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26.09.2012
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Kampagne gegen Wohnungseinbrüche

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es hat mich schon verwundert – die Kollegin Faeser hat es gerade schon gesagt –, dass Sie sich ausgerechnet dieses Thema heute zum Setzpunkt ausgesucht haben. Vielleicht ist dies die Vorbereitung auf das, was wir nachher diskutieren. Wir diskutieren heute Setzpunkte der CDU und der FDP, zunächst zu den Wohnungseinbrüchen und dann zum Verfassungsschutz. – Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, aber Spaß beiseite.

Der Kollege Bauer hat vollkommen zu Recht gesagt: Wohnungseinbrüche sind für Menschen eine schlimme Erfahrung, eine schlimme Belastung. Viele Menschen, die von Einbrüchen betroffen sind, beschäftigt diese Tat wochen- bzw. monatelang. Gerade ältere Menschen kommen überhaupt nicht mehr zur Ruhe, haben seelische Probleme und fürchten sich. Diese Belastung ist für viele Menschen enorm.

Deswegen ist es überhaupt keine Frage, sich über die Parteien hinweg Gedanken darüber zu machen, wie Kriminalität in diesem Bereich, also Wohnungseinbrüche, am effektivsten bekämpft werden können. Da gibt es mit Sicherheit unterschiedliche Konzepte. Wir haben vom Innenminister gehört, dass er eher auf die Strafverfolgung und die Repression setzt. Wir sollten aber in diesem Bereich alle Felder im Blick haben.

In erster Linie ist die Prävention zu nennen. Menschen müssen darauf aufmerksam gemacht werden, ihre Wohnungen gut zu schützen. Menschen müssen darauf aufmerksam gemacht werden, gewisse Dinge einzuhalten. Das ist der beste Schutz vor Einbrüchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich, das ist überhaupt keine Frage, gehören Strafverfolgung und Mittel der Repression dazu. Dazu gehören natürlich auch Kontroll- und Fahndungstage.

Jeder Einbruch, der erst einmal durch präventive Maßnahmen verhindert worden ist, bedarf keiner Fahndungsmaßnahme und keiner Kontrollmaßnahme. Der verhinderte Einbruch ist gut, auch für diejenigen, die sonst betroffen gewesen wären.

Das sieht man im Übrigen schon daran, dass durch Präventionsmaßnahmen viele Erfolge verzeichnet werden konnten. Ich will daran erinnern – weil Herr Kollege Bauer auf das vorherige Jahrtausend verwiesen hat – unter Rot-Grün wurden hinsichtlich der Prävention und der Aufklärung bei Wohnungseinbrüchen die ersten Schritte unternommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben das dankenswerterweise weitergeführt. Aber das sollte man der Ehrlichkeit halber auch erwähnen.

Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum Sie sich hier hinstellen und dem Hessischen Landtag einen solchen Jubelantrag vorlegen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Jubelanträge helfen den betroffenen Menschen überhaupt nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, dass das bei Ihnen wiederum nichts hilft. Sie können hier mit Mehrheit beschließen, dass Sie schön und toll sind.

Das können Sie zwar mit Mehrheit beschließen, es ist trotzdem nicht richtig.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollegin Faeser hat bereits darauf hingewiesen: Schon die Überschrift ist eigentlich eine Unverschämtheit. Ich will sie einmal vorlesen: „…erfolgreiche Kampagne gegen Wohnungseinbrüche zeigt erneut Hessens Spitzenleistungen beim Schutz der Bürgerinnen und Bürger“.

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU) – Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, das Sie mit so einer Überschrift die Mitglieder des Hessischen Landtages, insbesondere natürlich die Opposition, wissen lassen, dass Sie sie für einigermaßen dumm halten, ist im politischen Spiel vielleicht hinzunehmen. Dass Sie aber meinen, dass Ihnen die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande das abnehmen, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande dumm sind, finde ich schon eine Unverschämtheit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich will Ihnen Zahlen und Fakten darlegen. Sie sagen, Sie seien beim Schutz der Bürgerinnen und Bürger spitze. Sie sind in der Tat spitze, und zwar was die Zahl der Wohnungseinbrüche angeht. Hessen liegt nämlich unter den dreizehn Flächenstaaten bei der Häufigkeit von Wohnungseinbrüchen auf Platz vier. Angesichts dieser Tatsache stellen Sie sich hierhin und wollen uns erzählen, dass Sie in diesem Bereich spitze seien. Das ist absurd, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Im Bundesdurchschnitt sind 148 Einbrüche pro 100.000 Einwohner zu verzeichnen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

– Das ist ein typischer Bellino-Zwischenruf. Vielleicht sollten Sie sich eher mit der Sache beschäftigen,

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

als solche Zwischenrufe zu machen, die ziemlich daneben sind. Die Zwischenrufe sprechen aber für den, der sie macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)

Im Lande Hessen kommen 165 Wohnungseinbrüche pro 100.000 Einwohner. Sie können hier doch nicht allen Ernstes behaupten, dass Sie in diesem Bereich spitze seien.

