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28.03.2012
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet: Jobcenter der Optionskommunen intensiver unterstützen

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Bartelt, als wir Ihren Antrag zum ersten Mal gelesen haben, hat er uns mit Ratlosigkeit zurückgelassen. Sie beschreiben in Ihrem Antrag, dass Hessen 16 Optionskommunen hat. Das ist richtig, was aber der inhaltliche Aussagewert ist, hat sich uns noch nicht ganz erschlossen. Ich möchte ergänzen: Von den 6 Millionen Menschen in Hessen leben 3,5 Millionen in den 16 Optionskommunen. 40 % der Menschen in Hessen leben in Kreisen und Kommunen, in denen Arbeitsgemeinschaften oder gemeinsame Einrichtungen existieren. Ich frage Sie: Was ist eigentlich mit diesen Menschen aus diesen Kreisen und Kommunen? Haben sich die Landesregierung und CDU und FDP von der Frage verabschiedet, was aus diesen Langzeitarbeitslosen wird? – Für uns nicht. Arbeitslose sind Arbeitslose, egal, wo sie leben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Bartelt – Sie sprechen gerade mit dem Landtagspräsidenten, der eigentlich auch wissen sollte, dass man Gespräche draußen führen sollte –, wir haben in ganz Hessen eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit. Wir haben sie überall, nicht nur in 60 % aller Kommunen und Kreise. Die Langzeitarbeitlosen interessiert es, mit Verlaub, recht wenig, in welcher Organisationsform sie beraten werden. Den Arbeitslosen ist es egal, ob es eine Optionskommune ist, eine Arbeitsgemeinschaft oder eine gemeinsame Einrichtung. Sie möchten einfach nur gut betreut werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Ralf-Norbert Bartelt (CDU))

Sie möchten gut integriert werden und gut beraten werden. Sie möchten eine gute Fortbildung haben. Wo steht denn eigentlich bei Ihnen, dass wir in allen Jobcentern eine gute Qualität brauchen und nicht nur in den Optionskommunen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wir haben uns die Zahlen angesehen. Wir sind schon fast im siebten Jahr nach dem Inkrafttreten der Hartz-IV-Reform. Es gibt gute Jobcenter und es gibt weniger gute Jobcenter. Es gibt gute Jobcenter mit guten Integrationsquoten und solche, die das nicht nachweisen können. Es gibt Optionskommunen, deren Bestand an Langzeitarbeitslosen sogar gestiegen ist. Es gibt aber auch welche, deren Bestand gesunken ist.

Wir haben Jobcenter, in denen es so ist, dass die Eingliederungsmittel, also die zweckgebundenen Mittel für Fortbildung und Eingliederung, nicht ausgeschöpft werden. Wir sind keine Fetischisten, die das Geld aus dem Fenster werfen, es ist aber ein kleiner Indikator dafür, ob das Geld da ankommt, wo es dringend gebraucht wird, nämlich bei den Menschen, die über viele Jahre arbeitslos sind und denen eine neue Qualifizierung fehlt. Wenn man einerseits Geld dafür hat, aber andererseits die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit nicht aufbricht, dann stimmt etwas nicht in der Steuerungsfunktion der Arbeitsmarktpolitik in Hessen. Darauf wollen wir hinweisen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Wenn Sie sagen, in den Optionskommunen laufe alles bestens, nur dass sei das Modell, das erfolgreich und zukunftsweisend sei, dann muss ich Ihnen zu meinem Bedauern sagen, weil ich keine Häme will, ich will mich auch nicht darüber streiten, ob es toll ist, Letzter zu sein. Ich will nur darauf hinweisen, dass es den Optionskommunen nicht gelungen ist, die letzten Plätze bei den Integrationsquoten zu verlassen.

Wir haben jetzt die Zahlen für Oktober 2011. Zu diesem Zeitpunkt waren die Zielvereinbarungen zwischen dem Minister und den Optionskommunen über neun Monate in Kraft. Der Odenwaldkreis, der Hochtaunuskreis, der Kreis Bergstraße, der Rheingau-Taunus-Kreis und der Main-Taunus-Kreis belegen bei der Integrationsquote die letzten Plätze. Das ist kein gutes Zeichen. Das lässt uns auch nicht in Häme ausbrechen. Es geht darum, zu klären, warum das so ist, dass diese Kreise die letzten Plätze belegen. Deswegen lautet unser Tenor: Die Landesregierung muss besser unterstützen. Die Optionskommunen brauchen eine bessere Beratungsfunktion und eine bessere Aufsicht.

Eine Steuerungsfunktion bedeutet auch, dass man hinschaut und überprüft, was falsch läuft und welche die Gründe dafür sind, dass diese Kommunen die letzten Plätze belegen. Das sind doch die Zahlen aus der Bundesagentur für Arbeit, die für jeden einsichtig sind.

Wenn Sie den Bestand von Langzeitleistungsbezieher nehmen, sind die letzten Städte im Main-Taunus-Kreis, im Main-Kinzig-Kreis, in Wiesbaden, im Rheingau-Taunus-Kreis und im Odenwaldkreis. Das sind auch alles Optierer. Herr Bartelt, was sagen Sie denn zu diesen Zahlen? Ich würde mir wünschen, dass wir diese ideologischen Grabenkämpfe nicht weiterführen, ob die Argen besser sind oder die Optierer.

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Lieber Kollege Bocklet, kommen Sie bitte zum Ende.

Marcus Bocklet:

Ich komme zum Schluss. – Ich appelliere an die Landesregierung: Nehmen Sie Ihre Steuerungsfunktion endlich wahr, machen Sie Ihre Hausaufgaben und sorgen Sie dafür, dass wir gute Qualität in allen Jobcentern haben, damit die Langzeitarbeitslosen, auf die es ankommt, wieder in Arbeit kommen. Das ist der große Mangel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet.

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