, das kann die Rechtslage sein.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

– Herr Kollege Rentsch, es ist auch die Rechtslage. Aber spätestens an dieser Äußerung merkt man doch, wo das Problem liegt. Soll es künftig so sein, dass Aufträge eines FDP-geführten Ministeriums bis zur Höhe von 100.000 Euro an eine FDP-eigene Agentur gegeben werden?

Spätestens hier merkt man, dass es so nicht gehen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Hahn, Ihre eigenen Maßstäbe sind da richtig. Im Zweifel muss mindestens ausgeschrieben werden.

Was sagt Herr Hahn selbst zu diesem Vorgang – Herr Hahn, der gesagt hat, es muss auf jeden Fall ausgeschrieben werden? Herr Hahn sagt zu diesem ganzen Vorgang – ich zitiere –: „Ich dachte immer, man sollte heimische Unternehmen unterstützen.“

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Minister Hahn, wir wollen heimische Unternehmen unterstützen – parteieigene aber wollen wir nicht unterstützen. Das ist der Unterschied.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abg. der SPD)

Aus den Antworten des Ministers erfahren wir jetzt: Es gab nicht nur eine einzige freihändige Vergabe an diese Agentur, sondern es gab noch eine weitere freihändige Vergabe an diese Agentur, die sich im Wesentlichen im Besitz der FDP befindet, nämlich auch zur Vorbereitung der Wiesbadener Diskurse. Vorhin in der Aktuellen Stunde haben wir darüber geredet, das war die Veranstaltung mit Herrn Sarrazin.

Es gab einen weiteren Auftrag. Dieser wurde nicht etwa von der Fachabteilung vergeben, sondern der Minister antwortet uns dazu: Dieser Auftrag, freihändig, ohne Ausschreibung, wurde von dem Ministerbüro von Herrn Hahn vergeben. Wieder hatte der Minister Kenntnis davon, und wieder hat er diesen Auftrag nicht gestoppt. Herr Hahn, was sind Ihre eigenen Ansprüche eigentlich wert, wenn Sie regieren?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abg. der SPD)

Man darf auch einmal fragen, warum Ihre Partei eigentlich im Mitbesitz von Werbeagenturen ist.

Der Sinn von Agenturen und Unternehmen in unserem Land ist es, Gewinne zu erzielen und diese Gewinne ihren Eigentümern zur Verfügung zu stellen.

Also kann man schon überlegen, dass der einzige Grund, warum die FDP Agenturen besitzt, eben diese Gewinnerzielungsabsicht ist. Wenn die öffentlichen Aufträge, die Sie vergeben, dann Gewinne von FDP-eigenen Unternehmen produzieren, dann muss man wirklich vorsichtig sein, ob hier nicht Gelder indirekt in die Finanzierung von Parteien gelenkt werden.

Deshalb ist es richtig, was Sie einmal gesagt haben: Es muss mindestens ausgeschrieben werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Herr Kollege Wagner, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Mathias Wagner:

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Die FDP sagt immer gern „Privat geht vor Staat“. Mit der Auftragsvergabe von Herrn Hahn wissen wir, dass es eine Ergänzung gibt: Partei geht vor Privat. So darf es nicht sein. Herr Hahn, kommen Sie an dieses Pult. Sagen Sie, dass Ihre eigenen Ansprüche wieder gelten. Dann können wir die Sache beenden. Sagen Sie, dass es ein Fehler war, wie Sie das gemacht haben. Aber bitte wechseln Sie nicht, bloß weil Sie Minister sind, auf einmal die Ansprüche. So geht das nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner.

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