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02.03.2010
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich zum Entwurf für ein Hessisches Gesetz über das Recht auf Informationsfreiheit in Hessen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte die Hoffnung – die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, Herr Kollege Beuth –, dass Sie sich vielleicht doch noch inhaltlich mit dem Thema befassen und sich genauer anschauen würden, was Informationsfreiheit bedeutet und was die Informationsfreiheitsgesetze eigentlich erreichen wollen. Dass Sie das nicht getan haben, merkt man gerade an Ihren Ausführungen zur Datensammelwut des Staates auf der einen Seite – darüber hat jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden –und zu unserem Informationsfreiheitsgesetz auf der anderen Seite, das mehr Transparenz bei Entscheidungen und mehr Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger bringen soll. Herr Kollege Beuth, das zeigt, dass Sie sich mit dem Gesetzentwurf leider nicht beschäftigt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hessen war immer Vorreiter beim modernen Datenschutz. Das ist in der Anhörung auch so gesagt worden. Hessen ist sozusagen das Stammland des modernen Datenschutzes. Es hätte dem Bundesland Hessen gutgetan, wenn wir als Stammland des modernen Datenschutzes auch Vorreiter im Bereich der Informationsfreiheit geworden wären. Herr Kollege Beuth, leider verhindern Sie seit Jahren, dass wir in Hessen ein modernes Informationsfreiheitsgesetz bekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will nur an die Historie erinnern. Sie hätten wirklich Zeit gehabt, sich mit dem Themenkomplex etwas intensiver zu beschäftigen. Wir haben als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der 15. Wahlperiode einen Gesetzentwurf vorgelegt. Wir haben das Gleiche in der 16. Wahlperiode getan. Sie werden sich daran erinnern, dass die 17. Wahlperiode relativ kurz war, aber wir haben in der 18. Wahlperiode wieder einen Gesetzentwurf vorgelegt – nicht deshalb, weil wir die Bürgerinnen und Bürger oder Sie hier im Parlament mit einem Thema beschäftigen wollen, dass abgefrühstückt ist, sondern deshalb, weil wir Sie mit einem Thema beschäftigen wollen, das für die Menschen in unserem Land, wie wir meinen, wichtig ist, denn wir wollen die Bürgerinnen und Bürger Hessens nicht benachteiligen. In fast allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland gibt es bereits Informationsfreiheitsgesetze. Sie sollten den Bürgerinnen und Bürgern in Hessen dieses Recht nicht weiter vorenthalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich will gerne unseren Datenschutzbeauftragten, Herrn Prof. Ronellenfitsch, zitieren, der in der Anhörung gesagt hat, dass wir dringend ein Informationsfreiheitsgesetz brauchen. In einem Brief zu unserem Gesetzentwurf hat er in der 16. Wahlperiode Folgendes geschrieben:

Die Informationsfreiheit ist ein Lebenselement der freiheitlichen Demokratie. Je besser der Informationsstand der Bürgerinnen und Bürger ist, desto höher ist die Legitimation der von ihnen gewählten politischen Repräsentanten.

Herr Kollege Beuth, dass unser Datenschutzbeauftragter dies sagt, macht deutlich, dass die Tatsache, dass wir ein Informationsfreiheitsgesetz haben wollen, nichts mit der Datensammelwut zu tun hat, die Sie gerade angesprochen haben.

