Inhalt

17.12.2015
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet: Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes

Ich habe hier nicht nur meine alte Rede, sondern ich kann dir auch sagen, wann du dazwischenrufen musst; das steht hier auch drin. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! In einem Punkt kann ich die FDP verstehen sowie ihre Zwischenrufe, weil die Anhörung in der Tat deutlich differenzierter war.
(Beifall bei der FDP)
Nach meiner Wahrnehmung war es in der Tat so, so viel sollte man zur Wahrheitsfindung schon zugestehen, dass es zwei Pole gab:
Es gab in der Tat den Städte- und Gemeindebund, den Städtetag sowie den Landkreistag, die doch sehr deutlich gemacht haben, dass ihnen daran liegt, eine rechtssicherere Situation zu bekommen als bisher. Das zum Hintergrund. Aufgrund von Gesprächen mit den Industrie- und Handelskammern oder anderen Gewerbetreibenden, kann ich das auch durchaus verstehen, die sagen: Stellen Sie sich vor, wir planen etwas über ein halbes Jahr lang; wir haben Traditionsfest; wir wollen einen verkaufsoffenen Sonntag zur Belebung, als Marketingeffekt oder wozu auch immer haben. Das haben wir dann ein halbes Jahr lang beworben und mehrere Hunderttausend Euro ausgegeben, und dann verlieren wir wenige Tage oder eine Woche vor diesem Termin vor Gericht, und die ganzen Kosten, die wir gehabt haben, gehen vor die Hunde. Das ist doch ärgerlich.
Es geht an dieser Stelle also nicht um die Ausweitung, sondern es geht darum, dass es bei dem Konsens der vier Sonntage im Jahr bleiben könnte. Es geht in der Tat aber auch um die Frage: Könnte es so geregelt werden, dass man sein Geld auch tatsächlich planungssicher investiert und diesen verkaufsoffenen Sonntag durchführen könnte? Das ist die Problemlage, auf die Ihr Gesetzentwurf eigentlich abzielt. Ich bin mir sicher, es gab bei dieser Anhörung einen überwiegenden, einen ganz großen Block, der Ihren Gesetzentwurf abgelehnt hat. So viel sollten Sie ehrlicherweise auch zur Kenntnis nehmen. Wir hatten einige Redner von den Kirchen, und ganz viele haben gesagt, sie wünschten sich dies nicht. In der Tat gab es aber auch einen Block von Institutionen – Herr Lenders, Sie haben die Spitzenverbände erwähnt –, die gesagt haben: Lassen sie uns noch einmal darüber nachdenken, wie wir diese Crux wegbekommen, dass wir eigentlich viermal im Jahr etwas planen und es dann kurz vorher weggeschossen bekommen.
Wenn man diese Diskussion jetzt fortführt, dann stellt man aber fest, dass auch die Vertreter des Städtetages zugegeben haben, dass Art. 140 GG und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besagen, dass der Wegfall des Anlassbezugs leider keine Lösung ist. Sie sehen, ich versuche, mich Ihnen sehr differenziert zuzuwenden und zu sagen: Eigentlich könnte der Wegfall des Anlassbezugs eine Lösung sein, wenn wir sagen, für vier Sonntage im Jahr gäbe es unter uns einen Konsens, und eigentlich wollen wir diese doch zulassen, damit man sie stattfinden lassen kann und nicht kurz vorher weggeklagt bekommt. – Aber, ich finde, die Anhörung hat auch ergeben, dass das eben gerade keine Lösung und nicht zielführend ist.
Die Ausnahme von der Regel muss nach wie vor dokumentiert werden. Insofern bedarf es einer klaren Definition einer Ausnahme, und diese bedarf – wir haben gerade das Beispiel Rheinland-Pfalz gehört – auch einer umfangreichen Prüfung.
Herr Lenders, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, am Ende wird der Wegfall des Anlassbezugs keine Lösung sein. Deswegen wird meine Fraktion Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen können.
Herr Lenders, ich bin gespannt auf Ihren Änderungsantrag zur dritten Lesung. Was einhellig abgelehnt wurde, war, dass zu diesen vier Tagen noch zusätzliche Bezirke oder Stadtteile hinzukommen. Ich komme aus einer Stadt, die 43 Stadtteile hat, manche sagen sogar, dass sie 46 Stadtteile hat. Da wäre es praktisch möglich, an jedem Sonntag so etwas durchzuführen. Auch die anderen Großstädte wie Kassel und Darmstadt hätten die Möglichkeit, an weit mehr als nur vier Sonntagen verkaufsoffene Sonntage durchzuführen.
Es kann doch nicht unser Interesse sein, wenn wir alle beteuern, dass der Sonntag ein Tag der Erholung und Ruhe ist, an dem nicht gearbeitet wird und die Familien zusammengeführt werden sollen anstatt sie zu spalten, noch mehr als diese vier Sonntage haben zu wollen. Das hat Ihr Gesetzentwurf leider implizit auch enthalten.
(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)
Sollten Sie das in Ihrem Änderungsantrag, den Sie zur dritten Lesung vorlegen, ändern, wird die Diskussion noch einmal spannend. Rein differenziert betrachtet hätte es eine Lösung sein können, den Anlassbezug zu streichen. Ich wiederhole es noch einmal: Dann muss man es mit einer Rechtsverordnung lösen. Dann muss aber auch angehört werden, dann muss auch geprüft und eine sorgfältige Abwägung durchgeführt werden. Es muss mit den Betroffenen gesprochen werden, es muss ein öffentliches Interesse bestehen, es muss auch eine Rechtsverordnung mit einem hohen Aufwand erarbeitet werden. Insofern ist es auch keine Lösung, die es etwas einfacher macht, sondern sie verkompliziert es auch.
Insofern bleiben wir bei unserer Meinung, dass die momentane gesetzliche Situation in Hessen, so, wie es Herr Dr. Bartelt eben auch angesprochen hat, eine richtige Lösung ist. Man kann mit ihr nicht richtig glücklich sein, aber sie ist für alle Beteiligten zufriedenstellend. Es ist wichtig, mit der Sonntagsöffnung sehr restriktiv umzugehen, weil es nicht nur das Gesetz und die Gerichte so sehen, sondern weil wir als Gesellschaft es auch verhindern wollen, dass es eine weitere Liberalisierung gibt, dass an immer mehr Sonntagen gearbeitet werden soll. Das sind wir unseren Bürgerinnen und Bürgern, unseren Familien und auch unseren nachfolgenden Generationen schuldig, dass wir heute entscheiden, so restriktiv wie möglich zu bleiben. Sonntags wollen und sollen wir grundsätzlich nicht arbeiten. – Ich danke Ihnen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Kontakt