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13.04.2011

Kai Klose: Hessisches Korruptionsbekämpfungsgesetz

Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle haben in den letzten Wochen und Monaten in Sachen öffentlicher Auftragsvergabe in Hessen viel dazugelernt; manche mehr, manche weniger. Wir alle haben schmerzlich dazugelernt – das will ich auch sagen. Denn das Ganze fand zum Schaden des Landes statt.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Daher hege ich die Hoffnung, dass sich gerade wegen der Ereignisse der vergangenen Wochen die ablehnende Haltung der Regierungsfraktionen zum vorliegenden Gesetzentwurf der SPD vielleicht geändert haben könnte. Ich hoffe, sie wird nicht enttäuscht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Gerade die öffentliche Auftragsvergabe in ihrem Volumen von jährlich bundesweit mehreren Hundert Millionen Euro hat sich in den letzten Jahren als anfällig für korruptes Verhalten gezeigt. Korruption ist nicht nur ein Problem zentralafrikanischer Staaten, wie man es den Leuten gerne weiß machen will – ich nenne VW und Siemens. Auch in Hessen gab es Fälle. All diese Fälle sind beklagenswert, und wir sind verpflichtet, diesen Fällen entgegenzuwirken.

Wenn man sich anschaut, dass allein das Land Hessen in diesem Jahr Bauaufträge im Umfang von ungefähr 600 Millionen € vergibt, dann zeigt das doch, dass wir eine hohe Sensibilität und ein stark geschärftes Bewusstsein für diese Problematik entwickeln müssen.

Da wiederhole ich, was ich vor wenigen Wochen hier schon aus anderem Anlass gesagt habe: Nur maximale Transparenz bei öffentlichen Auftragsvergaben sorgt für Wettbewerbsdruck und wirtschaftliche Ergebnisse im Interesse des Staates und damit der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ein Korruptionsregister, wie es die SPD heute vorschlägt, ist ein zielführendes Element –  ein zielführendes Element, um mehr Transparenz zu erreichen. Deshalb begrüßen wir diesen Gesetzentwurf und werden ihm auch zustimmen.

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge geraten häufig mehrere Ziele miteinander in Konflikt: Aufträge sollen schnell, reibungslos vergeben werden; möglichst sollen Unternehmen vor Ort Berücksichtigung finden. Gleichzeitig wollen wir aber auch, dass ein fairer Wettbewerb stattfindet, und zwar gerade im Interesse der Unternehmen.

Deshalb bedarf es klarer Regelungen auf Landesebene, die auch für die Kommunen gelten – solange es an dieser Stelle eben kein Bundesgesetz gibt.

Transparente Vergabeverfahren sind gleichzeitig im höchsten Interesse auch der Wirtschaft. Gerade die Unternehmen haben einen berechtigten Anspruch auf fairen Wettbewerb um öffentliche Aufträge.

Die im SPD-Gesetzentwurf zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung und zur Einrichtung eines hessischen Korruptionsregisters enthaltenen Maßnahmen und Instrumente liefern für die Durchsetzung gerade dieses Anspruchs einen wichtigen Baustein. Wir begrüßen diesen Entwurf daher ausdrücklich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ein Korruptionsbekämpfungsgesetz kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die öffentlichen Auftraggeber wirksam vor korrupten Auftragnehmern und Dienstleistern zu schützen. Damit leistet es einen wichtigen Beitrag, um finanziellen Schaden – gerade auch von den Kommunen – abzuwenden.

Herr Schork, deswegen muss ich Ihnen widersprechen. Es gibt diesen Erlass. Aber dieser Erlass gilt nun einmal nicht für die Kommunen. Das haben meine Vorrednerinnen auch gesagt.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Deshalb ist es richtig, dass wir dieses Landesgesetz verabschieden.

