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14.09.2011

Kai Klose: Änderung des Hessischen Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Tat ist es bereits die dritte Lesung dieser beiden Gesetze. Deshalb will ich jetzt auch keine ausführliche Wiederholung der bereits mehrfach hier und im Ausschuss vorgetragenen Argumente vornehmen.

Für uns GRÜNE bleibt es dabei: Ein wirksames Vergabegesetz muss drei entscheidende Kriterien erfüllen.

Erstens muss es fairen Wettbewerb gewährleisten. Dazu gehört ausdrücklich auch die Sanktionierung von Lohndumping als Vergabekriterium.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Es muss, zweitens, durch klare, formale Regeln dafür sorgen, dass öffentliche Auftraggeber – und damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler –, aber auch die Firmen vor Korruption geschützt werden. Gleichzeitig darf es, drittens, die schnelle und effiziente Auftragsvergabe nicht behindern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für diese drei Kriterien ist die Transparenz der öffentlichen Auftragsvergabe die entscheidende Bedingung. Denn ohne Transparenz ist keine öffentliche Kontrolle möglich.

Das sind die Grundregeln, an denen wir auch Ihre Gesetzentwürfe gemessen haben. An diesen Grundregeln gemessen werden wir uns, wie bereits bei der zweiten Lesung, bei beiden Gesetzentwürfen der Stimme enthalten – bei dem Gesetzentwurf der LINKEN deshalb, weil die dort festgeschriebenen, sehr umfangreichen Vergabekriterien nach unserem Dafürhalten das Vergabegesetz überfrachten und seine Wirksamkeit beeinträchtigen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Im Gesetzentwurf der SPD ist der Vergabeteil besser gelungen, aber unter der Überschrift „Mittelstandsförderung“ schafft er weitere Beiräte und Beauftragte, die unseres Erachtens keinen effektiven zusätzlichen Nutzen für den Mittelstand bringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hat auch die Anhörung gezeigt.

Jetzt schauen wir aber einmal voraus. Herr Schork, Sie haben sehr drastisch über andere geurteilt. Schauen wir uns nur einmal die Eckpunkte an, die von Ihrer Fraktion bereits im Juni vorgestellt wurden, mit denen Sie Ihr eigenes Mittelstandsgesetz angekündigt und darin auch Eckpunkte für einen Vergabeteil benannt haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

– Herr Dr. Arnold, selbstverständlich habe ich es gelesen. – Herr Schork, ich hoffe sehr, dass Sie diese Eckpunkte auf dem Weg zum Gesetzentwurf noch einmal überdenken. Denn gerade auch nach den schwierigen Erfahrungen mit der rechtswidrigen Vergabepraxis bei der HZD – die wir gestern ausführlich besprochen haben – wird ein aus meiner Sicht etwas problematisches Verhältnis zum Vergaberecht offenbar.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Herr Dr. Arnold, ein Zitat aus Ihrer Presseerklärung. Dort schreiben Sie:

Öffentliche Aufträge und Vergaberegelungen sind von zentraler Bedeutung für den Mittelstand.

Absolut d’accord, selbstverständlich.

Hier eröffnet sich der öffentlichen Hand zugleich die Möglichkeit zu einer regionalen und mittelstandsorientierten Wirtschaftsförderung durch die Gestaltung entsprechender Vergaberegelungen.

Selbstverständlich wollen wir alle die Förderung der heimischen Wirtschaft. Aber die entscheidenden Rahmenbedingungen sind an allererster Stelle fairer Wettbewerb und Transparenz.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Die von Ihnen bemühte Logik aber heißt nichts anderes als: Sie wollen das hessische Vergaberecht den Bedürfnissen der Auftragnehmer unterordnen. Das aber – das will ich hier schon einmal vorwegnehmen – ist mit uns ganz sicher nicht zu machen, und ich hoffe sehr, Sie meinen es nicht so, wie Sie es da schriftlich niedergelegt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Des Weiteren haben Sie im Juni schon wieder angekündigt, dass Sie die Freigrenzen für beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben, die im Rahmen des Konjunkturerlasses bis Ende dieses Jahres erhöht worden sind „dauerhaft fortführen werden“.

Über genau diese Frage haben wir hier im Frühjahr intensiv diskutiert. Herr Minister Posch hat dankenswerterweise von hier aus nochmals ausdrücklich bekräftigt, dass die Landesregierung dies dem Landtag selbstverständlich fest zugesagt hatte und dass zunächst die Evaluationsberichte zu den erhöhten Freigrenzen auf Landes- und Bundesebene abgewartet und im Landtag diskutiert werden, bevor diese Entscheidung getroffen wird.

Ich muss heute feststellen, weder in Hessen noch im Bund liegt dieser Evaluationsbericht vor. Ihnen sind die Ergebnisse dieser Evaluation anscheinend vollkommen egal. Sie nehmen nicht nur diesen Landtag nicht ernst, auch das Wort Ihres eigenen Wirtschaftsministers zählt für Sie offenbar nichts.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, was es übrigens gibt, ist ein Zwischenbericht der Hessenagentur vom Anfang des Jahres zu diesem Konjunkturprogramm. Da ist folgende bemerkenswerte Beurteilung zu Ihrem hochgelobten Vergabeerlass zu lesen:

Von einem Teil der Experten wurde argumentiert, dass der Vergabebeschleunigungserlass trotz guter Dienste im Rahmen der Konjunkturprogramme nicht auf Dauer beibehalten werden sollte, da die Regelungen zu Intransparenz und Verzerrungen des Wettbewerbs führen könnten.

Es gibt eine Beurteilung des Bundesrechnungshofs dazu, die ist gerade einmal vier Wochen alt. Darin steht:

Die Vergaberechtslockerungen haben zu Einschränkungen des Wettbewerbs und der Transparenz geführt, die in keinem angemessenen Verhältnis zu ihren wenigen Vorteilen steht.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Herr Dr. Arnold, in Hessen gibt es keine Evaluation. Ich würde sie auch gerne heranziehen, aber es gibt sie immer noch nicht.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Deshalb wiederhole ich gerne: Wir GRÜNE sind bereit und in der Lage, nach Vorlage der Evaluationsberichte mit Ihnen ganz ergebnisoffen und ruhig darüber zu diskutieren, welche Elemente des Konjunkturprogramms wir möglicherweise beibehalten sollten und welche nicht. Meine Damen und Herren aus den Regierungsfraktionen, hören Sie endlich auf, dieses Ergebnis ständig vorwegnehmen zu wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Klose.