(Zurufe von der CDU)

Hier von einer „Spitzenleistung“ zu reden, finde ich geradezu absurd. Es ist wirklich eine Verhöhnung derer, die von diesem Phänomen betroffen sind. Wir alle haben betont, dass Wohnungseinbrüche die Menschen sehr stark belasten.

CDU und FDP sind auch nicht spitze, was die Aufklärungsquote angeht. Sich hierhin zu stellen und bei einer Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen, die bei 17,2 Prozent liegt, den Bürgerinnen und Bürgern im Lande sagen zu wollen, dass Sie hier spitze seien, ist geradezu abenteuerlich, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich will am Beispiel Kassel noch einmal deutlich machen, wie spitze Sie sind. Ich zitiere aus der polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2011 des Landes Hessen, vorgelegt von diesem Innenminister. In der regionalen Betrachtung „war im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Nordhessen ein deutlicher Fallzahlanstieg zu beobachten.“ – 525 Fälle: ein Plus von 63,3 Prozent. Die Polizeidirektion Kassel verzeichnet hessenweit die höchsten Zuwachsraten bei Wohnungseinbrüchen mit 85,3 Prozent. Sich dann hierher zu stellen und von einer Spitzenleistung zu reden, verhöhnt die Menschen, die von Wohnungseinbrüchen betroffen sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sie reden auch immer von einer „Spitzenleistung“, was die Frage der Kriminalitätsbelastung im Lande Hessen angeht. Ich würde Ihnen einmal empfehlen, die polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2011 des Bundes durchzulesen, die die Bundesländer untereinander vergleicht. Da gibt es einen Punkt, wo ich ehrlicherweise sagen würde: Da sind wir nicht so ganz schlecht.

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Meine Güte, es unterscheidet uns eben von Ihnen, dass wir ab und an einmal sagen können, wenn etwas nicht ganz schlecht ist.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie sind aber so was von verblendet, dass Ihnen nicht einmal das einfällt, Herr Kollege Beuth.

(Zurufe von der CDU)

Was die Häufigkeitszahlen angeht, liegen wir mit 6.541 kriminellen Taten auf 100.000 Einwohner auf Platz vier. Da kann man sagen: Das ist für ein Bundesland mitten in Deutschland mit dem Flughafen Rhein-Main und dem Ballungsraum Rhein-Main nicht ganz schlecht.

Herr Innenminister, Sie behaupten aber immer, Sie seien hinsichtlich der Aufklärungsquote besonders gut. Da erreicht Hessen aber nur Platz sechs unter den 16 Bundesländern. Hessen hat eine Aufklärungsquote von 58,5 Prozent. Das beste Land ist hier Thüringen mit 65,1 Prozent, gefolgt von Bayern mit 64 Prozent und Niedersachsen mit 61,4 Prozent. Es gibt eine Reihe von Ländern, die eine Aufklärungsquote von mehr als 60 Prozent erreichen, also wesentlich besser sind als Hessen. Herr Innenminister, Sie sind doch auch Sportminister. Es ist für einen Sportminister doch geradezu eine Schande, bei Platz sechs davon zu reden, dass das spitze sei. Herr Innenminister, wenn Sie diese Hürde an unsere Spitzensportler anlegen würden, dann wäre das nicht gerade ambitioniert.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht sollten Sie die Hürden, die Sie im Bereich des Sportes an die Erlangung von Spitzenplätzen anlegen, auch an sich selber anlegen. Dann müssten Sie sagen, dass Sie mit Platz sechs, was die Aufklärungsquote angeht, eben nicht spitze sind.

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Frömmrich, Sie müssen zum Schluss kommen.

Jürgen Frömmrich:

Ich komme zum Schluss, obwohl ich noch ein paar Zahlen hätte, die Ihnen verdeutlichen würden, wie schlecht Sie eigentlich sind. Von daher gesehen kann man Sie nur auffordern, endlich Ihre Hausaufgaben zu machen. Schreiben Sie weniger Jubelanträge im Hessischen Landtag, denn diese Jubelanträge helfen den Menschen im Lande überhaupt nicht – schon gar nicht denen, die von Kriminalität, z. B. von Wohnungseinbrüchen, betroffen sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke, Herr Frömmrich.

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