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16.11.2010

Kai Klose: Korruptionsbekämpfungsgesetz

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat ist die öffentliche Auftragsvergabe in Deutschland durch ein zersplittertes und hochkomplexes Vergaberecht geprägt. Die Folgen sind Intransparenz, fehlerhafte Anwendung und Ineffizienz. Zusätzlich verursacht das einen hohen bürokratischen Aufwand und durchaus eine gewisse Rechtsunsicherheit, die häufig unnötige Ausgaben verursacht.

Sauber zwischen Unwissenheit und Absicht zu unterscheiden ist häufig unmöglich. Dass davon auch Hessen nicht ganz frei ist, haben wir in den vergangenen Wochen gemeinsam erfahren, meine Damen und Herren. Das Problem ist also derzeit sehr konkret.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Gleichzeitig sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge mehrere Ziele zu beachten, die leider manchmal im Konflikt zueinander stehen. Zum einen möchten alle, die auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene zu entscheiden haben, dass ihre Aufträge möglichst schnell und reibungslos vergeben werden können; denn sowohl die Politik selbst als auch die Bürgerinnen und Bürger erwarten durchaus zu Recht, dass Aufträge rasch vergeben und eben auch rasch ausgeführt werden können. Eilige Vergabeverfahren auf der einen Seite und Korruptionsbekämpfung auf der anderen Seite können sich aber durchaus widersprechen. Darüber hatten wir nicht zuletzt anlässlich der Vergabeerleichterungen im Zuge der Konjunkturprogramme gestritten.

Zum anderen möchten insbesondere die Entscheidungsträger auf regionaler oder kommunaler Ebene Unternehmen vor Ort an Aufträgen beteiligen. Der Wunsch, die einheimische Wirtschaft zu stärken, ist selbstverständlich legitim; denn natürlich arbeitet man gerne mit Unternehmen zusammen, deren Leistungsfähigkeit man kennt und die auch nach dem Auftrag für Gewährleistung und Wartung bereitstehen. Aber wir wollen auch einen umfassenden Wettbewerb. Wir möchten aus einer möglichst großen Zahl von Angeboten wählen können. Das sind Ziele, die manchmal zueinander in Widerspruch geraten.

Korruption ist in vielen Staaten auf diesem Planeten das wichtigste Hindernis wirtschaftlicher Entwicklung. Ich weiß schon, in Deutschland tun wir gerne so, als hätten wir damit nichts zu tun. Aber beispielsweise die Fälle bei Siemens und VW vor wenigen Jahren haben sich eben hier abgespielt, und das Bundeskriminalamt hat festgestellt, dass die wirtschaftlichen Schäden durch Korruption und Vetternwirtschaft jährlich in Milliardenhöhe liegen. Es gibt also überhaupt keinen Grund, an dieser Stelle überheblich zu sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Nur maximale Transparenz bei öffentlichen Auftragsvergaben sorgt dafür, dass der Staat seiner gesellschaftlichen Vorbildrolle gerecht wird. Nur Transparenz und offene Verfahren sorgen für Wettbewerbsdruck und wirtschaftliche Ergebnisse im Sinne des Staates und damit der Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig liegen transparente, offene Vergabeverfahren auch im Interesse der Wirtschaft, da die Unternehmen, die legal arbeiten, einen Anspruch auf einen fairen Wettbewerb haben.

Sehr sinnvoll und wünschenswert – Frau Faeser hat das eben auch schon gesagt – wäre selbstverständlich eine bundeseinheitliche Regelung. Die ist aber leider nicht in Sicht. Einige andere Länder, z. B. Nordrhein-Westfalen und das Land Berlin, haben deshalb eigene Korruptionsregister beschlossen. Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass das Land Hessen allein im Jahr 2011 Aufträge im Umfang von 600 Millionen € für Baumaßnahmen vergibt, dann ist doch klar, dass angesichts solcher Summen auch bei uns auf allen staatlichen Ebenen eine hohe Sensibilität und ein geschärftes Bewusstsein an dieser Stelle nötig sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das heute von der SPD dankenswerterweise vorgeschlagene Korruptionsregister kann dazu einen ganz wichtigen Beitrag leisten.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es schließt eine bisher in Hessen bestehende Gesetzeslücke. Das ist gut und richtig, gerade auch weil der bestehende Runderlass über Vergabesperren sich nur an die Landesbehörden richtet, das vorgeschlagene Korruptionsregister aber für Land und Kommunen gelten soll. Wir stimmen dem ausdrücklich zu. Gerade auch die Kommunen, die eine Vielzahl von Aufträgen vergeben, sollten so rasch wie möglich von einem landesweiten Korruptionsregister profitieren können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich will schon jetzt drei Fragen für die weitere Beratung in den Ausschüssen ganz kurz anreißen. Zum einen müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir es schaffen, diesen Katalog der Straftaten und Verstöße im Bereich der Korruption genau gegeneinander abzugrenzen.

Zum Zweiten halte ich die Frage für interessant, ob die Möglichkeit besteht, ein solches Korruptionsregister neben den Behörden auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, oder ob wir da in Konflikt mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen kommen.

Drittens ist zu fragen, ob es sinnvoll und möglich ist, eine Verbindung zwischen dem vorgeschlagenen Korruptionsregister und der bereits bestehenden Ausschreibungsdatenbank des Landes herzustellen. Ich glaube, das wäre eine durchaus logische Maßnahme.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unabhängig von der Klärung dieser Fragen steht aber fest: Ein Korruptionsregister fügt den komplexen gesetzlichen Regelungen Transparenz hinzu und trägt zu einem fairen Wettbewerb um öffentliche Aufträge bei. Lassen Sie uns die schwarzen Schafe von den saftigen Wiesen der öffentlichen Aufträge vertreiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke, Herr Klose.