Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der neue FDP-Entwicklungshilfeminister der Bundesregierung hat im März dieses Jahres nach einer Reihe von peinlichen Auftritten im Vorfeld und der Tatsache, dass er das Ministerium, dem er heute vorsteht, eigentlich abschaffen wollte, für große Irritationen im Rhein-Main-Gebiet gesorgt, weil er im Prinzip ohne Konzept die Gefährdung von über 1.000 Arbeitsplätzen in den Raum geworfen hat.
Ich muss schon sagen, dass es mich etwas gewundert hat, wie die Landesregierung darauf reagierte; im Prinzip hat nämlich ausschließlich Herr Hahn, der Vorsitzende der FDP, reagiert, während Herr Posch, der als Wirtschaftsminister sowohl für die Arbeitsplätze, die Unternehmen in der Region als auch für die Entwicklungshilfe zuständig ist, sich dazu gar nicht zu Wort gemeldet hat. Von daher ist es ganz schön, dass sich Herr Hahn jetzt auf Reisen in Vietnam befindet, sodass Herr Posch dann heute die Gelegenheit hat, als zuständiger Minister einmal zu diesem Thema Stellung zu nehmen. Darüber freuen wir uns ausdrücklich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Meine Damen und Herren, die Entwicklungshilfepolitik hat sich in den letzten Jahren sehr stark verändert, hin zu einer wirklichen Wahrnehmung der Partnerländer auf Augenhöhe, mit Verhandlungen, Absprachen und Versuchen, diesen Ländern dabei zu helfen, nachhaltige Entwicklungsschritte zu machen.
Auch gerade die staatliche Entwicklungshilfe hat es sich zum Ziel gesetzt, auf gleicher Höhe zu agieren, Menschen zu entsenden und dafür zu sorgen, dass in den Partnerländern neue Ressourcen geschaffen werden, und zwar in politischer Hinsicht, in wirtschaftlicher Hinsicht, in ökologischer und sozialer Hinsicht.
Genau in diesem Spannungsfeld der Qualifikation und des Aufbaus dieser Länder und der staatlichen Strukturen arbeitet die GTZ mit ihrem Sitz in Eschborn. In diesem Feld arbeiten aber auch andere sogenannte Vorfeldorganisationen wie der Deutsche Entwicklungsdienst, wie Inwent und natürlich wie, wenn man die finanzielle Zusammenarbeit mit hinzunimmt, die Kreditanstalt für Wiederaufbau mit Sitz in Frankfurt.
Die entwicklungspolitische Szene diskutiert seit Jahren, ob und wie die verschiedenen Organisationen so zusammengeführt werden können, dass mehr Synergieeffekte entstehen. Deswegen ist die Grundidee, die hier auf den Tisch gekommen ist, zum einen nicht neu. Zum anderen wird sie von den Organisationen, wie wir wissen, inzwischen sehr ernsthaft bearbeitet. Ich hoffe, Herr Posch kann uns gleich etwas Konkreteres sagen, in welchem Stadium sich dies befindet, damit das nicht immer nur von Herrn Hahn gemacht wird, sondern auch vom zuständigen Minister bewertet wird.
Von daher begrüßen wir insgesamt, dass diese Diskussion jetzt angestoßen ist und weitergeführt wird. Wir glauben aber auch – das möchte ich ausdrücklich sagen –, dass es nicht sinnvoll ist, die Diskussion abgetrennt zu führen und nur die technische Zusammenarbeit zu sehen, statt sie mit der finanziellen Zusammenarbeit über die Kreditanstalt für Wiederaufbau zusammenzuführen.
Was meiner Meinung im Moment das Hauptproblem in der Diskussion ist und was die Irritationen bis heute fortsetzt, ist die Tatsache, dass der Bundesentwicklungsminister im Prinzip noch keine konkreten Konzepte vorgelegt hat, welche entwicklungspolitischen Ziele er umsetzen möchte. Eine Organisationsreform vorzuschlagen, wo noch nicht klar ist, welche Funktionen hinterher von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ausgeübt werden sollen, das ist das Hauptproblem, das im Moment dazu führt, dass nach wie vor Irritationen vorhanden sind. Das betrifft auch die Frage, wo der richtige und angemessene Standort für die Aufgaben ist, die jetzt anstehen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Ich sage Ihnen ganz offen: Eine Entwicklungspolitik, die nur nach deutschen Interessen geht, die haben wir glücklicherweise schon lange hinter uns. Was wir brauchen, ist eine globale Kooperation zusammen mit den Vereinten Nationen, zusammen mit der EU und einer klaren Zielrichtung, die den Ländern Möglichkeiten gibt, sich selbst zu helfen. Hilfe zur Selbsthilfe, das ist das entscheidende Schlagwort.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Da ist es, finde ich, unverantwortlich, wenn ein Entwicklungsminister solche Vorschläge einfach so in den Raum wirft, die er selbst noch gar nicht durchdacht hat. Ich möchte Herrn Posch auch ausdrücklich auffordern, Herrn Hahn aufzufordern, nicht mit weiteren Irritationen nachzulegen. Denn wenn ein FDP-Minister hier sagt, stattdessen sollten die Arbeitsplätze in Bonn abgebaut werden, ohne dass der Organisationsprozess ausdiskutiert ist, dann ist das genauso unverantwortlich vom Vorsitzenden der FDP in Hessen, wie es vorher von Herrn Niebel war.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Vizepräsident Lothar Quanz:
Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss. Bitte nur noch ein Satz; die Redezeit ist abgelaufen.
Kordula Schulz-Asche:
Ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren, ich finde, die Diskussion muss jetzt vorangeführt werden. Sie muss sachlich geführt werden. Die FDP, Herr Hahn, hat dazu keinen guten Beitrag geleistet. Halten Sie sich in dieser Frage etwas zurück. Auch in Bonn sind Arbeitsplätze. Auch in Bonn gibt es eine FDP, und in Nordrhein-Westfalen gibt es einen Herrn Pinkwart, der sicher ein weiteres Mal nicht sehr begeistert über die Interventioenn des hessischen FDP-Landeschefs war. – Danke.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Florian Rentsch (FDP): Mal ist es euch zu wenig, mal zu viel! – Gegenruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Man kann doch nicht mitten im Prozess fordern, dass Arbeitsplätze abgebaut werden!)
Vizepräsident Lothar Quanz:
Danke sehr, Frau Schulz-Asche.