Wie gesagt: Eine bundesweite Regelung ist nicht in Sicht. Herr Saebisch hat im Ausschuss angekündigt, das Land werde dazu Initiativen ergreifen. Da interessiert mich ganz besonders, was die Landesregierung bisher konkret dazu getan hat. Herr Posch, ich nehme an, Sie werden dazu Stellung nehmen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Solange aber eine bundesweite Regelung nicht in Sicht ist, lohnt ein Blick auf die bestehenden Landesgesetze. Da zeigen die Erfahrungen aus Berlin und Nordrhein-Westfalen – das hat auch die Anhörung bestätigt –, dass sich die Eintragung ins Korruptionsregister häufig als wirksamer erweist als die bestehenden strafrechtlichen oder gewerberechtlichen Sanktionsmaßnahmen. Selbst Ihr eigener, gerade eben vom Kollegen Dr. Blechschmidt zitierter, in Sachen Vergabefehler bei der HZD mehrfach bemühter Gutachter, der geschätzte Herr Prof. Kamann, hat es in der Anhörung begrüßt, dass die aus seiner Sicht nötige gesetzliche Grundlage damit geschaffen würde. Er hat gesagt, es bedarf eines Gesetzes, um diese Maßnahmen umzusetzen; der Erlass alleine genügt da nicht.

Der von der SPD vorgelegte Gesetzentwurf schließt genau diese bisher in Hessen bestehende Gesetzeslücke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Gerade weil der geltende Runderlass zu Vergabesperren sich nur an die Landesbehörden richtet, das vorgeschlagene Korruptionsregister aber für Land und Kommunen gelten soll, ist es so wichtig. Wir wollen, dass gerade die Kommunen, die eine Vielzahl von Aufträgen vergeben, so rasch wie möglich von einem landesweiten Korruptionsregister profitieren können.

Im Übrigen schützt das Korruptionsregister auch gerade diejenigen, die eine weiße Weste haben. Es empfiehlt sie nämlich gleichsam zur Beauftragung. Auch deshalb ist das eine sinnvolle Maßnahme.

Im Zuge der Anhörung hat uns die Landesregierung durch das Finanzministerium wissen lassen – der Ministerpräsident hat es dann auch auf dem kleinen Parteitag der CDU bestätigt –, dass sie künftig soziale und ökologische Kriterien im Vergaberecht angewandt sehen will. Das will ich von hier aus ausdrücklich begrüßen. Das ist ein richtiger Schritt. Wir fordern ihn seit Langem.

Darüber hinaus hat das Finanzministerium erklärt, es werde in der Landesregierung bereits darüber nachgedacht, in einer Neufassung des bestehenden Hessischen Vergabegesetzes sowohl diese neuen Kriterien

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

als auch gesetzliche Regelungen zu Vergabeausschlüssen im Rahmen der Korruptionsbekämpfung aufzunehmen. Herr Finanzminister, hier interessiert uns natürlich insbesondere, wann wir mit der angekündigten Vorlage dieses Gesetzes rechnen dürfen – oder ob wir vielleicht, wie bei der Fehlbelegungsabgabe heute Morgen, selbst tätig werden müssen, damit das nicht vergessen geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie dem Landtag heute dazu einen Zeithorizont beschreiben könnten. Einfach nur Nein zu sagen, reicht eben nicht. Wo ist Ihr Vorschlag?

Ich kann nur sagen: Mir lieg nichts vor. Aber unabhängig davon ist durch die Anhörung bestätigt worden: Ein Korruptionsregister fügt den komplexen gesetzlichen Regelungen Transparenz hinzu. Es trägt zu einem fairen Wettbewerb um öffentliche Aufträge bei. Solange der Bund keine Anstalten macht, selbst tätig zu werden, sind wir aufgerufen, eine landesrechtliche Regelung zu schaffen.

Deshalb stimmen wir dem Gesetzentwurf der SPD gerne zu. Und ich wiederhole meinen Appell aus dem November: Stimmen auch Sie zu. Tragen Sie dazu bei, dass wir die schwarzen Schafe, und zwar um der weißen willen, von den saftigen Wiesen der öffentlichen Aufträge vertreiben. – Vielen Dank.

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Kollege Klose.