Inhalt

09.07.2009

Kai Klose zur Internationalen Bauausstellung

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen ja, dass wir GRÜNEN dem Prozess hinsichtlich der Internationalen Bauausstellung zu Beginn nicht allzu euphorisch gegenübergestanden haben. Wie wir uns am Ende bei der Abwägung der Lasten und des Nutzens entschieden hätten, kann ich Ihnen heute guten Gewissens nicht sagen. Dass es sich aber lohnt, den Vorbereitungsprozess zu Ende zu führen, konnte jeder erkennen, der sich in den vergangenen Monaten ernsthaft mit diesem Projekt beschäftigt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb muss ich Ihnen sagen: Die Vorgänge, die Sie hinsichtlich einer Internationalen Bauausstellung Frankfurt/Rhein-Main in Gang gesetzt haben, sind beschämend.

Auch das ist beschämend. Der Bericht der Lenkungsgruppe liegt diesem Landtag seit 14 Wochen vor. Am Dienstagabend hat sich während der Sitzung des Wirtschaftsausschusses herausgestellt, dass kaum ein Abgeordneter Ihrer Fraktion ihn gelesen hat.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Er umfasst 14 Seiten. Sie hätten jede Woche eine Seite lesen müssen, dann wären Sie mit dem Lesen rechtzeitig zur Debatte fertig gewesen. Das war ein jämmerliches Bild.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU: Frechheit!)

Es ist beschämend, weil die Regierung Koch die x-te Chance, die Region Frankfurt/Rhein-Main zusammenzuführen, wieder einmal fahrlässig vergeigt hat.

In den vergangenen Wochen waren ganz klare Bekenntnisse sowohl zahlreicher kommunaler Akteure als auch von Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft zur Internationalen Bauausstellung zu hören gewesen. Damit ging ganz selbstverständlich einher, auch finanzielle Verantwortung für dieses Projekt zu übernehmen. Herr Blum, man hätte das hören können, wenn man es hätte hören wollen.

Stattdessen haben Sie in der Ausschusssitzung am Dienstag schlichtweg bestritten, dass es dieses Faktum gibt. Dann haben Sie noch einen draufgesetzt, indem Sie den Wert der Zusagen der Industrie- und Handelskammer und der Wirtschaftsinitiative Rhein-Main – wie man heute nachlesen kann, ist das für Sie irgendeine Wirtschaftsinitiative – generell in Zweifel gezogen.

Wieviel Porzellan Sie mit Ihrer fatalen Entscheidung gegen die Internationale Bauausstellung zerschlagen haben, können Sie nachvollziehen, wenn Sie die Erklärung der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main vom heutigen Tag lesen. Ich darf zitieren:

Wir haben immer wieder gesagt, dass wir da mitmachen. Mehr als diese Signale, kann man nicht geben. Das ist verkehrte Welt.

Das konnte man von der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main lesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Minister Posch hat auf die Bitte, die Landesregierung möge sich dazu einmal verhalten, während der Ausschusssitzung gekniffen.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Mir sind deshalb nur die Äußerungen des Herrn Staatsministers Hahn bekannt. Ihm war es wichtig, umgehend mitzuteilen, dass die Ablehnung in den Reihen der Liberalen – ich zitiere jetzt – „noch größer war als die überwältigende Mehrheit in der CDU-Landtagsfraktion“. Ich finde es schon bemerkenswert, dass sich Herr Hahn jetzt auch noch dafür feiern lassen will, dass die Torte, die er Frau Beer ins Gesicht wirft, größer ist als die Torte, die die CDU-Fraktion für Herrn Kollegen Milde und z. B. auch für den Kämmerer der Stadt Frankfurt, Herrn Becker, besorgt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, das Mindeste, was Sie sich hätten abringen können, wäre gewesen, die Arbeit der Lenkungsgruppe zu würdigen und sie diese zu Ende bringen zu lassen. Stattdessen nutzten Sie den letzten Satz eines Ihrer üblichen Selbstbeweihräucherungsanträge, um den Vorhaben den Garaus zu machen. Ich halte das für einen schäbigen Umgang mit den Personen, die sich in dieser Lenkungsgruppe über viele Monate engagiert haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Bei der Internationalen Bauausstellung stehen den Investitionen ganz erhebliche Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte gegenüber. Dieses Projekt haben Sie mit Bezug auf die Haushaltslage gekillt, haben aber gleichzeitig die Suche nach Investoren für das Wolkenkuckucksressort Beberbeck verlängert. Dafür soll es 30 Millionen € Geld vom Land geben. Das belegt doch, dass Ihr Argument mit der Haushaltslage doch nur vorgeschoben ist. Wenn eine der reichsten Regionen Deutschlands nicht in der Lage sein soll, eine Internationale Bauausstellung finanziell zu stemmen, das aber in Brandenburg, in Hamburg und in Sachsen-Anhalt derzeit möglich ist, dann kann doch an Ihren Argumenten irgendetwas nicht richtig sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hätten Sie ein echtes Interesse gehabt zu wissen, wer welche Summen zur IBA beizusteuern bereit ist, dann hätten Sie die Lenkungsgruppe ihre Arbeit einfach abschließen lassen können. Genau diese Klarheit wollte sie schaffen. Sie wollen keine IBA. Weil die von Ihnen geschickten Elefanten Gall und Hielscher den Porzellanladen nicht schnell genug zerstört haben, haben Sie am Dienstag noch die Bulldozer hinterhergeschickt. Diese Schneise der Verwüstung, die Sie hinterlassen, finden Sie gestern und heute in allen Zeitungen der Region abgebildet. Es wird lange dauern, bis dieser Schaden wieder gutgemacht ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Was zu diesem Zeitpunkt im Raum steht, ist deshalb die Frage: Warum alles in der Welt lassen Sie die Lenkungsgruppe ihre Arbeit nicht wenigstens abschließen und uns dann im Herbst auf einer soliden Informationsgrundlage, auch gerade, was die Finanzierung betrifft, eine Entscheidung fällen? – Wir geben Ihnen heute mit unserem neuen Antrag noch einmal die Chance, zur Besinnung zu kommen. Ergreifen Sie sie. – Vielen Dank.