Wir meinen, der freie Zugang zur Information ist ein Beitrag zur aktiven Bürgergesellschaft. Partizipation und Mitwirkung an politischen Entscheidungsprozessen setzen voraus, dass die Bürgerinnen und Bürger gut informiert sind. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern einen allgemeinen Zugang zur Information geben, damit die Entscheidungen, die gefällt werden, transparent sind und damit die Bürgerinnen und Bürger an diesen Entscheidungen teilhaben können. Nur gut informierte Bürger können nämlich partizipieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Beuth, ich weiß gar nicht, wovor Sie Angst haben. Haben Sie Angst vor dem Bürger, der sich für das unmittelbare Umfeld in seiner Kommune interessiert? Ich glaube, das ist die verkehrte Herangehensweise. Die Bürgerinnen und Bürger haben in der Regel eben keinen freien Zugang zu Informationen, die bei staatlichen oder halbstaatlichen Stellen vorhanden sind. Deswegen brauchen wir auch in Hessen endlich ein modernes Informationsfreiheitsgesetz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wie ich gerade gesagt habe, gibt es in anderen Bundesländern solche Gesetze: in Brandenburg, in Berlin, in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen, in Mecklenburg-Vorpommern, in Hamburg, in Bremen, im Saarland, in Thüringen, in Sachsen-Anhalt und in Rheinland-Pfalz. Sogar auf der Bundesebene gibt es ein Informationsfreiheitsgesetz. Herr Kollege Beuth, wenn all das zuträfe, was Sie hier vorgetragen haben, würden praktisch alle Verwaltungen in der Bundesrepublik durch das lahmgelegt, was Sie als ein „Bürokratiemonster“ bezeichnen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Diese Länder haben erkannt, dass Informationsfreiheit für die Bürgerinnen und Bürger ein Mehrwert ist, und deswegen haben sie diese Gesetze verabschiedet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Beuth, es tut mir furchtbar leid, dass Sie das hier ständig wiederholen. Sie haben es auch jetzt wieder getan und von einem „Bürokratiemonster“ gesprochen. Andere CDU-Landesverbände sehen das offensichtlich anders. Daran erkennt man, wie rückständig die Hessen-CDU eigentlich ist. Sie als Generalsekretär der hessischen CDU sollten wirklich den Versuch unternehmen, die CDU in Hessen zu modernisieren. Zu einer modernen CDU gehört auch, dass sie sich für Informationsfreiheit ausspricht. Herr Kollege Beuth, vielleicht unternehmen Sie einmal etwas in dieser Richtung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich will einen Ihrer Kollegen aus dem Saarland zitieren. Er hat gesagt:

Mit dem Saarländischen Informationsfreiheitsgesetz wird die Transparenz behördlicher Entscheidungen noch besser als bisher gewährleistet. Künftig wird jeder Bürger das Recht haben, Informationen zu verschiedenen Entscheidungen zu erhalten.

Herr Beuth, das ist ein CDU-Kollege von Ihnen. Das Gesetz kann offensichtlich nicht ein solches Bürokratiemonster sein, wie Sie es sagen. Übrigens war die CDU allein an der Regierung, als dieses Gesetz eingeführt wurde.

Ich habe noch ein Zitat von Ihrem CDU-Kollegen Matthias Lammert aus Rheinland-Pfalz – die CDU ist in diesem Fall in der Opposition –:

Es ist grundsätzlich von unserer Seite zu begrüßen, dass ein Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf amtliche Informationen besteht. Es ist auch begrüßenswert, dass das Vertrauen in die Verwaltung und in den Staat ausgebaut werden soll. Außerdem sollte durch mehr Transparenz das Handeln der Behörden nachvollziehbarer gemacht werden.

Das ist das Zitat eines CDU-Abgeordneten aus Rheinland-Pfalz. Es kann also kein Bürokratiemonster sein, wenn die Kolleginnen und Kollegen in den anderen Landesverbänden der CDU das so sehen. Ich glaube, dass wir durch ein Informationsfreiheitsgesetz in Hessen einen Mehrwert bekommen.

Sie sollten sich, wie ich es gemacht habe, die eine oder andere der Stellungnahmen durchlesen, die in der Anhörung vorgetragen worden sind. Professoren und Juristen, die in diesem Bereich tätig sind – haben dazu Stellung genommen und gesagt, dass die Informationsfreiheit ein wichtiges Element für unsere Demokratie ist, dass wir ein Informationsfreiheitsgesetz brauchen und dass es gerade für das Stammland des modernen Datenschutzes, nämlich für das Bundesland Hessen, wichtig wäre, ein Informationsfreiheitsgesetz zu bekommen.

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Frömmrich, Sie müssen zum Schluss kommen.

Jürgen Frömmrich:

Herr Präsident, ich komme zum Schluss- – Herr Beuth, Sie sollten endlich aus Ihrer Wagenburg fliehen. Sie sollten die Vorbereitung der zweiten Lesung im Ausschuss dazu nutzen, Ihre Argumente zu überdenken. Sie sollten den Bürgerinnen und Bürgern in Hessen nicht das verweigern, was die Bürgerinnen und Bürger anderer Bundesländer haben und was auch auf Bundesebene existiert, nämlich ein modernes Informationsfreiheitsgesetz – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich.

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